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Jürgen Zöller Selbst - Aus dem Leben des BAP-Trommlers

Jürgen Zöller Selbst - Aus dem Leben des BAP-Trommlers

Titel: Jürgen Zöller Selbst - Aus dem Leben des BAP-Trommlers
Autoren: Juergen Zoller Selbst
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…“, singt Wolfgang von dem Fernfahrer, der regelmäßig an der Ausfahrt vorbeifährt, die ihn zu Frau und Tochter führen würde, wo aber inzwischen der Prinz auf dem weißen Pferd seinen Platz eingenommen hat. Dumm gelaufen: Weg gegangen, Platz vergangen. Ein BAP-typisches Roadmovie, eine Momentaufnahme eines Fernfahrer-Lebens in drei Minuten. Das, was so viele dieser Songs auszeichnet: Die Verdichtung. Dementsprechend muss auch die musikalische Dichte stimmen, und immer mit dem Gedanken, dass da auch noch Raum für die Geige sein soll. Drinnen im Aufnahmeraum sitzen Wolfgang, Werner und Helmut auf Barhockern im Kreis, ganz nah dabei Micha hinter seinen Keyboards. Es ist eine Proberaumsituation – sie können sich beim Spielen jederzeit anschauen, spielen in erster Linie für- und miteinander, nicht für die Mikrofone. Jürgen in seiner Kabine ist ein bisschen weiter weg, dafür ist er lauter. Zu laut soll er aber bei dieser Produktion nicht werden.
    Stackman hört zu. Schaltet sich ein, wenn er es für nötig hält: „Micha kannst du da mal Klavier statt Akkordeon spielen?“ Micha kann. Klavier und Violine, das könnte besser klingen, das nimmt sich später nix im Gesamtspektrum des Klangs. Jürgen zählt ein, dann läuft es. Unplugged heißt: keinen Schlag zuviel, die richtige Dynamik im Spiel, denn hier klingt ein Schlagzeug wie ein Schlagzeug, und aus Toms werden auch später via Mixertricks weder klangtote Omo-Trommeln noch gigantische Hall-Kübel geformt. „Früher hat man mir immer gesagt, alles muss gleich laut sein. Und jetzt mache ich eine ganz neue Erfahrung: dynamisch spielen!“ Hätte man ihm früher was von „dynamisch“ erzählt, hätte er wohl geantwortet: „Wie? Ei, ich kann ned noch lauter!“ Der Drummer weiß, was zu spielen ist, jetzt kommt es darauf an, wie es gespielt werden soll. Es kommt bei dieser Produktion mehr als in jeder anderen Aufnahmesituation darauf an, songdienlich zu spielen. Weil live aufgenommen wird heißt das auch, immer genau auf die anderen hören und ihre Akzente unterstützen. Wer die Gelegenheit hat, Jürgen in diesen Tagen bei der Arbeit zuzuschauen, der bekommt ein Gefühl dafür, was das ist: Ausrufezeichen dort zu setzten, wo Ausrufezeichen hingehören und sie dort wegzulassen, wo sie den Fluss stören. Manchmal braucht’s auch nur ein Komma. Der Text läuft im Kopf mit, der Schlagzeuger spielt auf den Gesang zu, jeder kann im Augenwinkel des anderen sehen, wann die Stimmung wohin wechselt. „Jürgen, kannst du mal die Toms mit den Hot Rods etwas sanfter spielen?“ meldet sich Stackman über die Gegensprechanlage. „Das knallt so raus.“ Klar kann er. Aber er besteht doch darauf, dass er schon die ganze Zeit keineswegs mit Hot Rods, sondern mit Jazzbesen spiele. Der Produzent hört eben auch nicht alles!
    Da geht die Bridge in den Refrain, und Wolfgang findet, dass irgend etwas fehlt … war da nicht bei der Version vorher was anders? „Jürgen, da war doch vorher so ein Schlag auf der Tom, den hab’ ich jetzt nicht gehört“, fragt er vorsichtig an. „Doch. Ich hab’ den gespielt, aber nur verhalten, wie es der Produzent anriet“, feixt Jürgen. „Der Produzent hat auch nicht immer recht“, kontert Wolfgang. Also noch mal, bis ein butterweicher Schlag ertönt, der aber dennoch imstande ist, den gewünschten Akzent aufs Fruchtbarste zu setzen.
    Dann der Bass. Die bislang abgesegnete Version lässt Werners Akus-tikbass gleich am Anfang mit den Gitarren einsetzten – in einem musikalischen Umfeld, das sich ein bisschen ins Ländliche neigt. Was dann irgendwann beim Anhören dazu führt, dass irgendeiner von der Stimmung angesteckt wird und singt „Hey Boss, ich brauch mehr Geld …“ Bevor es allzu sehr ins Countryselige kippt, empfiehlt es sich, den Bass erst mal beim Intro schweigen zu lassen Schon klingt der ganze Song viel offener. Ein Durchlauf, alle nicken Einverständnis. So werden Entscheidungen für die Ewigkeit getroffen. Dann bleibt noch die Frage nach dem Schluss: „Thema noch einmal oder zweimal spielen?“ Zweimal, Ritardando und dann Schluss. Kein Fade-Out. Und damit auch so bis in die letzte Sekunde live und live reproduzierbar.
    So machen sie es, 14 Songs lang.
    Zwischen dem Ende der Tour im August 2007 vor der Kulisse des Kölner Doms und dem Beginn der Aufnahmen zu
Radio Pandora,
tritt ein, was alle gewusst haben: Am 27. September wird Jürgen Zöller 60. Und er tut genau das, was alle geahnt haben: Er trommelt fast den
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