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Just Listen - Roman

Just Listen - Roman

Titel: Just Listen - Roman
Autoren: Sarah Dessen
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Ergebnis, dass ich heute Morgen nur eine Reaktion auf mein Erscheinen erlebte: Kühle. Distanziertheit. Egal ob ich die Mädchen begrüßte, die ich kannte oder mich zu Leuten dazustellte, die angeregt schwatzten   – jedes Mal blieb mir gar nichts anderes übrig, als mich nach kurzer Zeit mit einer gemurmelten Bemerkung wieder zu entfernen. Damals, im Mai, hatte ich mir nichts sehnlicher gewünscht, als allein zu sein. Dieser Wunsch wurde mir nun erfüllt. Aber so was von.
    Dass Sophie und ich mal eine Clique gebildet hatten, half mir auch nicht gerade weiter. Nach dem Motto »mitgehangen, mitgefangen« war ich automatisch an ihren diversen Vergehen und Verstößen gegen die Schuletikette beteiligt, selbst wenn ich nicht die Wortführerin gewesen war. Ihr unsoziales Verhalten hatte zu manchem Skandal geführt. Kein Wunder also, dass viele unserer Mitschüler nicht eben voller Begeisterung auf mich zustürmten. In den Augen der Mädchen, die Sophie beleidigt, gepiesacktund ausgegrenzt hatte, geschah es mir gerade recht, dass ich nun einen Schluck von der Medizin verpasst bekam, die ihnen selbst so bitter geschmeckt hatte. Wenn sie Sophie schon nicht zur Außenseiterin machen konnten, war ich zumindest das zweitbeste Opfer.
    Ich durchquerte die Eingangshalle und blieb vor den Glastüren stehen, durch die man auf den Schulhof hinaussehen konnte.
    Die diversen Cliquen und Grüppchen unserer Schule   – Supersportler, Kunstfreaks, Intellektuelle, Loser   – tummelten sich auf den Rasenflächen und Wegen. Jeder gehörte irgendwo hin, irgendwo dazu, und es hatte eine Zeit gegeben, da wusste ich das auch, sogar sehr genau: auf die lange Holzbank neben dem Hauptweg, auf der Sophie und Emily saßen. Doch mittlerweile fragte ich mich, ob ich überhaupt hinausgehen sollte.
    »Wie jedes Jahr hat die Herbstsaison begonnen«, sagte jemand mit künstlich hoher Stimme in meinem Rücken. Gelächter ertönte; als ich mich umdrehte, sah ich ein paar Kerle aus unserer Football-Schulmannschaft, die vor dem Schulsekretariat herumlungerten. Ein großer Typ mit Dreadlocks machte nach, wie ich mich bei dem Jungen aus dem Werbespot einhakte; die anderen schauten grinsend zu. Ich wusste, sie alberten bloß rum, und normalerweise hätte es mich auch nicht weiter gestört. Aber in jenem Moment merkte ich nur, dass ich hochrot im Gesicht wurde. Prompt stieß ich die Tür auf und trat ins Freie.
    Zu meiner Rechten befand sich eine lange, niedrige Mauer, auf die ich nun auf der Suche nach einem Platz zum Sitzen   – irgendeinem Platz   – zulief. Auf der Mauer hockten exakt zwei Leute, und zwar so weit auseinander, dass klar wurde, sie gehörten nicht zusammen. Eine vonbeiden war Clarke Reynolds. Der andere Owen Armstrong. Ich setzte mich auf die breite Fläche zwischen ihnen. Es war ja schließlich nicht so, dass ich eine großartige Wahl gehabt hätte, was einen Ort zum Sitzen betraf oder jemanden, mit dem ich die Mittagspause verbringen konnte.
    Die Ziegelsteine unter meinen nackten Beinen fühlten sich warm an. Umständlich packte ich das Lunchpaket aus, das meine Mutter mir an diesem Morgen mitgegeben hatte: Putenbrustsandwich, eine Flasche Mineralwasser, eine Nektarine. Ich schraubte den Verschluss von der Wasserflasche und nahm einen großen Schluck. Erst dann riskierte ich einen vorsichtigen Blick in meine Umgebung. Sophie beobachtete mich von der Bank aus. Als unsere Blicke sich trafen, lächelte sie schmal, schüttelte abfällig den Kopf und sah wieder weg.
    Wie tief kann man sinken,
sagte ihre Stimme in meinem Kopf. Ich schob Stimme und Gedanken beiseite. Ich wollte überhaupt nicht bei ihr sitzen, selbst wenn ich gekonnt hätte. Andererseits hätte ich es mir auch nie träumen lassen, mich ausgerechnet zwischen Clarke auf der einen und dem größten Schläger unserer Schule auf der anderen Seite wiederzufinden.
    Clarke kannte ich wenigstens oder hatte sie mal gekannt. Über Owen Armstrong hingegen wusste ich bloß das, was man weiß, wenn man jemanden immer bloß von Weitem sieht. Dass er groß und durchtrainiert war, mit breiten Schultern, muskulösen Oberarmen. Dass er grundsätzlich Stiefel mit dicken Gummisohlen trug, wodurch er noch größer wirkte, seine Schritte noch schwerer. Sein kurzes dunkles Haar stand oben auf dem Kopf leicht stachelig ab und ich hatte ihn noch nie ohne sein iPod inklusive Kopfhörer erlebt, die er überall trug, drinnen, draußen, währenddes Unterrichts, außerhalb des Unterrichts. Ich nahm zwar
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