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Kabale und Liebe

Kabale und Liebe

Titel: Kabale und Liebe
Autoren: Friedrich Schiller
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schlafen, mit einem Wink zehn Bediente fliegen zu machen und die Schmeicheleien der Großen Ihres Geschlechts aufzunehmen.—Sechs Jahre waren schon hingeweint.—Und die letzte Schmucknadel flog dahin—Meine Wärterin starb—und jetzt führte mein Schicksal Ihren Herzog nach Hamburg. Ich spazierte damals an den Ufern der Elbe, sah in den Strom und fing eben an zu phantasieren, ob dieses Wasser oder mein Leiden das Tiefste wäre?—Der Herzog sah mich, verfolgte mich, fand meinen Aufenthalt,—lag zu meinen Füßen und schwur, daß er mich liebe. (Sie hält in großen Bewegungen inne, dann fährt sie fort mit weinender Stimme.) Alle Bilder meiner glücklichen Kindheit wachten jetzt wieder mit verführendem Schimmer auf—Schwarz wie das Grab graute mich eine trostlose Zukunft an—Mein Herz brannte nach einem Herzen—Ich sank an das seinige. (Von ihm wegstürzend.). Jetzt verdammen Sie mich!
    Ferdinand (sehr bewegt, eilt ihr nach und hält sie zurück). Lady! o
Himmel! Was hör' ich? Was that ich?—Schrecklich enthüllt sich mein
Frevel mir. Sie können mir nicht mehr vergeben.
    Lady (kommt zurück und hat sich zu sammeln gesucht). Hören Sie weiter. Der Fürst überraschte zwar meine wehrlose Jugend—aber das Blut der Norfolk empörte sich in mir: Du, eine geborene Fürstin, Emilie, rief es, und jetzt eines Fürsten Concubine?—Stolz und Schicksal kämpften in meiner Brust, als der Fürst mich hieher brachte und auf einmal die schauderndste Scene vor meinen Augen stand!—Die Wollust der Großen dieser Welt ist die nimmersatte Hyäne, die sich mit Heißhunger Opfer sucht.—Fürchterlich hatte sie schon in diesem Lande gewüthet—hatte Braut und Bräutigam zertrennt—hatte selbst der Ehen göttliches Band zerrissen—hier das stille Glück einer Familie geschleift—dort ein junges unerfahrenes Herz der verheerenden Pest aufgeschlossen, und sterbende Schülerinnen schäumten den Namen ihres Lehrers unter Flüchen und Zuckungen aus—Ich stellte mich zwischen das Lamm und den Tiger, nahm einen fürstlichen Eid von ihm in einer Stunde der Leidenschaft, und diese abscheuliche Opferung mußte aufhören.
    Ferdinand (rennt in der heftigsten Unruhe durch den Saal). Nichts mehr, Milady! Nicht weiter!
    Lady. Diese traurige Periode hatte einer noch traurigern Platz gemacht. Hof und Serail wimmelten jetzt von Italiens Auswurf. Flatterhafte Pariserinnen tändelten mit dem furchtbaren Scepter, und das Volk blutete unter ihren Launen—Sie alle erlebten ihren Tag. Ich sah sie neben mir in den Staub sinken, denn ich war mehr Kokette, als sie alle. Ich nahm dem Tyrannen den Zügel ab, der wollüstig in meiner Umarmung erschlappte—dein Vaterland, Walter, fühlte zum erstenmal eine Menschenhand und sank vertrauend an meinen Busen. (Pause, worin sie ihn schmelzend ansieht.) O daß der Mann, von dem ich allein nicht verkannt sein möchte, mich jetzt zwingen muß, groß zu prahlen und meine stille Tugend am Licht der Bewunderung zu versengen!—Walter, ich habe Kerker gesprengt—habe Todesurtheile zerrissen und manche entsetzliche Ewigkeit auf Galeeren verkürzt. In unheilbare Wunden hab' ich doch wenigstens stillenden Balsam gegossen—mächtige Frevler in Staub gelegt und die verlorene Sache der Unschuld oft noch mit einer buhlerischen Thräne gerettet—Ha, Jüngling, wie süß war mir das! Wie stolz konnte mein Herz jede Anklage meiner fürstlichen Geburt widerlegen!—Und jetzt kommt der Mann, der allein mir Das alles belohnen sollte—der Mann, den mein erschöpftes Schicksal vielleicht zum Ersatz meiner vorigen Leiden schuf—der Mann, den ich mit brennender Sehnsucht im Traum schon umfasse-Ferdinand (fällt ihr ins Wort, durch und durch erschüttert). Zu viel! zu viel! Das ist wieder die Abrede, Lady. Sie sollten sich von Anklagen reinigen und machen mich zu einem Verbrecher. Schonen Sie—ich beschwöre Sie—schonen Sie meines Herzens, das Beschämung und wüthende Reue zerreißen-Lady (hält seine Hand fest). Jetzt oder nimmermehr! Lange genug hielt die Heldin Stand—das Gewicht dieser Thränen mußt du noch fühlen. (Im zärtlichsten Ton.) Höre, Walter—wenn eine Unglückliche—unwiderstehlich, allmächtig an dich gezogen—sich an dich preßt mit einem Busen voll glühender, unerschöpflicher Liebe—Walter!—und du jetzt noch das kalte Wort Ehre sprichst—wenn diese Unglückliche—niedergedrückt vom Gefühl ihrer Schande—des Lasters überdrüssig—heldenmäßig emporgehoben vom Rufe der Tugend—sich
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