Julia Saison Band 01

untergehende Sonne verlieh seiner Haut einen Bronzeton und ließ seine Augen noch dunkler erscheinen. Lilian betrachtete ihn fasziniert und spürte, wie zwischen ihnen die Spannung vibrierte. Obwohl sie mit dreitausend anderen Leuten auf diesem Schiff waren, hatte Lilian das Gefühl, mit diesem Mann ganz allein zu sein.
    Sie schluckte. „Ich gehe mal wieder zu meinem Vater.“ Gerade als sie einen Schritt auf die Tür zu machte, fing das Schiff an zu schwanken. Christopher konnte sie gerade noch am Arm festhalten. „Vorsicht.“
    Sie spürte die Wärme seiner Hand auf ihrer Haut, und trotz der kühlen Luft durchströmte sie ein heißes Prickeln. Als er sie ansah, fühlte sie sich von seinen Augen wie hypnotisch angezogen. Sein sinnlicher Mund war verführerisch nah. Aus einem plötzlichen Impuls heraus lehnte sie sich an ihn. Er schien die Faszination ebenso zu spüren, denn er hauchte einen Kuss auf ihre Lippen. Sofort durchzuckte sie ein heftiges Verlangen.
    So wenig genügte also, um sie in Erregung zu versetzen, stellte sie erstaunt fest. Zwar sagte ihr Verstand ihr, dass das, was sie im Leben suchte, nicht von einem anderen Menschen kommen könne. Genauso wenig wie die vielen Frauen ihren Vater glücklich gemacht hatten. Doch in diesem Moment verlangte ihr Körper heftig nach diesem Mann.
    Hinter ihnen wurde die Tür aufgerissen, und eine Gruppe schnatternder Leute stürmte auf das Oberdeck. „Ups“, sagte jemand laut, „sieht so aus, als würden wir hier stören.“
    Schnell trat Lilian einen Schritt von Christopher zurück. „Also dann …“
    „Wollen wir noch was trinken?“
    „Ich habe meinen Vater seit ewigen Zeiten nicht gesehen, und es ist unser erster Abend. Ich will ihn nicht so lange allein lassen.“
    Christopher nickte. „Dann bis später vielleicht.“ Er legte ihr sanft die Hand auf den Rücken und begleitete sie hinein. Als sie durch die Tür zum Speisesaal gingen, hielt sie bewusst Abstand zu Christopher, aber ihr Vater saß gar nicht mehr auf seinem Platz.
    „Vielleicht ist er auch kurz rausgegangen“, sagte Christopher.
    „Mag sein.“ Sie zögerte.
    „Haben Sie Lust, mit an unseren Tisch zu kommen?“
    „Aber wenn mein Vater …“
    „Nur bis er wieder auftaucht. Wenn Sie dabei sind, lassen mich meine Nichten und Neffen vielleicht eine Weile in Ruhe.“
    Bereits von Weitem schlug ihr das fröhliche Stimmengewirr entgegen. Ein blonder, sportlich aussehender Mann hielt eine junge Frau auf seinem Schoß und drückte ihr gerade einen Kuss auf das Haar. Zwei Männer, ihrem ähnlichen Aussehen nach offensichtlich Brüder, diskutierten eifrig über Baseball.
    Die kleine Sophia und ein flachsblonder Junge, der der zierlichen Blondine neben ihm wie aus dem Gesicht geschnitten war, klatschten in rasender Geschwindigkeit die Hände aneinander. Die Blondine wiederum scherzte mit einer schelmisch lächelnden jungen Frau mit dunklen Locken.
    „Hi, Lilian!“ Sophia hörte mit dem Klatschspiel auf und winkte.
    „Ich habe jemand mitgebracht“, sagte Christopher in die Runde. „Darf ich euch Lilian Hayes vorstellen? Lilian, das ist meine Schwester Carol und ihr Mann J.J.“ Er deutete auf den sportlichen Blonden. „Sophia kennen Sie ja schon, sie spielt gerade mit Kelsey. Das ist der Sohn von Hadley da drüben und meinem Cousin Gabriel.“ Einer der beiden dunkelhaarigen Männer hob grüßend die Hand. „Neben ihm sehen Sie meinen Cousin Jacob mit seiner Frau Celie. Dann …“
    „Stop, Christopher“, protestierte Celie, die schelmisch aussehende junge Frau mit den dunklen Locken, und fügte in bezauberndem französischen Akzent hinzu: „Lilian schwirrt ja schon der Kopf. Lass sie doch erst mal sitzen.“
    „Wo ist eigentlich Tante Molly?“, fragte Christopher.
    „Sie wollte auf die Toilette. Aber jetzt, wo du fragst … das ist schon eine ganze Weile her.“
    „Hier ist sie“, ertönte plötzlich eine amüsierte Stimme.
    Lilian drehte sich um und war beinahe geblendet von dem guten Aussehen von Molly Trask. Spontan streckte sie die Hand aus. „Ich bin Lilian.“
    „Ah, Sie haben doch Sophia aufgefangen. Freut mich, Sie kennenzulernen, Lilian“, sagte Molly mit warmem Lächeln. „Ich bin Molly Trask, und das ist …“
    „Dad!“
    „Carter Hayes“, sagte Christopher im selben Moment.
    „Was machst du denn hier?“, fragte Carter.
    „Du warst nicht da, und …“ Sie brach lachend ab.
    „Wir brauchen noch einen Tisch“, rief Gabriel.
    Sie saßen bei Kaffee und Likör