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Jungs zum Anbeißen

Jungs zum Anbeißen

Titel: Jungs zum Anbeißen
Autoren: Mari Mancusi
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nähere Umgebung, fest davon überzeugt, dass »Orlando« mit jemand anderem als mir sprechen müsse. Mit irgendeinem Supermodel zu meiner Rechten vielleicht. Aber ich kann niemanden in Reichweite entdecken. Hm ...
    »H.. .hi«, sage ich und es klingt furchtbar jung und schrill.
    Ich hasse meine Stimme. Ich klinge immer wie eine Zehnjährige. Rayne und ich sind eineiige Zwillinge, aber aus irgendeinem unerfindlichen Grund hat sie eine kehlige, erotische Stimme. Was jedoch vielleicht an ihrer Qualmerei liegt, und, sorry, aber wenn man die Wahl hat zwischen späterem Lungenkrebs und einer Quiekstimme, kannst du mich jederzeit gern Minni Maus nennen.
    Statt zu antworten, streckt der Typ die Hand aus und drückt sie auf meine Wange. Seine Finger sind kühl, aber seine Berührung versengt mir die Haut. Sein Blick gleitet über mein Gesicht und wandert dann über meinen Körper und plötzlich fühle ich mich nackt. Ich schaudere unwillkürlich und spüre, wie mir die Gänsehaut die Arme hochkriecht.
    Wow. Ich kann mich nicht daran erinnern, wann mir das letzte Mal ein Typ Gänsehaut gemacht hat! Vielleicht noch nie.
    Ich weiß, ich sollte fragen, warum so ein dahergelaufener Typ mich in einer Disco anspricht und sich offensichtlich nicht viel dabei denkt, mich so intim zu berühren, aber ich finde keine Worte, um irgendwelche Einwände zu erheben.
    »Ich bin Magnus«, sagt er mit einer rauchigen, gefährlichen Stimme in der ein unverkennbar englischer Akzent
    mitschwingt. »Ich glaube, du hast mich erwartet.«
    Ich unterdrücke einen Seufzer. Verdammt, ich wusste doch, dass er das falsche Mädchen erwischt hatte. Wahrscheinlich hat er ein Blind Date und das Ganze ist bloß eine Verwechslung. (Obwohl mir unbegreiflich ist, warum ein Typ von seinem Kaliber ein Blind Date vereinbaren sollte.) Einen Moment mal. Wenn er sein Möchtegerndate nicht erkennt, welches Recht hat sie dann überhaupt auf ihn? Die beiden sind offensichtlich noch kein Paar, was ihn in meinen Augen zu Freiwild macht. Ich sehe mich um und überzeuge mich davon, dass keine verrückte, besitzergreifende Blind-Date-Tussi in der Nähe rumlungert, die nur darauf wartet, jedem die Augen auszukratzen, der auf ihrem Territorium wildert. Aber die Luft scheint rein zu sein.
    »Hi, Magnus«, sage ich und muss schreien, um die Musik zu übertönen. »Ich bin Sunny.«
    Er legt den Kopf zur Seite und ein verwirrter Ausdruck tritt in seine Züge. Dann legt er einen Finger an sein Ohr und lächelt mich an. Ah. Ich kapier's. Er kann mich in dem Lärm nicht hören. Gerade als ich im Begriff stehe, meine Vorstellung mit lauterer Stimme zu wiederholen, greift er nach meiner Hand und zieht mich zum Ausgang des Clubs hinüber.
    Ich spüre, wie mir das Herz in der Brust hämmert - eine Milliarde Schläge die Minute wäre an dieser Stelle eine Untertreibung gewesen. Wohin bringt er mich? Soll ich ihm folgen oder mich losreißen? Ich suche den Raum nach Rayne ab - um sie zumindest wissen zu lassen, dass ich gleich wieder da sein werde -, aber sie ist nirgends zu sehen.
    Wir treten in die frische Abendluft hinaus. Selbst für New Hampshire im Mai ist es ziemlich kühl hier draußen. Der Rausschmeißer des Clubs beäugt uns einen Moment lang argwöhnisch, bevor er sich wieder auf seinen Flirt mit der süßen, viel zu jungen Blondine zu seiner Rechten konzentriert. Magnus, der meine zitternde Hand noch immer in seiner Rechten hält, führt mich die Vordertreppe hinunter.
    »Ähm, wohin gehen wir?«, frage ich und bleibe wie angewurzelt stehen. Egal, wie süß dieser Typ auch sein mag, ich weiß rein gar nichts über ihn. Und logischerweise höre ich im Kopf die Stimme der Grille aus Pinocchio, die mich vor der Gefahr warnt, einem Wildfremden aus einer Disco zu folgen.
    Magnus dreht sich um und lächelt abermals und meine Abwehr zerbröselt. Jemand mit einem so schönen Lächeln kann schließlich unmöglich gefährlich sein, oder?
    »Es war ein bisschen schwierig, dich da drin verstehen«,sagt er schließlich. Wow, ich liebe seinen Akzent! »Ich dachte,wir könnten nach draußen gehen, um ein wenig zu plaudern.«
    Okay, plaudern. Plaudern wie reden. Reden ist gut. Reden bedeutet nichts, was Mom nicht gutheißen würde. Nicht dass es mich interessiert, was Mom gutheißen würde, rufe ich mir ins Gedächtnis. Ich meine, ich bin sechzehn Jahre alt - praktisch offiziell eine Erwachsene. Ich muss dieses Tugendlammgleis, auf dem ich bisher fahre, wirklich mal hinter mir lassen.
    »Also,
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