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Kaiserkrieger 6: Der Kaiser (German Edition)

Kaiserkrieger 6: Der Kaiser (German Edition)

Titel: Kaiserkrieger 6: Der Kaiser (German Edition)
Autoren: Dirk van den Boom
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dennoch ließ ihn der Gedanke nicht los, etwas schuldig zu sein.
    Und er betrachtete sich selbst, die langsam heilenden Wunden, mit sich abzeichnenden Narben, die ihn an den Gelenken verunzieren würden, im Bereich seiner Lenden, ein Mal, das ihn lebenslang begleiten würde. Ein Zeichen dafür, dass er gesegnet war, ein Überlebender, zäher als die meisten anderen, also nicht einmal ein Makel.
    Aber, und bei diesem Gedanken ertappte sich Godegisel immer wieder, wenn er eine der heilenden Beulen mit vorsichtigen Fingern berührte, was würde Pina dazu sagen?
    Vielleicht wäre es tatsächlich besser, die Köhlerstochter aus seinen Gedanken zu verbannen. Er hatte sie verlassen, klammheimlich, und würde nicht als strahlender, junger Mann von Adel zu ihr zurückkehren, als geehrter Held, in Amt und Würden, mit Salär und Wohlstand, sondern als Gezeichneter, gealtert durch die Pest, und ob noch in Ehren, das würde allein der Ausgang des Bürgerkrieges entscheiden. Und das sah derzeit nicht gut aus. Der Osten konnte Rheinberg und Theodosius nicht helfen. Der Westen war in der Hand des Maximus, der seine Gegner in die Enge trieb. Von nirgends her war Hilfe zu erwarten.
    Godegisel fand, dass er keine besonders gute Partie mehr machte.
    Clodius schien seine Gedanken zumindest teilweise zu erahnen. Der alte Mann sah seinen Schützling mit einer Mischung aus Mitleid und Unwillen an. Godegisel ahnte, dass Clodius für sein Gejammer nur wenig Verständnis aufbringen würde, und es bedurfte einiger Nachfragen des Alten, bis er schließlich bereit war, ein paar Worte zu seinem Gemütszustand zu verlieren.
    »Ich bin froh, noch am Leben zu sein«, sagte Godegisel schließlich auf die Frage des alten Mannes. »Aber ich bin mir nicht mehr ganz sicher, was für ein Leben das sein wird.«
    Clodius zog seine Augenbrauen hoch, ehe er durchaus nachsichtig mit dem Kopf schüttelte.
    »Die Schwäche, die durch die Krankheit kam, drückt dir auf die Seele«, erklärte er und warf einen prüfenden Blick auf die Feuerstelle, wo ein Topf mit seiner ausgezeichneten Hühnersuppe vor sich hin brodelte. »Fühlt der Körper sich schlecht, werden wir betrübt und erwarten das Schlimmste. Nicht anders ergeht es dir. Sobald du vollständig genesen bist, wirst du anders darüber denken. Es muss Dinge in deinem Leben geben, die dich erfreuen und auf die du dich freust. Widme dich diesen.«
    Godegisel hatte dem alten Mann nicht viel über sich erzählt und sein Fürsorger hatte auch nicht weiter nachgefragt. Aber es war sicher genug zusammengekommen, um ermessen zu können, dass der junge Gote nicht irgendein Reisender gewesen war, der einfach nur Pech hatte.
    Er hatte schon erwogen, Clodius viel mehr über sich zu berichten. Aber wer würde ihm eine solch abenteuerliche Geschichte glauben? Erst den Kaiser Ostroms gefangen genommen, dann einen Zeitenwanderer getötet, Valens daraufhin, den alle für tot gehalten hatten, nach Britannien gebracht. Dort erst Teil der Verschwörung des Maximus, dann die Flucht nach Gallien, dann der Tod des Valens, die Reise nach Süden, Pina, die Aufnahme durch Rheinberg, Sonderbotschafter zu den Goten und jetzt ein Pestkranker in der Hütte eines alten freigelassenen Sklaven – all dies binnen wenig mehr als einem Jahr.
    So ein Leben führte kein normaler Mensch. Er hatte mehr erlebt als der alte Clodius während seiner ganzen Existenz, und er war noch jung. Jetzt hatte er die Pest überlebt, was kaum einem gelang, und nun … bei Gott, was nun?
    »Ich hoffe, dass der Herr jetzt genug hat von meinen Abenteuern«, erklärte Godegisel leise. »Ich habe doch jetzt wirklich genug gemacht.«
    Clodius wusste nicht, auf was alles sich sein Patient bezog, aber er ahnte möglicherweise, dass er nicht bloß die gerade überstandene Seuche meinte.
    Der alte Mann schien ein erneutes Kopfschütteln unterdrücken zu wollen – es gelang ihm nur halbherzig – und dann seufzte er nur leise. Es war schwer, jemandem Hoffnung und Zuversicht einzuflößen, der ermattet und von einer schweren Krankheit gezeichnet darniederlag.
    Er erhob sich und schaute auf Godegisel hinab.
    »Ich bringe dir jetzt noch etwas Hühnersuppe und backe frisches Brot. Morgen gehe ich zum Markt und kaufe einen Braten.«
    Godegisel schüttelte den Kopf. »Nein, das kostet alles viel zu viel Geld, mein Freund. Ich kann es dir bis auf Weiteres nicht zurückzahlen.«
    Clodius machte eine abwertende Handbewegung. »Ich habe mein Auskommen, meine Pension von meinem
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