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Kalendarium des Todes - Mord am Hellweg VI

Kalendarium des Todes - Mord am Hellweg VI

Titel: Kalendarium des Todes - Mord am Hellweg VI
Autoren: Grafit
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die Geschenke besorgen will, aber was sagt er mir: Damit wollte er seine Versicherungsprämie bezahlen. Und dann kriegt er auch noch mit, dass seine Frau mit dem Bäumer rummacht. Der Mann war fertig.«
    Als Maria Kraic das Büro betrat, wirkte sie verunsichert. Kein Wunder, denn Albrecht hatte sie von zwei Uniformierten daheim abholen und ins Präsidium bringen lassen. Jetzt ging der Kommissar direkt auf sie zu. »Warum haben Sie mir nicht gleich gesagt, dass Sie mit Viktor Bäumer ein Verhältnis haben?«
    »Sie haben mich ja nur zu meinem Mann befragt«, sagte sie leise und umklammerte nervös ihre Handtasche. »Und ehe sie mich auch danach fragen: Ja, ich liebte meinen Mann immer noch. Trotz allem, was geschehen war. Ich war ja auch traurig und verzweifelt über die sinnlosen Jahre, in denen uns unser Glück aus der Hand geglitten ist. Da kommen einem die Tränen, wenn man daran zurückdenkt. Viel Schönes und viel Verlorenes. Geeignet für ein Melodram. Vielleicht könnte jemand darüber mal eine neue Oper schreiben.«
    Der Kommissar ahnte, dass er nun behutsam vorgehen musste. »Ja, das verstehe ich schon«, sagte er. »Aber Sie haben auch ein Verhältnis mit dem Bäumer. Das wirft ein ganz neues Licht auf den Tod Ihres Mannes. Ist Ihnen das klar?«
    »Lassen sie mich das erklären«, antwortete Maria Kraic, die jetzt doch etwas mutiger geworden war. »Ich war damals wirklich mit den Nerven am Ende. Die Putzarbeit war anstrengend und Geld fehlte immer. Dazu zwei kleine Kinder, da können Sie sich vorstellen, wie es mir ging. Dann lernte ich Viktor Bäumer auf einem Kantinenfest in der Oper kennen. Wir waren uns sympathisch und so trafen wir uns später wieder. Daraus wurde über die Zeit eine feste Beziehung. Er half mir auch finanziell, so weit er konnte. Er verbrachte viel freie Zeit bei mir, natürlich ausschließlich dann, wenn ich mit der Putzarbeit fertig war. Aber eins möchte ich hier auch ganz klar betonen: Ich habe nie ein böses Wort gegen meinen Mann von ihm gehört. Im Gegenteil. Er …« Sie stockte.
    »Ja, was wollten Sie sagen, Frau Kraic?«
    »Es war ihm sogar fast peinlich, mit meinem Mann zusammen auf der Bühne zu stehen. Damals begannen gerade die Proben für die Götterdämmerung und sie hatten regelmäßig miteinander zu tun. Was da bei der Aufführung passiert ist – es kann nicht willentlich geschehen sein, das weiß ich genau. Viktor ist ein guter und gebildeter Mensch. Er hat sogar ab und zu meinen Mann etwas Geld gegeben. Da kann er doch so etwas Schreckliches nicht tun.«
    »Damit wird sich jetzt der Staatsanwalt beschäftigen« antwortete Albrecht und beschloss, aufs Ganze zu gehen. »Den Herrn Bäumer allerdings werde ich jetzt gleich wegen Mordverdachts verhaften lassen. Es gibt Hunderte von Zeugen für das, was da auf der Bühne geschehen ist, und mit ihrem Geständnis, dass sie ein Verhältnis mit ihm hatten, haben Sie mir auch das Motiv für seine Tat geliefert.«
    Maria Kraic schluckte. Ihre Hände zitterten. »Aber…«
    »Ich denke, der Fall ist dann auch für das Gericht klar. Bäumer wird auf längere Zeit hinter schwedischen Gardinen verschwinden.«
    »Nein!« Maria Kraic schrie es fast. »Nein, das geht nicht. Er ist … er ist doch nicht schuld an Ivos Tod.«
    »Ach nein?«, sagte der Kommissar hart.
    »Nein, wirklich nicht.«
    »Und woher wissen Sie das? Jetzt rücken Sie endlich den Abschiedsbrief heraus. Es hat doch einen gegeben. Ich weiß es!«
    Unter Tränen nestelte sie ein Papier aus ihrer Handtasche und hielt es dem Kommissar hin. »Hier, lesen Sie, lesen Sie, was Ivo mir noch selbst geschrieben hat, ehe er sich … in Hagens Speer stürzte. Er beschreibt sogar ganz genau den Orchesterforteschlag, bei dem es passieren sollte.«
    24. Dezember
    Kommissar Albrecht kam gerade noch rechtzeitig, um ein letztes Bier an der Westfalen-Klause zu trinken, ehe Heinz die Bude komplett abbaute. Überall auf dem Weihnachtsmarkt werkelten die Leute an ihren Ständen, demontierten, verluden, zählten ihre Einnahmen.
    »Eine ganz große, sehr dramatische Geschichte!«, sagte der Kommissar und starrte in sein Bier. »Kraic wollte seiner Frau und den Kindern das Auskommen sichern, indem er ihnen seine Lebensversicherung zukommen ließ. Da die aber bei Selbstmord nicht zahlt, musste er es wie einen Mord aussehen lassen. Da kam ihm der Bäumer als Täter gerade recht – denn so konnte er zugleich auch noch seinen Nebenbuhler ausschalten. Ein geschickter Plan – Kraic ließ es so
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