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Joschka, die siebte Kavallerie

Joschka, die siebte Kavallerie

Titel: Joschka, die siebte Kavallerie
Autoren: Joachim Masannek
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sprangen. Sie brachen in Schlaglöcher ein und brachten die Federbeine beinah zum Bersten. Der Lenker bäumte sich auf. Er begann, sich wie der Kopf eines wilden Mustangs zu wehren. Doch ich hielt ihn fest. Ich umkrallte die Griffe. Meine Knöchel waren ganz weiß. So weiß wie das Gesicht von Gonzales ... Und der blasse Vampir sah mich an.
    ,Ha! Fischstäbchensandwich mit Ketschup! Du kriegst mich nicht!‘
    Ich raste auf die Rampe hinauf. Ich stemmte mich in die Pedale. Ich riss das Vorderrad hoch. Doch anstatt zu springen, anstatt dass ich abhob, anstatt dass ich über Gonzales hinwegflog und wie ein Stück Seife in der Badewanne durch das Loch in der Mauer verschwand, rutschte ich einfach nur weg. Ich schmierte ab. Der Hinterradreifen schlug aus. Mein Rad kippte. Die Sturzbügel und Gleitbleche schlitterten wie über Eis, und Raketenrennfahrrad voran rauschte ich an Gonzales vorbei, durch das Rund der Halfpipe hindurch und prallte dahinter gegen die Mauer.
    Extra-touristische Tellergans! War das vielleicht peinlich! Das Loch in der Mauer über mir grinste mich an und in der Halfpipe grinste Gonzales. Drei Herzschläge lang stand der blasse Vampir bewegungslos da. Die linke Hand um den rechten Bizeps geschlossen, dort wo sich der brennende Name der Hexe wie ein Stacheldraht-Tattoo um den Oberarm schlang.
    „Staraja Riba!“, flüsterte ich und im selben Augenblick wirbelte Wilson „Gonzo“ Gonzales herum.
    „Genau!“
    Er sprang auf die Rampe, auf der ich ausgerutscht war, wischte mit dem Finger über sie weg und präsentierte mir den glibberigen Schleim.
    „Schmierseife!“, erklärte er mir und dann begann er zu rappen.
    „Ich sag dir und ich sag dir:
    ich kann es nicht fassen.
    Die Hälfte der Welt
    wird mich echt dafür hassen.
    Aber Schmierseife brachte
    das Wilde Baby zu Fall.
    Oh Gott, ja ganz deppert,
    Kawumms und Zerschepper!
    Es schrie und es krachte
    in den Nebelburgwall.
    Dort hockt es und heult es
    und jammert um Gnade
    Wie ’ne ganz fette Made
    – Ohohoho! – im Raubvogelzoo!“
    „Ohohoho! Im Raubvogelzoo!“, erklang es von überall her und im selben Moment schoss ein Dutzend Flammenmützen aus dem Skatergelände heraus.
    Sie schwärmten die Halfpipe hinab, sprangen über Rampen hinweg, tanzten „Oneeighties“, „Threesixties“ und echte „Fiveforties“, grindeten über Stahlkanten und Rails und kamen mit lässigen „Ollies“ und „Kickflips“ direkt hinter Wilson „Gonzo“ Gonzales zum Stand.
    Ich hielt die Luft an, doch mein Herz pochte und stampfte im Rhythmus ihrer Musik. Die dröhnte aus dem größten Ghettoblaster der Welt: Hip-hop und Rock, Eminem, Off Spring und Linkin Park. Ich kannte sie gut. Das war auch die Musik, die wir hörten. Doch die Flammenmützen aus der Nebelburg waren anders als wir. Die lebten sie schon. Ihre Welt bestand für sie aus „Acht Meilen“. Fußball war für sie out. Die Jungen waren im Stimmbruch, ‚sexy‘ hieß bei ihnen dasselbe wie bei uns ‚wild‘ oder ‚cool‘ und die Mädchen in ihren Reihen bekamen schon einen Busen.
    Genauso wie Jamie. Das Mädchen mit der Tarnfarbenhose und dem rosa T-Shirt, das wie eine zweite Haut saß. „Sexy James“ stand hinten drauf, in giftgrünen Buchstaben, und Wilson „Gonzo“ Gonzales, dem blassen Vampir, schien das so gut zu gefallen, dass er sie in den Arm nahm.
    Igitt! War das peinlich! Ich spuckte aus.
    „Hey James!“, lachte Gonzales. „Was machen wir mit dem Kerl?“
    „Ich weiß nicht!“, grinste das Mädchen. „Er ist so niedlich und süß.“
    „Findest du echt?“ Wilson rümpfte die Nase.
    „Ja, das finde ich!“, patzte James.
    Sie löste sich aus der Umarmung und rollte ihr Board auf mich zu. Verflixt! Ich begann das Mädchen zu mögen. Ich meine, sie mochte mich, und wenn ihr einem Rudel Haien begegnet, freut ihr euch auch, wenn wenigstens einer von denen ein Freund von euch ist. Oder irre ich mich? Ja, und jetzt seid bitte ganz ehrlich: Wer von euch fragt diesen Hai dann noch, ob er ein Mädchen ist?
    Jamie kurvte um mich herum. So mühelos wie eine Ballerina. Sie lenkte ihr Board mit den Zehen. Gleich dreimal hintereinander drehte sie es im Kreis. Drei „Threesixties“ hintereinander und das bei absolut langsamer Fahrt.

    Heiliger Muckefuck! Das hätte Fabi gesagt. Ja, Fabi, denn der interessiert sich ja schon ein bisschen für Mädchen. Aber dann hätte er vor lauter Aufregung den nächsten Elfer verpatzt. Katastouristischer Donnerblitzschock! Ich sag euch nur eins:
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