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Just Listen - Roman

Just Listen - Roman

Titel: Just Listen - Roman
Autoren: Sarah Dessen
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sich um. Als sie meine Schwester sah, wurden ihre Augen ganz groß. »
Was
ist?«, fragte sie und ich musste unwillkürlich daran denken, wie anders es geklungen hatte, als sie genau diese Worte zu mir gesagt hatten   – ihre ersten Worte überhaupt zu mir.
    »Ich wiederhole«, meinte Kirsten in scharfem Ton: »
Was
hast du gerade zu ihr gesagt?«
    Ojemine,
dachte ich.
    »Nichts«, antwortete das Mädchen, »ich habe bloß   –«
    »Das ist meine Schwester.« Kirsten deutete auf mich. »Und du warst gerade absolut ätzend zu ihr.«
    Längst hätte ich vor lauter Peinlichkeit im Boden versinken können, wohingegen Kirsten die Hände in die Hüften stemmte, was so viel bedeutete wie: Ich werde gerade erst richtig warm.
    »Ich war nicht ätzend.« Das Mädchen nahm die Sonnenbrille ab. »Ich habe bloß   –«
    Kirsten unterbrach sie erneut: »Doch, warst du, und das weißt du auch. Also fang gar nicht erst an, dich rauszumogeln. Und hör endlich auf, hinter mir herzulaufen, kapiert? Du gehst mir auf den Keks. Komm, Annabel!«
    Doch ich konnte mich nicht vom Fleck rühren, konnte nichts tun, als das Mädchen anzustarren. Ohne ihre Sonnenbrille und mit diesem getroffenen Gesichtsausdruck sah sie auf einmal aus wie
zwölf
. Stumm schaute sie zu, wie Kirsten mich am Handgelenk packte und mich mit sich zog. Wir liefen zu ihrem Platz; ihre Freundinnen blickten uns bereits entgegen.
    »Ist es zu fassen?!«, murmelte Kirsten im Gehen vor sich hin. »Ist es denn zu fassen?« Clarke stand auf der anderen Seite des Schwimmbeckens und blickte verwirrt zu uns herüber. Kirsten setzte sich, zog mich zu sich auf ihren Liegestuhl. Molly richtete sich blinzelnd auf und griff dabei hinter ihren Rücken, um ihre losen Bikiniträger zusammenzubinden.
    »Was war denn da los?«, fragte sie. Kirsten fing an zu erzählen. Ich schaute mich nach dem Mädchen um, doch sie war verschwunden. Auf einmal sah ich sie durch den Zaun hinter mir. Sie lief mit gesenktem Kopf und barfuß über den Parkplatz. Ihr gesamtes Zeug hatte sie auf dem Liegestuhl neben Kirsten und mir liegen lassen: Handtuch, Schuhe, eine pinkfarbene Haarbürste, eine Tasche mit einer Zeitschrift und ihrem Portemonnaie darin. Ich rechnete jeden Moment damit, dass sie es bemerken und umkehren würde, um die Sachen zu holen. Fehlanzeige.
    Sie blieben den ganzen Nachmittag über dort liegen. In der Zwischenzeit war ich zu Clarke zurückgegangen und hatte ihr alles erzählt; wir hatten mehrere Runden Canasta gespielt und waren so viele Bahnen geschwommen, dass unsere Finger wie Backpflaumen aussahen. Kirsten und Molly hatten sich längst verzogen, andere Leute ihre Plätze eingenommen. Die Sachen lagen weiterhin auf dem Liegestuhl. Selbst dann noch, als der Bademeister in seine Trillerpfeife blies, weil das Schwimmbad schloss, und Clarke und ich unseren Kram zusammenpackten und um das Becken herum Richtung Ausgang liefen. Wir hatten Hunger, fühlten uns leicht verbrannt, wollten bloß noch heim.
    Ich wusste, das Mädchen ging mich nichts mehr an. Sie war ätzend zu mir gewesen, zweimal, das heißt, ich brauchte ihr weder zu helfen noch gar Mitleid mit ihr zu haben.Aber als wir an dem Liegestuhl vorbeikamen, blieb Clarke stehen. »Wir können das nicht einfach hier liegen lassen«, sagte sie, bückte sich nach den Schuhen und stopfte sie in die Tasche. »Außerdem kommen wir direkt an ihrem Haus vorbei.«
    Ich hätte protestieren können, doch da sah ich sie plötzlich wieder vor mir, wie sie allein und barfuß über den Parkplatz lief. Deshalb nahm ich das Handtuch, faltete es zusammen und legte es auf mein eigenes, das ich über dem Arm trug. »Na gut«, sagte ich. »Okay.«
    Dennoch war ich erleichtert, als in dem Haus, in dem früher die Daughtrys gewohnt hatten, alle Fenster dunkel waren und kein Auto in der Auffahrt stand. Also konnten wir ihre Sachen schnell an der Haustür abstellen und wieder gehen   – alles erledigt. Aber in dem Moment, als Clarke sich bückte, um die Tasche an die Haustür zu lehnen, ging diese auf. Und da stand sie.
    Sie trug ausgefranste Jeansshorts und ein rotes T-Shirt . Ihre Haare hatte sie zu einem schlichten Pferdeschwanz zusammengebunden. Keine Sonnenbrille. Keine hochhackigen Sandalen. Bei unserem Anblick errötete sie.
    »Hallo«, meinte Clarke, nachdem wir ein paar Sekunden zu lang geschwiegen hatten   – so lang eben, dass das Schweigen eindeutig in die Kategorie »beklommen« fiel. Clarke nieste, bevor sie hinzufügte: »Wir wollten
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