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Jungs zum Anbeißen

Jungs zum Anbeißen

Titel: Jungs zum Anbeißen
Autoren: Mari Mancusi
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genau eine Sekunde lang an - lange genug, um mich von Kopf bis Fuß zu mustern und die Augen zu verdrehen -, dann wendet sie sich wieder ihrem Schrank zu. Sie zieht einen langen schwarzen Rock und einen schwarzen Pulli heraus.
    »Ich gehe ganz bestimmt nicht in einem Pulli in eine Disco«, protestiere ich. »Ich werde mich zu Tode schwitzen!«
    »In Ordnung. Meine Güte. Es war doch bloß eine Idee.« Sie stopft das Ganze wieder in den überquellenden Schrank zurück und tauscht es gegen ein schwarzes (so eine Überraschung) Tanktop. Obwohl ich im Normalfall absolut der Tanktop-Typ bin, müssen sie für mich nicht unbedingt aus Lack sein.
    »Vergiss es.« Ich schüttele den Kopf. »Die Leute werden denken, ich stehe auf SM, und versuchen, mich auszupeitschen oder mich mit Handschellen auf der Bühne anzuketten.«
    Rayne stößt daraufhin ihren patentierten Frustseufzer aus, hängt das Bondage-Outfit aber glücklicherweise in den Schrank zurück. Während ich mich aufs Bett setze und mich frage, ob ich mir Sorgen darüber machen sollte, dass meine Zwillingsschwester so etwas überhaupt besitzt.
    »Wie wär's damit?«, fragt sie. Sie zieht ein wirklich süßes Top mit Spaghettiträgern heraus, auf dem vorne die Worte Fashion Victim geschrieben stehen. »Das scheint mir ziemlich passend zu sein.«
    Ich werfe ein Kissen nach ihr.
    »Ist natürlich pure Ironie«, räumt sie mit einem Kichern ein.
    »Oh das würde selbstverständlich auch infrage kommen.«
    Sie tauscht das Top gegen ein anderes ein - ein pinkfarbenes mit weißer Aufschrift: Beiß mich!
    »Wo hast du das denn her?«, frage ich neugierig. »Auf so was stehst du doch eigentlich gar nicht. Es ist nicht mal schwarz.« Sie zuckt die Achseln. »Irgendein Vampir hat es mir vor einer Weile mal geborgt. Ich vergesse dauernd, es zurückzugeben.«
    »Ein Vampir?« Ich ziehe eine Augenbraue hoch. Ich wusste zwar, dass Rayne mit etwas ungewöhnlichen Leuten abhängt, aber mir war nicht klar, dass diese Typen sich für Geschöpfe der Nacht halten. »Tauschen wir jetzt Klamotten mit den Untoten?« Ich nehme an, das würde all das schwarze Zeug erklären.
    Rayne schnaubt. »Es ist bloß ein geliehenes T-Shirt, Besserwisser. Aber im Prinzip, ja. In Nashua gibt es eine ganze Gruppe davon. Sie sehen aus wie Gothics, sind in Wirklichkeit aber Mitglieder eines uralten Vampirzirkels.«
    »Du nimmst mich auf den Arm«, stöhne ich. »Warum sollte überhaupt jemand so tun, als sei er ein Vampir? Ich meine, warum ist das so cool? Trinken sie ständig gegenseitig ihr Blut oder was?«
    Rayne antwortet mit einem unverbindlichen Achselzucken, was nur sagt, dass sie diese Sache tatsächlich cool findet, ohne es mir gegenüber jemals zugeben zu wollen. Ich erwäge, sie aufzuziehen, komme dann jedoch zu dem Schluss, dass die »Leben-und-leben-lassen«-Theorie schwesterlichen Verhaltens hier der beste Schlachtplan ist, und lasse das Thema fallen. Schließlich muss ich den ganzen Abend mit ihr rumhängen. Wenn sie sauer auf mich ist, wird diese blöde Geschichte nur umso qualvoller.
    »Okay, ich zieh das Beiß-mich -Shirt an«, sage ich, um sie zu beschwichtigen. »Wenigstens ist es nicht schwarz.«
    Rayne wirft mir mit einem anerkennenden Grinsen das Tanktop zu. »Allerdings könnte es jemanden auf die Idee bringen, du wolltest damit sagen: 'Sieht das nicht lecker aus? Komm, greif zu, heute ist Selbstbedienung!'«
    »Uh!« Daran habe ich natürlich noch nicht gedacht.
    Aber bevor ich protestieren kann, sagt meine Schwester:
    »Keine Sorge. Die meisten Jungs da werden schwul sein, da bin ich mir sicher. Das sind die guten immer, vor allem in der Gothicszene. Man findet nicht viele Heterotypen, die Eyeliner tragen.« Währenddessen hat sie bereits ihr T-Shirt gegen ein langes schwarzes Prinzessinnenkleid getauscht, das mit einer Tonne Spitze verziert ist. Wo treibt sie dieses Zeug bloß auf? Sie schnaubt. »Also, mein kleiner engelsgleicher Zwilling, ich bin recht zuversichtlich, dass deine Tugend unversehrt bleiben wird, ganz gleich, welches T-Shirt du anziehst.«
    Jetzt fängt sie schon wieder an. Ich wusste, dass wir unmöglich ein ganzes Gespräch führen konnten ohne Raynes berüchtigte Seitenhiebe a la »Sunny, das Unschuldslamm«. Meine geliebte kleine Schwester hat letztes Jahr ihre Jungfräulichkeit verloren und gibt seitdem pausenlos damit an. Man sollte meinen, sie hätte eine olympische Sexmedaille gewonnen oder so was.
    Aber entschuldige mal. Sich im Ferienlager mit einem
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