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Just Listen - Roman

Just Listen - Roman

Titel: Just Listen - Roman
Autoren: Sarah Dessen
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dir dein Zeug vorbeibringen.«
    Das Mädchen sah sie an, als hätte sie kein Wort von dem verstanden, was Clarke gerade gesagt hatte. Was wegen Clarkes verstopfter Nase tatsächlich sehr gut möglich war. Ich beugte mich daher vor, hielt ihr ihre Tasche entgegen. »Die hast du im Schwimmbad liegen lassen«, meinte ich.
    Ihr Blick wanderte von der Tasche zu mir, wobei sie aussah wie zum Sprung geduckt, als wäre sie vor etwas auf der Hut. »Ach so«, meinte sie schließlich und streckte die Hand aus. »Danke.«
    Hinter uns düsten ein paar Kinder lärmend auf ihren Fahrrädern die Straße entlang. Dann war es wieder still.
    »Schatz?« Vom dunklen Ende des Flurs hinter ihr drang eine Stimme zu uns. »Ist da jemand an der Tür?«
    »Schon okay«, erwiderte sie über ihre Schulter hinweg, bevor sie auf die Veranda trat und die Haustür hinter sich zuzog. Obwohl sie schnell an uns vorüberging, sah ich an ihren roten, geschwollenen Augen, dass sie geweint hatte. Und auf einmal hörte ich, wie schon so oft, die Stimme meiner Mutter in meinem Kopf:
Neu wohin zu ziehen, ist nicht einfach. Vielleicht weiß sie einfach nicht, wie sie es anstellen soll, neue Freundinnen zu finden.
    »Also, wegen dem, was vorhin passiert ist«, setzte ich an. »Meine Schwester   –«
    »Kein Problem«, fiel sie mir ins Wort. »Echt, ist kein Thema.« Aber noch während sie das sagte, wandte sie sich ab und verbarg ihren Mund hinter ihrer Hand. Ich war vollkommen verunsichert, stand einfach bloß da. Doch dann sah ich, wie Clarke in ihren Hosentaschen herumwühlte, um ihre Papiertaschentücher hervorzuziehen. Sie nahm ein Taschentuch aus der Packung, hielt es dem Mädchen von hinten unter die Nase. Nach kurzem Zögern nahm sie es, wortlos, und hielt es sich vors Gesicht.
    »Ich heiße Clarke«, sagte Clarke. »Und das ist Annabel.«
    Ich würde in den Jahren, die vor uns lagen, immer wieder an genau diesen Moment denken: Wie Clarke und ich in den Sommerferien nach unserem sechsten Schuljahrhinter dem Mädchen standen, das uns den Rücken zuwandte. Wenn der Augenblick anders gelaufen wäre, hätten sich die Dinge vermutlich nicht nur für mich, sondern für uns alle anders entwickelt. Damals, in dem Moment, war es nur ein Moment wie unzählige andere   – flüchtig, unwichtig. Der Moment nämlich, in dem das Mädchen sich schließlich zu uns umdrehte und antwortete: »Hi, ich heiße Sophie.«

Kapitel 2
    »Sophie!«
    Endlich klingelte es zur Mittagspause, was bedeutete, dass dieser Tag, also der erste Schultag nach den Ferien, wenigstens zur Hälfte vorüber war. Auf dem Flur um mich herum knubbelte es sich, es herrschte ein unbeschreiblicher Lärm, Spindtüren wurden scheppernd zugeknallt, aus der Lautsprecheranlage ertönten jede Menge Ankündigungen. Dennoch hörte ich Emily Shusters Stimme klar und deutlich über den Krach hinweg: »Sophie!«
    Ich sah den Flur entlang Richtung Treppe, doch da kam Emily mir auch schon entgegen. Ihr Rotschopf hüpfte zwischen den anderen hindurch, als tanzte sie über Wellen. Kaum einen Meter von mir entfernt schälte sie sich aus der Masse heraus, stand plötzlich vor mir. Unsere Blicke trafen sich, allerdings nur kurz, denn sie ging rasch weiter, auf Sophie zu, die am Ende des Flurs auf sie wartete.
    Da ich als Erste mit Emily befreundet gewesen war, hatte ich mich für einen Augenblick der Vorstellung hingegeben, dass sie vielleicht   – nur vielleicht   – immer noch meine Freundin war. Und mich offensichtlich geirrt. Die Grenzen waren gezogen worden. Und jetzt wusste ich mit Bestimmtheit, dass ich außerhalb stand.
    Ich hatte natürlich noch andere Freunde. Leute, die ichaus meinen verschiedenen Kursen kannte oder von
Lakeview Models,
eine Agentur, für die ich mittlerweile schon seit Jahren jobbte. Trotzdem wurde mir allmählich klar, dass mein freiwilliger Rückzug während der Sommerferien besser funktioniert hatte als gedacht   – besser, aber auch anders als beabsichtigt und erhofft. Denn nachdem
es
passiert war, hatte ich mich erst einmal total aus allem rausgezogen, weil ich das für sicherer hielt, als mir die Vorwürfe der anderen anzuhören oder zu riskieren, dass sie schlecht über mich dachten. Ich war nicht mehr ans Telefon gegangen, und wenn ich Leute, die ich kannte, in der Mall oder im Kino sah, ging ich ihnen aus dem Weg. Weil ich nicht über das sprechen wollte, was geschehen war, hielt ich es für die beste und ungefährlichste Lösung, überhaupt nicht mehr zu reden. Mit dem
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