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Kabale und Liebe

Kabale und Liebe

Titel: Kabale und Liebe
Autoren: Friedrich Schiller
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so—in deine Arme wirft (sie umfaßt ihn, beschwörend und feierlich)—durch dich gerettet—durch dich dem Himmel wieder geschenkt sein will, oder (das Gesicht von ihm abgewandt, mit hohler bebender Stimme) deinem Bild zu entfliehen, dem fürchterlichen Ruf der Verzweiflung gehorsam, in noch abscheulichere Tiefen des Lasters wieder hinuntertaumelt-Ferdinand (von ihr losreißend, in der schrecklichsten Bedrängniß). Nein, beim großen Gott! ich kann das nicht aushalten—Lady, ich muß—Himmel und Erde liegen auf mir—ich muß Ihnen ein Geständniß thun, Lady!
    Lady (von ihm wegfliehend). Jetzt nicht! Jetzt nicht, bei Allem, was heilig ist—in diesem entsetzlichen Augenblick nicht, wo mein zerrissenes Herz an tausend Dolchstichen blutet—Sei's Tod oder Leben—ich darf es nicht—ich will es nicht hören!
    Ferdinand. Doch, doch, beste Lady! Sie müssen es. Was ich Ihnen jetzt sagen werde, wird meine Strafbarkeit mindern und eine warme Abbitte des Vergangenen sein—Ich habe mich in Ihnen betrogen, Milady. Ich erwartete—ich wünschte, Sie meiner Verachtung würdig zu finden. Fest entschlossen, Sie zu beleidigen und Ihren Haß zu verdienen, kam ich her—Glücklich wir Beide, wenn mein Vorsatz gelungen wäre! (Er schweigt eine Weile, darauf leise und schüchterner.) Ich liebe, Milady—liebe ein bürgerliches Mädchen—Luise Millerin, eines Musikus Tochter. (Lady wendet sich bleich von ihm weg, er fährt lebhafter fort.) Ich weiß, worein ich mich stürze; aber wenn auch Klugheit die Leidenschaft schweigen heißt, so redet die Pflicht desto lauter—Ich bin der Schuldige. Ich zuerst zerriß ihrer Unschuld goldenen Frieden—wiegte ihr Herz mit vermessenen Hoffnungen und gab es verrätherisch der wilden Leidenschaft Preis—Sie werden mich an Stand—an Geburt—an die Grundsätze meines Vaters erinnern—aber ich liebe.—Meine Hoffnung steigt um so höher, je tiefer die Natur mit Convenienzen zerfallen ist.—Mein Entschluß und das Vorurtheil!—Wir wollen sehen, ob die Mode oder die Menschheit auf dem Platz bleiben wird. (Lady hat sich unterdeß bis an das äußerste Ende des Zimmers zurückgezogen und hält das Gesicht mit beiden Händen bedeckt. Er folgt ihr dahin.) Sie wollten mir etwas sagen, Milady?
    Lady (im Ausdruck des heftigsten Leidens). Nichts, Herr von Walter! Nichts, als daß Sie sich und mich und noch eine Dritte zu Grund richten.
    Ferdinand. Noch eine Dritte?
    Lady. Wir können mit einander nicht glücklich w. Wir müssen doch der Voreiligkeit Ihres Vaters zum Opfer werden. Nimmermehr werd' ich das Herz eines Mannes haben, der mir seine Hand nur gezwungen gab.
    Ferdinand. Gezwungen? Lady? gezwungen gab? und also doch gab? Können Sie eine Hand ohne Herz erzwingen? Sie einem Mädchen den Mann entwenden, der die ganze Welt dieses Mädchens ist? Sie einen Mann von dem Mädchen reißen, das die ganze Welt dieses Mannes ist? Sie, Milady—vor einem Augenblick die bewundernswürdige Britten?—Sie können das?
    Lady. Weil ich es muß. (Mit Ernst und Stärke.) Meine Leidenschaft, Walter, weicht meiner Zärtlichkeit für Sie. Meine Ehre kann's nicht mehr—Unsre Verbindung ist das Gespräch des ganzen Landes. Alle Augen, alle Pfeile des Spotts sind auf mich gespannt. Die Beschimpfung ist unauslöschlich, wenn ein Unterthan des Fürsten mich ausschlägt. Rechten Sie mit Ihrem Vater. Wehren Sie sich, so gut Sie können.—Ich lass' alle Minen springen. (Sie geht schnell ab. Der Major bleibt in sprachloser Erstarrung stehen. Pause. Dann stürzt er fort durch die Flügelthüre.)
    Vierte Scene.
    Zimmer beim Musikanten.
    Miller. Frau Millerin. Luise treten auf.
    Miller (hastig ins Zimmer). Ich hab's ja zuvor gesagt!
    Luise (sprengt ihn ängstlich an). Was, Vater? was?
    Miller (rennt wie toll auf und nieder). Meinen Staatsrock her—hurtig—ich muß ihm zuvorkommen—und ein weißes Manschettenhemd! —Das hab' ich mir gleich eingebildet!
    Luise. Um Gotteswillen! Was?
    Millerin. Was gibt's denn? was ist's denn?
    Miller (wirft seine Perrücke ins Zimmer). Nur gleich zum Friseur das!
—Was es gibt? (Vor den Spiegel gesprungen.) Und mein Bart ist auch
wieder fingerslang—Was es gibt?—Was wird's geben, du Rabenaas?—Der
Teufel ist los, und dich soll das Wetter schlagen!
    Frau. Da sehe man! Über mich muß gleich alles kommen.
    Miller. Über dich? Ja, blaues Donnermaul! und über wen anders? Heute früh mit deinem diabolischen Junker—Hab ich's nicht im Moment gesagt?—Der Wurm hat geplaudert.
    Frau.
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