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Jürgen Zöller Selbst - Aus dem Leben des BAP-Trommlers

Jürgen Zöller Selbst - Aus dem Leben des BAP-Trommlers

Titel: Jürgen Zöller Selbst - Aus dem Leben des BAP-Trommlers
Autoren: Juergen Zoller Selbst
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und sich dann doch zu der Frage durchringen: „Are you a band? Or … what?“ Hätte er jetzt ein Schlagzeug parat, würde er mit Sicherheit eines seiner seltenen Soli spielen. So aber hebt er an zu einem Vortrag, der ausnahmsweise alle Bescheidenheit fahren, und die neben ihm sitzende Karola mehrfach in Deckung springen lässt. Er spricht mit Engelszungen, er flattert mit Windmühlenflügeln, wird schlagartig 2 Meter groß und erläutert den Amis, sie seien eine Band, jawollja, und was für eine! Seit 30 Jahren, und jetzt richtig Rock’n’Roll, mit anspruchsvollen Texten, und wie Bruce Springsteen, nur ganz anders, dass sie eben in Dialekt, aber überall in Deutschland und überhaupt und im Rockpalast und jetzt fast zwei Jahre auf Tour, und … Hector’s good tonight. Ein wunderbarer Moment. Die Amis haben alle Fragen beantwortet bekommen, schauen aber noch irritierter als zuvor.

    JÜRGEN ZÖLLER … SELBST: In manchen Hotelbars sitzen da nur so steife Business-oder Broker-Typen rum, mit denen kommst du ja nur selten ins Gespräch. Letztens irgendwo, im Hilton in Luxemburg, in einem Hotel, in dem normalerweise um 11 Uhr Schicht ist, kamen wir an die Bar und es war alles offen, da hat der örtliche Veranstalter dafür bezahlt, das wussten wir aber erst hinterher. Da war so ein Ami, der kommt an die Bar und wundert sich: „Ich bin jetzt schon über eine Woche hier, und Sie haben immer nur bis 11 auf, aber jetzt haben Sie ja immer noch auf??“„Wollen Sie nicht was trinken?“„Ja, wie geht denn das?“ „Wir haben heute Abend so ’ne Band im Haus …“, da guckt der mich so an – und bedankt sich, dass wir ihm die Bar offen gehalten haben.

     

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Herr Zöller im Studio
     
    Köln-Braunsfeld. Keine besonders attraktive Gegend. Den endlos langen Maarweg entlang an Gebäuden, die von Handel, Industrie und städtebaulicher Ignoranz sprechen. Autohäuser gehören noch zum architektonisch Ansprechendsten, was man hier zu beiden Seiten der Straße sieht, im Maarweg 149, schräg gegenüber vom „Haus des Kölner Karnevals“. Durch den Eingang in einen Innenhof, Parkplätze. Hier könnten die Büros eines Waschmaschinenherstellers sein, oder auch die Produktionsstätte eines Pappdeckelproduzenten. Es herrscht Graubraungelb als Grundfarbe. Durch die Schranke ein kleines Schild: „Maarweg Studio 2“, der Pfeil weist aufs Hinterhaus. Zwei Treppen hoch, da ist es. Aha. Kein Glamour, keine Bar, keine Swimmingpool, keine Sauna. Nur ein Frühstücks- und Essensraum mit dem Charme einer Jugendherbergsküche. Kaum steht man im Gang, stößt man auch schon auf die berühmte große Tafel mit den eindeutig Niedecken’schen Symbolen, die die schon abgearbeiteten Songs und Spuren nachweist, und freie Felder da lässt, wo noch etwas fehlt, etwas eingespielt werden muss. Jeder Song hat ein Kästchen für jedes Instrument, in welches offene Sternchen, wo noch Arbeit ansteht, gemalt werden, ausgefüllte Sternchen, wenn alles gecheckt ist, und Kringel, wo das entsprechende Instrument nicht stattfindet. Ein oben angepinntes Foto zeigt „Aerosmith bei der Arbeit“ – den jungen Steven Tyler, der sich an einem Groupie zu schaffen macht. Vielleicht ist das der Gegenentwurf zu dem, was hier abläuft.
    Links von der Liedertafel öffnet sich die Tür zur Regie, dem Reich des Wolfgang Stach. Ihm war 2005 zugedacht worden, BAP die Freiräume zu ermöglichen, ihre
3 x 10
Jahre-Retrospektive einzuspielen, bei der sie ihre alten Songs neu erfanden. Man hat sich, Jürgen war zuerst skeptisch damals, zusammengerauft. Inzwischen ist Stach so etwas wie die Idealbesetzung als Produzent. Gedämpftes Licht, zwei einfache Stehlampen aus undefinierbaren Stilepochen, dunkles Holz. Nichts, was von der Musik ablenkt und auch nicht unbedingt 21. Jahrhundert. Im Gegenteil. Eigentlich die Atmosphäre, die man in seinem eigenen Wohnzimmer schaffen sollte, wenn man wirklich Musik hören will. Es ist Januar 2008, die Aufnahmesession für
Radio Pandora Unplugged
hat vor einigen Tagen begonnen. Elf Uhr morgens geht es los. Eine Tasse Kaffee, „was machen wir heute?“, eine Tür links neben der Regie: Der Aufnahmeraum. Ein sehr großes Wohnzimmer, ganz hinten nach diagonaler Durchquerung, vorbei an Lichterketten und unverwüstlichen Salzlampen, vorbei an der Couchgarnitur, die eher nach Jugendzentrum denn nach Chefetage aussieht, erreicht der Trommler sein kleines Arbeitszimmer, gerade mal so groß, dass er sich noch hinter das Schlagzeug zwängen
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