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Just Listen - Roman

Just Listen - Roman

Titel: Just Listen - Roman
Autoren: Sarah Dessen
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nahtlos auf die nächsten fünfzehn, ein Spot nach dem anderen; doch das wartete ich nicht mehr ab, sondern schnappte mir die Fernbedienung, schaltete mich ab und verließ den Raum.
     
    Ich hatte über drei Monate Zeit gehabt, um mich seelisch auf die erste Wiederbegegnung mit Sophie vorzubereiten. Aber als es schließlich so weit war, fühlte ich mich immer noch nicht wirklich bereit dazu.
    Lange bevor es das erste Mal zur ersten Stunde läutete, stand ich schon auf dem Parkplatz und versuchte, alles an Mut und überhaupt zu sammeln, was nötig sein würde, um auszusteigen und offiziell ins neue Schuljahr zu starten. Während meine Mitschüler schwatzend und lachend an mir vorbei Richtung Schulhof strömten, führte ich mir alle Vielleichts vor mein geistiges Auge: Vielleicht war sie mittlerweile drüber weg; vielleicht hatte sich im Laufe des Sommers irgendetwas ereignet, das unser kleines Drama verdrängte oder gar ersetzte; vielleicht war das Ganze ohnehin längst nicht so schlimm gewesen, wie ich geglaubt hatte. Alles reine Spekulation, natürlich, aber immerhin möglich. Eben vielleicht.
    Ich wartete bis zur allerletzten Sekunde, bevor ich den Schlüssel aus dem Anlasser zog. Als ich mich der Tür zuwandte und die Hand nach dem Griff ausstreckte, stand sie direkt vor mir.
    Einen Moment lang starrten wir einander nur an. Sofort fielen mir die Veränderungen an ihr auf: Ihr kurzes dunkles Haar war kürzer, sie selbst   – sofern das überhaupt möglich war   – noch schlanker und statt des dicken schwarzen Kajals, mit dem sie im Frühling ihre Augen geschminkt hatte, hatte sie sich auf einen natürlicheren Look in Bronze und Pink verlegt. Ob ich mich in ihren Augen wohl ebenfalls verändert hatte? Und falls ja, inwiefern?
    Noch während ich diesen Gedanken dachte, öffnete Sophie ihre vollendet geschwungenen Lippen, verengte leicht die Augen und sprach das Urteil, mit dem ich den ganzenSommer lang gerechnet hatte. Ja, ich hatte im Grunde auf nichts anderes gewartet, als es zu hören.
    »Schlampe!«
    Durch die Glasscheibe zwischen uns wurden weder die Lautstärke verringert noch die Reaktionen der Leute gemildert, die in dem Moment vorbeiliefen. Ich nahm wahr, wie ein Mädchen, mit dem ich im Vorjahr zusammen Englisch gehabt hatte, leicht die Augen zusammenkniff, während ein anderes Mädchen   – sie hatte ich an unserer Schule allerdings noch nie gesehen   – lauthals lachte.
    Sophie selbst machte ein Pokerface. Warf sich ihre Tasche über die andere Schulter, drehte sich um und marschierte los, Richtung Schulhof. Ich merkte, dass ich rot geworden war. Spürte die Blicke der anderen auf mir. Auf so etwas war ich nicht vorbereitet gewesen. Konnte man sich vermutlich auch gar nicht vorbereiten. Außerdem würde dieses Jahr, genauso wenig wie vieles andere, nicht einfach stehen bleiben und warten. Ich hatte gar keine andere Wahl, als unter den neugierigen Blicken der anderen auszusteigen, die Ärmel hochzukrempeln und loszulegen, ganz konkret. Und allein. Also tat ich es.
     
    Ich hatte Sophie vor vier Jahren kennengelernt, zu Beginn der Sommerferien nach der Sechsten. Und zwar stand ich, zwei leicht feuchte Dollarscheine in der Hand, vor der Snackbar in unserem Freibad, um mir eine Cola zu kaufen, als ich spürte, wie sich jemand hinter mich stellte. Ich wandte den Kopf. Ein Mädchen, das ich nie zuvor gesehen hatte, stand hinter mir. Sie trug einen Hauch von Bikini in Orange und farblich dazu passende Flipflops mit extradicker Sohle. Olivfarbene Haut, dichter, hoch oben auf dem Kopf zum Pferdeschwanz gebundener Lockenschopf, sehrdunkle Sonnenbrille sowie ein gelangweilter, ungeduldiger Gesichtsausdruck. Als wäre sie gerade vom Himmel gefallen. Denn in unserem Viertel kennt im Prinzip jeder jeden. Ich wollte sie nicht anglotzen. Tat ich aber offensichtlich.
    »Was?«, blaffte sie mich an. Ich sah mein Spiegelbild, klein und verzerrt, in ihrer Sonnenbrille. »Was gibt es so Interessantes zu sehen?«
    Ich wurde rot   – wie immer, wenn jemand seine Stimme gegen mich erhebt. Was laute Töne angeht, bin ich extrem empfindlich, bis zu dem Punkt, dass ich mich sogar über irgendeine dämliche Gerichtsshow tödlich aufrege und umschalten muss, sobald der Richter anfängt, jemanden zusammenzubrüllen. »Nichts«, erwiderte ich und wandte mich rasch ab.
    Der Typ von unserer örtlichen Highschool, der in diesem Sommer an der Snackbar jobbte, winkte mich mit einem müden Der-Nächste-Blick zu sich. Während er
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