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Kabale und Liebe

Kabale und Liebe

Titel: Kabale und Liebe
Autoren: Friedrich Schiller
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Fürst.
    Ferdinand. Der Staat gab mir ihn durch die Hand des Fürsten—mein
Herz Gott—mein Wappen ein halbes Jahrtausend.
    Lady. Der Name des Herzogs-Ferdinand (hitzig). Kann der Herzog Gesetze der Menschheit verdrehen, oder Handlungen münzen wie seine Dreier?—Er selbst ist nicht über die Ehre erhaben, aber er kann ihren Mund mit seinem Golde verstopfen. Er kann den Hermelin über seine Schande herwerfen. Ich bitte mir aus, davon nichts mehr, Milady.—Es ist nicht mehr die Rede von weggeworfenen Aussichten und Ahnen—oder von dieser Degenquaste—oder von der Meinung der Welt. Ich bin bereit, Dies alles mit Füßen zu treten, sobald Sie mich nur überzeugt haben werden, daß der Preis nicht schlimmer noch als das Opfer ist.
    Lady (schmerzhaft von ihm weggehend). Herr Major! das hab' ich nicht verdient.
    Ferdinand (ergreift ihre Hand). Vergeben Sie. Wir reden hier ohne Zeugen. Der Umstand, der Sie und mich—heute und nie mehr—zusammenführt, berechtigt mich, zwingt mich, Ihnen mein geheimstes Gefühl nicht zurück zu halten.—Es will mir nicht zu Kopfe, Milady, daß eine Dame von so viel Schönheit und Geist—Eigenschaften, die ein Mann schätzen würde—sich an einen Fürsten sollte wegwerfen können, der nur das Geschlecht an ihr zu bewundern gelernt hat, wenn sich diese Dame nicht schämte, vor einen Mann mit ihrem Herzen zu treten.
    Lady (schaut ihm groß ins Gesicht). Reden Sie ganz aus!
    Ferdinand. Sie nennen sich eine Brittin. Erlauben Sie mir—ich kann es nicht glauben, daß Sie eine Brittin sind. Die freigeborne Tochter des freiesten Volks unter dem Himmel—das auch zu stolz ist, fremder Tugend zu räuchern—kann sich nimmermehr an fremdes Laster verdingen. Es ist nicht möglich, daß Sie eine Brittin sind,—oder das Herz dieser Brittin muß um so viel kleiner sein, als größer und kühner Britanniens Adern schlagen.
    Lady. Sind Sie zu Ende?
    Ferdinand. Man könnte antworten, es ist weibliche Eitelkeit—Leidenschaft—Temperament—Hang zum Vergnügen. Schon öfters überlebte Tugend die Ehre. Schon Manche, die mit Schande in diese Schranke trat, hat nachher die Welt durch edle Handlungen mit sich ausgesöhnt und das häßliche Handwerk durch einen schönen Gebrauch geadelt—Aber woher denn jetzt diese ungeheure Pressung des Landes, die vorher nie so gewesen?—Das war im Namen des Herzogthums. —Ich bin zu Ende.
    Lady (mit Sanftmuth und Hoheit). Es ist das Erstemal, Walter, daß solche Reden an mich gewagt werden, und Sie sind der einzige Mensch, dem ich darauf antworte—Daß Sie meine Hand verwerfen, darum schätz' ich Sie. Daß Sie meine Hand lästern, vergebe ich Ihnen. Daß es Ihr Ernst ist, glaube ich Ihnen nicht. Wer sich herausnimmt, Beleidigungen dieser Art einer Dame zu sagen, die nicht mehr als eine Nacht braucht, ihn ganz zu verderben, muß dieser Dame eine große Seele zutrauen, oder—von Sinnen sein—Daß Sie den Ruin des Landes auf meine Brust wälzen, vergebe Ihnen Gott der Allmächtige, der Sie und mich und den Fürsten einst gegen einander stellt.—Aber Sie haben die Engländerin in mir aufgefordert, und auf Vorwürfe dieser Art muß mein Vaterland Antwort haben.
    Ferdinand (auf seinen Degen gestützt). Ich bin begierig.
    Lady. Hören Sie also, was ich, außer Ihnen, noch Niemand vertraute, noch jemals einem Menschen vertrauen will.—Ich bin nicht die Abenteurerin, Walter, für die Sie mich halten. Ich könnte groß thun und sagen: ich bin fürstlichen Geblüths—aus des unglücklichen Thomas Norfolks Geschlechte, der für die schottische Maria ein Opfer ward. —Mein Vater, des Königs oberster Kämmerer, wurde bezichtigt, in verrätherischem Vernehmen mit Frankreich zu stehen, durch einen Spruch der Parlamente verdammt und enthauptet.—Alle unsre Güter fielen der Krone zu. Wir selbst wurden des Landes verwiesen. Meine Mutter starb am Tage der Hinrichtung. Ich—ein vierzehnjähriges Mädchen—flohe nach Deutschland mit meiner Wärterin—einem Kästchen Juwelen—und diesem Familienkreuz, das meine sterbende Mutter mit ihrem letzten Segen mir an den Busen steckte.
    Ferdinand (wird nachdenkend und heftet wärmere Blicke auf die Lady).
    Lady (fährt fort mit immer zunehmender Rührung). Krank—ohne Namen—ohne Schutz und Vermögen—eine ausländische Waise, kam ich nach Hamburg. Ich hatte nichts gelernt, als das Bischen Französisch—ein wenig Filet und den Flügel—desto besser verstund ich, auf Gold und Silber zu speisen, unter damastenen Decken zu
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