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Julias kleine Sargmusik

Julias kleine Sargmusik

Titel: Julias kleine Sargmusik
Autoren: Jason Dark
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Spalte kroch etwas hervor. Ein glutroter, feuriger Arm, ähnlich dem eines Kraken, und er klatschte gegen den Körper des Polizisten. Ein schrecklicher Schrei zitterte über den Friedhof, vermischte sich mit dem Klang der Geige, bevor Glenn Rotter in der Bodenspalte verschwand und diese sich über ihn schloss.
    Genau in dem Augenblick verstummte das Geigenspiel!
    Mrs. Featherhead stand da, hatte die Arme halb erhoben und presste die Hände gegen ihre Wangen. Der Blick war starr geworden, sie zitterte und wollte nicht glauben, was sie noch vor wenigen Sekunden gesehen hatte. Dann öffnete sie den Mund, und so etwas wie ein Lachen drang über ihre Lippen. Es war mehr ein Zischeln, ein Kichern, bevor sie den Kopf hob und zu Julia Landers hinschaute.
    Das Mädchen stieg von der Grabplatte. An ihrem Ende blieb sie stehen, schaute die Witwe an und sagte mit so lauter Stimme, dass Mrs. Featherhead es auch verstehen konnte.
    »Er hat eine Tote berührt…«
    Dann drehte sie sich um, ging und begann wieder zu spielen. Die Melodien produzierte sie, während sie lief. Sie schwangen über den alten Friedhof wie ein Gruß aus einer unheimlichen, fernen und längst vergessenen Welt. Als sie verklangen, war auch Julia verschwunden. Die Witwe stand da, als wäre sie zu Eis erstarrt. Was sie in diesem Augenblick erlebt hatte, war unglaublich. Wenn sie das jemandem erzählte, würde der andere sie auslachen.
    Vor allen Dingen im Ort…
    Tief atmete Mrs. Featherhead durch. Ihr Gesicht zuckte, durch die Gestalt lief ein Ruck, dann machte sie auf dem Absatz kehrt und rannte wie von Furien gehetzt davon.
    Eine einsame Person auf einem so unheimlichen Friedhof, der ein schreckliches Geheimnis barg.
    Sie sah weder vor und zurück, noch nach links oder nach rechts. Nur stur geradeaus. Und deshalb entdeckte sie auch nicht den heimlichen Beobachter, der sie nicht aus den Augen ließ.
    Es war eine Sagengestalt. Groß wie ein Mensch, dabei schimmernd wie dunkle Bronze und mit zwei gewaltigen Flügeln auf dem Rücken. In einer Scheide steckte ein langes Kampfschwert.
    Mrs. Featherhead hatte nie von dieser Gestalt gehört, die mehr als 10.000 Jahre alt war. Aber andere kannten sie.
    Es war der Eiserne Engel…
    ***
    Ich, John Sinclair, Scotland-Yard-Beamter und Geisterjäger in einer Person, kannte den Eisernen Engel. Als ich an diesem Montagmorgen zusammen mit Suko unser gemeinsames Büro betrat, dachte ich weder an ihn noch an das alte Atlantis.
    Nicht einmal an den Teufel, sondern nur an den Schreibtisch, auf dem sich mal wieder einiges häufte, das bearbeitet werden musste.
    »Mir fällt ein, dass ich mal krankfeiern könnte«, sagte Suko, als er seine Jacke auszog.
    »Nichts da, Alter. Ich bin vorher dran.«
    »Wir können ja losen.«
    »Dabei mogelst du immer.«
    »Ich habe eben mehr Glück als du.«
    Mein Freund und Kollege deutete auf die Akten. »Müssen wir die durchackern?«
    »Weiß nicht.«
    »Vielleicht können wir einiges verschwinden lassen.« Suko trat an den Schreibtisch und schlug die oberste Akte auf. »Statistik«, murmelte er.
    »Zweites Halbjahr 1983. Ach je, was haben wir denn damit zu tun?«
    »Nichts.«
    Suko schlug die Akte wieder zu. »Gibt es denn keine Dämonenstatistik?«
    Ich erschrak und bekam große Augen. »Bring unseren Chef nur nicht auf dumme Ideen…«
    »Mich braucht keiner auf Ideen zu bringen, Mr. Sinclair!« vernahm ich eine mir wohlbekannte Stimme und drehte mich um. Unhörbar war Sir James in unser Büro getreten.
    »Guten Morgen, Sir«, grüßten wir artig.
    Sir James verzog die Mundwinkel. »Verstellen Sie sich bloß nicht. So freundlich, wie Sie tun, sind Sie auch wieder nicht, und um die Akten brauchen Sie sich heute auch nicht zu kümmern.«
    »Dann können wir unsere Frühjahrsgrippe nehmen?« fragte ich hoffnungsvoll.
    »Das würde Ihnen so passen. Nein, ich habe für Sie eine kleine Montagsüberraschung.«
    »Wie nett.«
    »Kommen Sie in mein Büro.«
    Draußen auf dem Flur trafen wir Glenda Perkins, unsere Sekretärin. Sie war in Eile, denn sie hatte sich schon verspätet. Ihr leichter Sommermantel stand offen, das Gesicht war gerötet, der Morgengruß klang leicht gehetzt.
    »Keine Panik, wir gehen schon«, sagte ich zu ihr.
    »Kommt ihr denn wieder?«
    »So schnell nicht«, erwiderte Sir James.
    »Dann könnte Miss Perkins vielleicht die Akten…«
    »Das käme Ihnen wohl gelegen, wie?«
    »Und ob, Sir.«
    »Ist aber nicht drin. Die Akten werden von Ihnen bearbeitet. Sie können sie ja mit
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