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Kahlschlag (German Edition)

Kahlschlag (German Edition)

Titel: Kahlschlag (German Edition)
Autoren: Joe R. Lansdale
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herabstürzendes Feuer. Er musste grinsen. Gütiger Gott, er hatte Fisch vom Himmel regnen sehen und dazu die Brüste einer weißen Frau. Wirklich ein besonderer Tag.
    »Miss Sunset, wenn ich Sie so rumfahr, dann bringen die mich um.«
    »Nicht, wenn ich dabei bin.«
    Sunset hörte sich die richtigen Dinge sagen, kam sich aber vor wie in einem Traum. Sie kratzte sich mit dem Lauf der .38er hinter dem Ohr.
    »Missy, die werden mir nicht glauben. Und Ihnen auch nicht.«
    »Die glauben mir schon.«
    »Mein Vetter Jim, der hat mal gesehn, wie ne weiße Frau sich in ihrem Hof gebückt hat, weil da hat sie Wäsche aus einem Korb genommen, zum Aufhängen, und obwohl nix zu sehn war, weil sie hatte ja ihre Sachen an und er war oben an der Straße, aber – ein weißer Mann hat es gesehn, wie er dasteht und guckt, und dann hat er’s weitererzählt, und diese Kluxer haben Jim abgeholt und kastriert und Terpentin in die Wunde geschüttet.«
    »Glaub mir, das kommt schon in Ordnung.«
    »Was wird Ihr Mann sagen, Mr. Pete?«
    »Nichts, Uncle Riley. Ich habe ihm das Gehirn rausgepustet.«
    »Ach du meine Güte!«
    »Bring mich zu meiner Schwiegermutter.«
    »Wollen Sie wirklich zu Ihrer Schwiegermama?«
    »Meine Tochter ist bei ihr. Ich weiß nicht, wo ich sonst hin sollte.«
    »Aber Miss Marilyn, ob die das so gut findet, dass Sie ihren Jungen erschossen haben?«
    »Darüber mache ich mir Gedanken, wenn ich da bin. Ach Gott, was wird Karen bloß denken?«
    »Sie liebt ihren Papa sehr.«
    »Das stimmt.«
    »Die tun mich und meinen Jungen kastrieren.«
    »Nein, das werden sie nicht. Dafür sorge ich schon. Um Himmels willen, Uncle Riley, ich kenne dich doch schon mein ganzes Leben lang. Deine Frau hat mir geholfen, mein Kind auf die Welt zu bringen.«
    »Weiße Leute vergessen so was schnell. Und jetzt, wo wir überall diese Wirtschaftskrise haben, da sind die Leute noch böser.«
    Der Wirbelsturm war so plötzlich und gnadenlos hereingebrochen, dass man den strahlenden Sonnenschein und die Hitze kaum fassen konnte, aber die Fische hinten auf dem Wagen fingen bereits an zu stinken.
    Das Ledergeschirr knarzte, und die mit Weizen und Heu gefüllten Bäuche der Maultiere machten seltsam gurgelnde und trompetende Geräusche. Ab und zu hob eins der Tiere den Schwanz, furzte, erledigte sein Geschäft oder warf den Kopf zur Seite und schnappte nach etwas Grünzeug. Davon gab es jede Menge, weil der Weg schmal war und die Zweige hineinhingen und ihre Blätter den Maultieren verführerisch vor der Nase baumelten. Der Wagen quietschte und rumpelte über die schlammige Straße, und vom Boden, der bereits wieder trocknete, stiegen Dampfschwaden auf. Es roch nach Tongefäßen in einem Brennofen. Die Sonne fraß sich gnadenlos in Sunsets Wunden und blaue Flecken.
    »Ich glaube, ich werde gleich ohnmächtig«, sagte Sunset.
    »Bloß nicht jetzt, Miss Sunset. Ist schon so schlimm genug, wo Sie halbnackt neben einem Nigger sitzen, da muss nicht auch noch Ihr Kopf an der Schulter von mir liegen.«
    Sunset senkte den Kopf, bis das Schwindelgefühl nachließ. Als sie sich wieder aufrichtete und sich mit dem Handrücken über die Stirn fuhr, fiel ihr auf, dass sie immer noch den Revolver in der Hand hielt. »Die lasse ich wohl besser bei dir.«
    »Nein, Ma’am. Das sollten Sie lieber nicht machen. Nachher heißt es noch, ich hätt ihn erschossen.«
    »Ich werde es ihnen erklären.«
    »Die weißen Leute finden seine Leiche, dann sehn sie mich, und schon ist ein Nigger fällig. Wenn die dem Mr. Pete seine Waffe in meinem Wagen sehn, wo er doch Constable war, dann knüpfen die den Jungen und mich schneller auf, als wie wenn einer sagt: Schnappen wir uns nen Nigger.«
    »Na gut«, sagte Sunset. »Ich bin dir und Tommy sehr dankbar. Wirklich.«
    »Außerdem brauchen Sie die Waffe vielleicht, für wenn Sie Miss Marilyn erzählen, was Sie getan haben. Und wenn nicht für sie, dann vielleicht für Miss Marilyn ihren Mann, Mr. Jones.«
    »Sobald ich es meiner Tochter gesagt habe, brauche ich sie vielleicht für mich selbst.«
    »So dürfen Sie nicht reden.«
    »Ich kann nicht glauben, dass ich es wirklich getan habe.«
    »Wenn er Sie so geschlagen hat, Miss Sunset, dann hat er’s verdient. Ich hab nix übrig für einen Mann, der wo seine Frau schlägt. Das hat er sich selbst zuzuschreiben.«
    »Ich hätte ihn ja auch einfach ins Bein oder in den Fuß schießen können.«
    Uncle Riley sah sich ihr Gesicht genauer an. »Verdammt, Miss Sunset, so üble Prügel
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