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Kaiser des Mars

Kaiser des Mars

Titel: Kaiser des Mars
Autoren: Lin Carter
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unserer Brüder, die sonnenwärts zogen, zu eurer grünen Erde …
    »Dann habt ihr drei die menschliche Entwicklung hier auf dem Mars gelenkt«, unterbrach ich, »während auf der Erde die zwei Zeitlosen ebenfalls den Aufstieg der Intelligenz lenkten!«
    So ist es … Auch unsere Brüder haben ein warmblütiges, kleines Tier ausgewählt … Und da ihr Brüder seid, Erdenmenschen und Marsianer, bekümmert es uns, daß ihr gegeneinander Krieg führt und einander tötet, wo doch Frieden und Brüderschaft zwischen euch sein sollte …
    »Wir vom Mars möchten mit der Erde in Frieden leben, aber sie hält uns gefangen«, sagte ich.
    Dann müssen wir eure Ketten brechen, denn seit alter Zeit, seit dem Anfang, ist Freundschaft zwischen uns und dem Volk dieser Welt …
    Und in diesem Augenblick handelte Bolgov!
    Er hatte auf dem Boden gekauert, hatte sich die verletzte Hand gehalten, das Gesicht vor Verzweiflung weiß und angespannt, die Augen von Schrecken erfüllt, als er die würdigen, goldenen Gestalten sich bewegen, atmen und leben sah. Auch er spürte die geistige Botschaft, die sie projizierten, und wußte, daß seine Zeit knapp wurde.
    Plötzlich riß er sich aus Kuruks Griff los und sprang zur Seite, griff nach dem schwarzen Etui, das er in der Tasche trug. Irgendwie schaffte er es, das Etui herauszureißen, und eisiger Schrecken durchfuhr mich bei dem Gedanken an die Polizeiboote, die über der Verlorenen Stadt schwebten.
    Triumph glänzte in seinen Augen. Ilsa unterdrückte einen Schrei, und Kuruk warf sich auf Bolgov.
    Aber Bolgov zuckte zusammen, seine Züge verzerrten sich vor Schmerz. Seine verletzten Finger konnten den Ultrawellenprojektor nicht halten, und er fiel – und da war Kuruk über ihm und schlug ihn mit einem Schlag seiner mächtigen Fäuste bewußtlos. Wir atme –
    Und dann sahen wir, wer das Etui hielt.
    Dhu!
    Böse Feuer funkelten in den kleinen Augen des buckligen Priesters. Ich glaube, ihn hatte inzwischen der Wahnsinn erfaßt, die Realität hinter seinen Mythen war wahrscheinlich zuviel für ihn gewesen. So geht es häufig mit Fanatikern: Sie gehen auf einer schmalen Brücke, bewegen sich am Rand des Wahnsinns, und es gehört nur wenig dazu, um sie aus ihrem Gleichgewicht zu bringen.
    Der Haß, den er für mich empfand, hatte tief in seinem Innern gebrannt – wahrscheinlich, weil ich einer der F’yagha, der Verhaßten, war. Der Gedanke, daß ein verfluchter Außenweltler doch der wahre Jamad Tengru sein konnte, war ein Sakrileg, mit dem er nicht fertig wurde; das hatte einen Keil in seinen Geist getrieben und ihn zersprengt.
    Und die Entdeckung, daß Erdenmenschen und Marsianer in Wirklichkeit gar nicht zwei unterschiedliche Rassen waren, sondern Brüder, beide Kinder der Zeitlosen – diese Entdeckung hatte ihn jetzt über den Rand der Vernunft hinaus in die Hölle des Wahnsinns getrieben.
    Denn anders kann man nicht erklären, was er in diesem Augenblick tat.
    Mit böse funkelnden Augen starrte er mich an und aktivierte das Signal.
    Das schwache, süße Klimpern der kristallinen Musik hallte durch die Kaverne, aber zu spät.
    Die Crux ansata aus Kristall, das Sistrum, das Bolgovs Laserpistole hatte explodieren lassen, sang wieder – und das Ultrawellengerät zersprang in Dhus Hand und übersäte das Steinpflaster mit rauchenden Plastikstücken.
    Aber zu spät!
    Es konnte keinen Zweifel geben – wir alle hatten gesehen, wie Dhu den Signalknopf an dem Piepser gedrückt hatte.
    Ilsa wandte sich um Hilfe an die Zeitlosen.
    »Oh, bitte, helft uns! Der Alarm ruft unsere Feinde, die mit schrecklichen Vernichtungswaffen ausgerüstet sind. Sie werden unsere Freunde auf der Oberfläche töten, die vor dem Tempel lagern und nur mit Schwertern bewaffnet sind.«
    Die drei lächelten sanft.
    Sei beruhigt, Kind, und trockne deine Tränen! Wer andere mit Gewalt bedroht, soll selbst daran sterben … Wir, die wir den Frieden lieben, sind doch gerecht … Und manchmal muß Gerechtigkeit hart und schnell sein … Seht!
    Die lange Hand, die das Kristallsistrum hielt, wies mit der Crux ansata auf einen der riesigen Mechanismen, mit denen die Höhle der Wunder übersät war. Es war dies jene mächtige Linse aus milchiger Jade, in einem großen Ring aus chromähnlichen Metall.
    Ein Glockenschlag ertönte!
    Diesmal konnten wir sehen, was geschah. Wir sahen die schnellen Ringe aus blassem Licht, die sich von dem Sistrum ausdehnten, wie Wogen im Wasser. Es war wie die wilde, süße, melodielose Musik des
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