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Julius Lawhead 2 - Flammenmond

Julius Lawhead 2 - Flammenmond

Titel: Julius Lawhead 2 - Flammenmond
Autoren: Pax Rebekka
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zuckte unter dem ersten Herzschlag.
    Als sie Minuten später die Augen öffnete, hatte Brandon Zeit gehabt, sich zu sammeln und die schlechten Erinnerungen zu verbannen.
    »Hungrig?«, fragte er weich und strich ihr die Haare aus der Stirn.
    Christina lächelte. »Immer.«
    »Dann komm. In der Lodge sind viele Menschen.«
    Sie waren schnell fündig geworden und hatten den Durst gestillt. Jetzt waren sie unterwegs, um zu besichtigen, was nach über neunzig Jahren von Brandons Geburtshaus geblieben war. Der Pfad, der zu der verlassenen Hütte hinaufführte, war schon seit Jahren unbenutzt, doch im Licht zahlloser Sterne fiel es leicht, ihn zu finden. Die karge Flora aus niedrigen Kakteen und mageren Sträuchern brauchte lange, um Spuren auszumerzen. Würziger Duft von Salbei und gelbblühenden Kreosotbüschen füllte die Luft.
    Brandon und Christina gingen zügig. Wüstensand knirsch­te leise unter ihren Schuhen. Mit jeder Bewegung klapperte der Brustschmuck aus Knochenröhrchen und ­Perlen, den Brandon angelegt hatte. Er hatte Garderobe und Schmuck sorgfältig gewählt, um das Wohlwollen seiner Ahnen zu erhalten, wenn er ihr Heim betrat.
    Christina ging schweigend an Brandons Seite. Hin und wieder fühlte er ihren Blick auf sich ruhen.
    Aus dem Schatten des Felsmassivs schälten sich bald die Ruinen eines Blockhauses. Die Hölzer waren von Sonne und Wind gebleicht, waren rissig und weiß wie alte Knochen geworden.
    Brandon räusperte sich. »Dort drüben war der Schafspferch«, erklärte er, weil er meinte, etwas sagen zu müssen, und wies auf eine lückenhafte Reihe kurzer Pfähle, die wie Ertrinkende gerade noch aus einer Sandwehe hervorragten. Christina betrat neugierig die Hütte. Im Gegensatz zu ihr hatte Brandon das Gefühl, sich keinen Schritt mehr bewegen zu können. Als türme sich eine unsichtbare Wand aus Erinnerungen vor ihm auf. Es waren allesamt schlechte.
    Dort auf der Veranda hatte sein Vater immer gesessen und getrunken. Die Flinte auf dem Schoß und den schmerzenden, verkrüppelten Fuß weit von sich gestreckt. Seitdem ihm eine Eisenbahnschiene darauf gefallen war, hatte sich der ehemalige Gleisarbeiter aufgegeben. Das Leben im Reservat war für ihn die Hölle auf Erden gewesen.
    »War das hier dein Bett?«, hallte es aus dem Blockhaus.
    Brandon atmete einmal tief durch und trat ein. Es nutzte nichts. Jetzt war er hier, wenn er sich den Erinnerungen nicht stellte, würde er es später bereuen.
    Christina stand neben einer roh gezimmerten Pritsche.
    »Das ist Vaters Bett gewesen, ich hatte nur ein paar Decken, hier.«
    Er wies auf einen Winkel neben dem Kamin. »Aber meistens, vor allem in den letzten Jahren vor meinem Weggang, habe ich draußen beim Vieh kampiert. Ich vermied es, heimzukommen.«
    Christina wusste fast alles von seinem früheren Leben als Mensch. Auch dass er als Kind von seinem Vater verprügelt worden war. Die Wut des Alten auf die Welt, die ihm so übel mitspielte, die Wut auf die Europäer, die sein Volk von ihrem Land vertrieben und ins Elend gestürzt hatten, sie hatte in dem Jungen ein Ventil gefunden.
    Brandons Mutter war eine irischstämmige Bardame gewesen. Er hatte Sandy nie kennengelernt, wusste nur, was die Nachbarn über sie redeten. Sandy Dawney war vor dem Elend des Reservatslebens und der Schande, ein Mischlings­kind geboren zu haben, geflohen, bevor er ein Jahr alt war.
    »Lass uns bitte von hier verschwinden, Chris. Julius hatte unrecht, es war nicht gut, nach all der Zeit herzukommen. Das hier zu sehen macht nichts besser.«
    Aber Christina wollte sich noch nicht trennen. Sie fuhr staunend mit der Hand über die Wände, wischte mit dem Fuß durch den Ruß der Feuerstelle.
    Brandon trat allein ins Freie und legte den Kopf in den Nacken. Der Anblick des schimmernden Sternenteppichs ließ ihn ruhiger werden. Die Hütte hier war Vergangenheit, seit über neunzig Jahren vorbei. Seine Zukunft war das, was zählte, das Hier und Jetzt.
    Christina sprang die kleine Verandastufe herunter und landete in seinen Armen. Sie lächelte aufmunternd und ihre Reißzähne blitzten keck zwischen den vollen Lippen hervor.
    Brandon küsste sie innig und zog sie von den Ruinen seiner Vergangenheit fort.
    »Müssen wir sofort zurück? Können wir nicht noch ein wenig bleiben?«
    »Doch, sicher«, antwortete er schnell. »Es ist nicht weit bis zur Hängebrücke über den Colorado. Ich habe miterlebt, wie sie gebaut wurde.«
    »Wirklich?«
    »Wirklich!«

    Vor Amber erhob sich der
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