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Kaiser des Mars

Kaiser des Mars

Titel: Kaiser des Mars
Autoren: Lin Carter
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doch von denen wissen, die uns umgeben. Wie lange lag es jetzt zurück, daß sie an jenem Nachmittag an meinen Tisch getreten waren, dort, in der Arkade in Venedig? Nur einen Monat? Die ganzen letzten Monate hatte ich meine Tage und Nächte in der Gesellschaft des schwarzbärtigen Urkainers verbracht; an seiner Seite gegessen, war neben ihm geritten, hatte in seiner Nähe geschlafen. Und kein einziges Mal hatte ich den wahren Menschen hinter seiner Fassade gesehen; die ganze Zeit war er mir nur als ein mürrischer, unfreundlicher Bursche erschienen, eine Art Karikatur.
    Als ich ihn jetzt ansah, wie er kühl und aufrecht dastand, die Augen scharf, irgendwie amüsiert, die Hand am Abzug der Waffe, wußte ich, daß er in all den Wochen uns nur eine Rolle vorgespielt hatte. Und kein einziges Mal hatte ich seine Fassade durchschaut.
    Er sprach immer noch mit dem verwirrten Keresny; ich hörte wieder zu.
    »… Sonderauftrag. Wir bekamen Wind davon, daß etwas in Vorbereitung war, etwas, das Sie auf Ihrer letzten Reise in Thoth-Nepenthes gefunden hatten. Der Mars befindet sich im Augenblick in einem explosiven Zustand, und jeder Besucher von der Erde wird sorgfältig überwacht, denn Tengrens Aktivitäten haben ihm die Unterstützung der Liberalen und der Universalisten eingetragen.«
    »Ich? Aber – ich habe doch nie ein Wort von meiner Entdeckung gesagt!« protestierte der Doktor. Bolgovs schwarze Augen funkelten amüsiert.
    »Das brauchten Sie nicht! Das, was Sie taten, war verdächtig genug. Obwohl Ihr Besucher-Visum noch zehn Tage Gültigkeit hatte, schlossen Sie plötzlich Ihre Ausgrabungen ab und eilten nach Syrtis zurück und verließen den Planeten fast sofort. Kaum wieder in Luna City eingetroffen, ließen Sie sich pensionieren und gingen nach Frankreich, um dort bei Ihrer Enkeltochter zu leben. Selbst eine oberflächliche Überprüfung Ihrer Aktivität zeigte aber, daß Sie sich auf dem grauen Arbeitsmarkt einen verläßlichen Raumpiloten suchten, der mit einem Marsgleiter umgehen konnte und vielleicht irgendwann einmal Schwierigkeiten gehabt hatte und daher nicht zu viele Fragen stellen würde. Es war überhaupt kein Problem, mit Ihnen Verbindung aufzunehmen und eingestellt zu werden.
    Ich muß gestehen, daß ich nicht damit rechnete, daß Sie mir gleich an jenem ersten Tag die ganze Geschichte von Ihrem Schatz anvertrauen würden. Aber jetzt, da wir eine Vorstellung hatten, was Sie beabsichtigten, beschloß ich mitzufliegen und Sie den Schatz für uns finden zu lassen, falls es einen gab. Als Sie dann auf die Idee kamen, Tengren in Ihre Dienste zu stellen, wurden die Dinge sogar noch interessanter. Wir waren seit dem Prozeß gegen Tengren darauf aus, ihm etwas Illegales nachzuweisen; wir wollen, daß er hinter Gitter gesteckt wird, wo er keinen Ärger mehr bereiten kann. Und da sind wir jetzt! Ich muß freilich zugeben, daß ich nie erwartete, daß die ganze Aktion so ausgehen würde«, lächelte er und deutete mit einer Kopfbewegung auf all die Maschinen und Geräte, die uns in dem düsteren Licht umgaben.
    »Sie sind nur ein Mann mit einer Pistole«, erklärte ich. »Vielleicht können Sie uns wirklich damit über die Treppe wieder an die Oberfläche treiben, vielleicht auch nicht. Wir sind acht, auf die Sie aufpassen müssen, wissen Sie?«
    »Vielleicht werde ich mir besondere Mühe geben, Katzenliebhaber«, gluckste er. Meine Lippen spannten sich.
    »Kann schon sein. Vielleicht schaffen Sie es wirklich, uns alle nach oben zu treiben. Aber glauben Sie wirklich, daß Sie hier herauskommen, selbst wenn Sie das schaffen? Wie wollen Sie an den Kriegern von Fürst Kraa vorbeikommen, die vor dem Tempel lagern?«
    »Vielleicht ist es gar nicht so schwierig, wie Sie anscheinend glauben«, sagte er. »Vielleicht habe ich Unterstützung.«
    Er richtete das kalte, schwarze Auge der Laserpistole auf uns, fuhr mit der anderen Hand in den Halsausschnitt seines Thermoanzugs und holte ein flaches, schwarzes Ding aus Plastik und Metall heraus, das er uns lächelnd zeigte.
    Mein Herz sank, denn ich wußte, was das war. Ein Piepser – ein Ultrawellenradio.
    »Die letzten fünf Tage sind uns zwei Polizeiboote gefolgt«, erklärte er. »Seit wir Farad verlassen haben.«
    »Ich dachte … Ivo sagte, über dem Plateau könnte nichts fliegen«, stammelte Keresny. »Zu gefährlich … die Gasgeiser …«
    »Für Gleiter mag das zutreffen«, erwiderte Bolgov, »aber hier handelt es sich um Raumboote, und sie können überall
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