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Just Listen - Roman

Just Listen - Roman

Titel: Just Listen - Roman
Autoren: Sarah Dessen
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wo begegneten, achteten wir darauf, uns freundlich zu begrüßen, selbst wenn das alles war. Was schon einmal weit mehr war, als ich über meine Beziehung zu Sophie sagen kann, die uns beide geflissentlich ignorierte. Nachdem Will schuldig gesprochen und wegen minderschwerer Vergewaltigung in mehreren Fällen zu sechs Jahren Gefängnis   – obwohl er wahrscheinlich eher rauskommen würde   – verurteilt worden war, hielt sie erst einmal gehörig den Ball flach. Wahrscheinlich war es schwer auszuhalten, im Mittelpunkt des allgemeinen Getratsches zu stehen. Manchmal sah ich sie, allein, auf den Gängen oder mittags in der Cafeteria. Und dachte mir, dass ich idealerweise fähig sein sollte, auf sie zuzugehen, um die Kluft zwischen uns zu überbrücken und für sie zu tun, was sie für mich nie getan hatte.
    Oder auch nicht.
    Während ich noch darüber nachdachte, blickte ich auf meinen Daumen und zog den massiven Silberring ab, auf dessen Innenseite exakt diese drei Worte standen. Er war für sämtliche meiner Finger zu groß, deshalb musste ich Klebeband drum herumwickeln, damit er passte. Aber als Provisorium war das okay. Jedenfalls so lange, bis ich mich entschieden hatte, was auf dem Ring stehen sollte, den Rolly für mich machen wollte. Bis dahin, fand Owen, könne ich seinen tragen, als ständige Erinnerung daran, dass es immer gut ist, seine Alternativen zu kennen.
    »Dreißig Sekunden«, verkündete Rollys Stimme in meinem Kopfhörer.
    Ich nickte, rückte meinen Stuhl näher ans Mikrofon. Während die Sekunden verstrichen, warf ich einen Blick aus dem Fenster zu meiner Linken und bemerkte, wie ein blauer Straßenkreuzer auf den Parkplatz fuhr. Genau pünktlich.
    »Und   …«, sagte Rolly, »jetzt! Dein Mikro ist offen.«
    »Das war Jenny Reef mit
Whatever
. Damit geht
Geschichte meines Lebens
hier auf WRUS für heute zu Ende. Am Mikrofon war Annabel. Als Nächstes hören Sie
Heilen mit Kräutern
. Danke fürs Zuhören. Und jetzt der letzte Song.«
    Die einleitenden Akkorde von
Led Zeppelins Thank You
. Ich schob meinen Stuhl zurück, schloss die Augen, hörte zu. Wie jedes Mal, wenn das Lied lief. Mein persönliches, kleines Ritual. Als der Chorus einsetzte, öffnete sich die Tür. Einen Augenblick später legte sich eine Hand auf meine Schulter.
    »Bitte sag mir, das gerade war
nicht
Jenny Reef!« Owen ließ sich melodramatisch auf den Stuhl neben mir sinken. »In
meiner
Sendung.«
    »Es war ein Hörerwunsch. Außerdem hast du gesagt, ich könne spielen, was ich wolle, solange wir die Sendung anders nennen.«
    »In vernünftigen Grenzen! Du musst dir immer vor Augen führen, dass meine Zuhörer sonst total durcheinandergeraten. Sie schalten schließlich ein, weil sie Qualität erwarten. Möglicherweise sogar Erleuchtung, sofern möglich. Keine kommerzielle Massenware, keinen Teenager, der unter der Knute eines kapitalistischen Unternehmens irgendwelche minderwertigen Songs daherträllert, bei denen es sowieso bloß um die Vermarktbarkeit geht.«
    »Owen!«
    »Ja, klar, ironische Anspielungen sind in Ordnung, dafür sollte durchaus Platz sein. Trotzdem ist es eine heikle Gratwanderung. Wenn man zu weit geht, egal, in welche Richtung, verliert man seine Glaubwürdigkeit. Was wiederum heißt   –«
    »Kriegst du überhaupt mit, was ich gerade spiele?«, fragte ich.
    Er unterbrach sich mitten in seiner Predigt, blickte zum Lautsprecher über uns, lauschte einen Moment. »Ach so. Ja, aber das ist genau das, was ich meinte. Das ist mein   …«
    »...   Lieblingsstück von
Led Zeppelin
. Ich weiß.«
    Clarke, im Glaskabuff neben uns, verdrehte die Augen.
    »Okay, fein. Oder auch nicht.« Owen schob seinen Stuhl dichter an mich ran. »Du hast also was von Jenny Reef gespielt. Vergessen wir das mal. Der Rest der Sendung war trotzdem ziemlich gut. Wobei ich mir bei dem Übergang, den du bei der zweiten Song-Kombi gebracht hast, nicht ganz sicher bin   …«
    »Owen!«
    »...   ich meine, ein Stück von
Alamance
mit Etta James zu überblenden, ist ein bisschen übertrieben. Und   –«
    »Owen!«
    »Was?«
    Ich beugte mich vor, legte meine Lippen an sein Ohr. »Schsch.«
    Er wollte trotzdem noch etwas sagen   – natürlich   –, ließ es jedoch sein, als ich meine Hand nach seiner ausstreckte und unsere Finger sich ineinander verschlangen. Was nicht hieß, dass es vorbei war. Im Gegenteil, er würde seine Meinung später noch einmal unmissverständlich äußern und auf Teufel komm raus versuchen, mich
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