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Judastöchter

Titel: Judastöchter
Autoren: Markus Heitz
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brauche eine Unterkunft für Elena und mich. Wir sollten Leipzig verlassen. Wir sind einfach zu bekannt.«
    »Nennen Sie mir die Stadt. Ich kann sofort etwas arrangieren«, sagte Wilson glücklich. »Ich dachte an eine ruhige Villa. Mit einem Butler. Wären Sie damit einverstanden?«
    Sia nickte. »Ich sage Ihnen im Laufe der Woche Bescheid. Bis dahin ist mir eine schöne Stadt eingefallen.«
    Wohin sie gehen wollte, wusste sie noch nicht.
Zur Abwechslung mal ohne viel Wasser, damit ich mich freier bewegen kann.
Sie drehte den Kopf und schaute Elena an. Sie trug die Verantwortung für ihr menschliches Leben, ihren Werdegang.
Ich beschütze dich vor allem Übel. Dieses Mal kannst du dich auf mich verlassen.
    Wilson erhob sich. »Ich gehe. Mademoiselle Justine und ich haben noch eine Besprechung.«
    Versucht sie, ihn mit Sex auf die Hetero-Seite zu holen? Zutrauen würde ich es ihr.
Sia hob die rechte Augenbraue. »So?«
    »Ja. Sie möchte mir dabei helfen, meine Geschäfte auf der Insel zu regeln.« Er sah ihren ärgerlichen Blick. »No, by Jove! Ich bin kein Krimineller. Aber auf mich wurde ein Kopfgeld ausgesetzt, weil einige mir nicht gänzlich bekannte Individuen denken, ich wäre Mister Byrnes Nachfolger, und, nun ja, Mademoiselle Justine hat mir ihre Hilfe angeboten. Sie meinte, sie kennt die Namen.«
    »Kann ich mir gut vorstellen.« Sia grinste.
Sie spielt ihr eigenes Spiel mit dem Ard Rí, nehme ich an.
    Wilson legte eine Visitenkarte auf den Tisch. »Hier erreichen Sie mich, Frau Karkow. Ich freue mich auf unsere WG , wenn ich es so nennen darf.« Er nickte ihr zu und verließ den Raum.
    Sia war alleine mit ihren Ängsten und dem schlafenden Mädchen. Sie legte sich neben Elena aufs Bett und wartete auf ihr Erwachen.
    Stunden verstrichen, und die Nacht ging.
    Vor dem Fenster verschwanden die Sterne, der Himmel wurde blau und heller, bis die Morgenröte aufzog und die Sonne sich über den Horizont schob.
    Sia sah hinaus zu den schnell ziehenden weißen Wolken und machte sich kleiner. Noch konnte sie die Strahlen ertragen, aber in einer Stunde musste sie entweder das Zimmer verlassen oder die Jalousien herablassen – was merkwürdig aussah. Mit etwas Glück zog vorher ein Unwetter auf und verdeckte das Taggestirn.
    Elena schlief noch immer, ruhig und tief.
    Die Tür öffnete sich, und eine Krankenschwester brachte das Tablett mit dem Frühstück. »Ah, die Kleine schläft noch. War ja auch sehr hart für sie. Tut mir leid, dass Ihnen die Kollegen kein eigenes Bett gebracht haben, Frau Karkow.«
    »Nicht so schlimm. Es ging auch so.«
    Kaum stellte die Schwester das Essen ab, hob Elena die Lider. »Oh, Frühstück«, murmelte sie verschlafen und blinzelte, hielt die Hand vor die Augen. »Ganz schön hell.« Sie setzte sich, und die Krankenschwester schloss die Vorhänge. Sia fühlte sich sofort wohler. »Guten Morgen.«
    »Hallo, Kleine.« Sia hob die Abdeckung des Tabletts. »Oh, lecker! Da werde ich glatt noch hungriger.«
    »Wir haben noch was übrig«, sagte die Schwester. »Ich bringe es Ihnen, Frau Karkow.«
    Mist! Der falsche Name.
Sia sah aus den Augenwinkeln, dass Elena zur Verbesserung ansetzte. »Danke«, erwiderte sie schnell. »Am besten gleich. Ich habe wirklich Hunger!«
    Die Krankenschwester ging lachend hinaus. »Die Visite kommt gleich. Der Oberarzt muss früher weg, deshalb kommen er und sein Weißkittelgeschwader früher.«
    Elena richtete die Augen auf Sia. »Wieso hat sie Karkow gesagt?«
    Sia erkannte an den Blicken, dass das Mädchen Bescheid wusste. Sie schluckte, fuhr ihr über die Haare, über die Wange. »Ich konnte nichts für sie tun«, würgte sie heraus, und die Klumpen waren überall in ihrem Körper, und das Herz wurde vom Stacheldraht zerschnitten. »Sie haben sie sterben lassen. Einfach so.«
    Elena holte mehrmals tief Luft, ballte die Fäuste und presste die Lider zusammen. Auf Tränen wartete Sia vergebens. »Sind sie tot?«, raunte sie.
    »Die deiner Mutter das angetan haben?«
    »Ja.«
    »Ich habe sie alle vernichtet. Mit der Hilfe von guten Freunden.«
    Elena schluchzte einmal auf, und der Laut presste Sias Herz zusammen.
Ich werde die Schuld niemals mehr loswerden.
Beklommen nahm sie das Mädchen in den Arm. »Ich bin jetzt deine Mutter, wenn ich darf«, wisperte sie und spürte, dass Elena nickte.
    Umschlungen saßen sie da und gaben sich gegenseitig Halt.
     
    Als die Visite Minuten darauf kam und die Schwestern die Verbände wechseln wollten, gab es nur feine rote
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