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Jürgen Zöller Selbst - Aus dem Leben des BAP-Trommlers

Jürgen Zöller Selbst - Aus dem Leben des BAP-Trommlers

Titel: Jürgen Zöller Selbst - Aus dem Leben des BAP-Trommlers
Autoren: Juergen Zoller Selbst
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wichtiger, dass am Ende der Plattenaufnahmen regelmäßig als Belohnung eine Tournee winkte, und neuerdings wusste ich ja zudem bei den Konzerten einen dauergutgelaunten Wahnsinnigen am Schlagzeug hinter mir …
    Mein persönliches Highlight in Sachen Zöllerscher Emanzipation fand dann während der Fußball WM ’98 statt, als wir in Ost-Belgien an Comics & Pin Ups arbeiteten. Den ganzen Tag über hatten Major und der für den Sound zuständige Fonz den armen Jürgen mit dem getriezt, was ihnen schlagzeugmäßig zu „Nie zo spät“ vorschwebte, dabei war das von Jürgen schon auf Band Gespielte neben dem gleichzeitig aufgenommenen Bass das bisher einzig Lebendige. Vollkommen frustriert schaute sich Jürgen dann am Spätnachmittag mit mir gemeinsam die erste Halbzeit eines Spiels an, um beim Abpfiff aufzuspringen und mit den Worten „So, jetzt zeig ich denen mal, was ICH unter Schlagzeug spielen verstehe!“ den Raum zu verlassen -das Ergebnis kann man sich auf Comics & Pin Ups anhören. In jener Halbzeitpause trommelte nicht mehr nur Kinski, das war schon der leibhaftige Fitzcarraldo, dem man besser nicht widersprach. Pünktlich zur zweiten Hälfte des Spiels kam dieser diabolisch grinsend zurück, sagte „Na also, geht doch!“ und schüttete sich ein Glas Rotwein ein. Ich werde, das nur nebenbei, auch niemals vergessen, wie Werner Reincke, HR3-Moderatorenlegende und Hobby-Pilot, Jürgen, Werner und mich viele Jahre später mit einem winzigen Propellerflugzeug irgendwo während der Sonx-Tour abgeholt hat, um uns zur nächsten Stadt zu fliegen. Filmreif, dieser Flug. Schade, dass es davon keinerlei Dokument gibt, denn da saßen die beiden besten Witze-Erzähler der Welt nebeneinander im Cockpit und spielten sich gegenseitig die Bälle zu. Keine Ahnung, wie wir es geschafft haben, heil zu landen, ich weiß nur noch, dass ich am darauffolgenden Morgen Bauchmuskelkater hatte.
    Bei weitem nicht alle Tiefschläge, Enttäuschungen und Querelen finden in diesem Buch Erwähnung. Was BAP betriff, sind es lediglich die Erinnerungs-Eisbergspitzen des Kollegen Zöller, aber warum sollte er das alles auch in epischer Breite erzählen? Schließlich macht die BAP-Phase lediglich ein Drittel seines ereignisreichen Lebens aus. Die Zeit davor ist die, um die man ihn wirklich beneiden darf: Mein Freund Jürgen gehört nämlich zu jener Musikergeneration, die den Urknall, den die großen Bands der Sechziger ausgelöst haben, nicht nur begeistert registriert, sondern in ihren eigenen verwandelt hat. Als ich, ein vier Jahre jüngerer Jungspund, noch brav im katholischen Internat hockte, war er schon unterwegs und lebte vom Trommeln. An der Weggabelung, an der man sich zwischen Geld und Liebe entscheiden muss, bat er, wie ich ihn kenne, nicht einmal um Bedenkzeit. Dermaßen deutlich schlug schon damals sein Herz für alles, was abgeht.
    Mein Vorschlag wäre also: Gemütlicher Sessel, Getränk nach Wahl, keinerlei Ablenkung, und dem Genuss einer ebenso amüsanten wie außergewöhnlichen Zeitreise dürfte nichts mehr im Wege stehen.
    Love and Respect!
    Wolfgang Niedecken
Naxos, Sommer 2008

Prolog: Auftritt
     
    Es war der 19. September 1987. Jürgen Zöller schaute zwischen seinen Becken hervor, und was er schaute, wollte ihm gefallen: 20.000 Augenpaare schauten zurück und sahen erstmals den „Neuen“ auf der Bühne, der ab jetzt die Rolle des Alterspräsidenten bei BAP übernommen hatte. „Almanya“ vom Ahl-Männer-Album war der erste Song, den sie in seiner Bearbeitung vernehmen durften. Beim sechsten Song des Abends wurde dem Trommler gar schon blümerant zumute, er merkte, in was er da hineingeraten war. 20.000 Feuerzeuge, Wunderkerzen und allerhand andere Gefühlsleuchtkörper zeigten ihm an: Das da bedeutet den Menschen da draußen fast mehr, als du ertragen kannst. „Soll ich jetzt gleich sterben, oder wann mach ich das denn?“ dachte er. Stattdessen beschloss sein Unterbewusstsein ab sofort, etwas schneller zu spielen als die Songs es eigentlich erlaubten. Okay, „Kristallnaach“ war Song Nummer Sieben, da konnte einem schon mal der Tempokamm anschwellen. So sehr, dass sich Herr Niedecken umdrehte und ernst sagte: „Das war aber jetzt ne Pogo-Version.“ Aber was will man machen. Die eigene Aufregung paarte sich aufs Hinterhältigste mit Kapellmeister Heusers Angewohnheit, in bestimmten Stücken so viele Töne wie möglich ejakulieren zu wollen. Noch ein Minütchen ging doch, oder? Und, ach, die rechte Seite vor der
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