Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Jonathan Strange & Mr. Norrell

Jonathan Strange & Mr. Norrell

Titel: Jonathan Strange & Mr. Norrell
Autoren: Susanna Clarke
Vom Netzwerk:
Saal vor. Die bequemsten Stühle waren bereits besetzt, und die früheren Mitglieder (darunter Mr. Segundus, Mr. Honeyfoot und Dr. Foxcastle) waren gezwungen, in einiger Entfernung vom Kamin auf einem kleinen Podium Platz zu nehmen. Das hatte jedoch einen Vorteil: Sie hatten eine ausgezeichnete Sicht auf die neuen Zauberer.
    Der Anblick erfüllte die früheren Mitglieder nicht mit Freude. Alle möglichen Leute hatten sich versammelt. (»Kaum ein Gentleman ist dabei«, bemerkte Dr. Foxcastle.) Es waren zwei Bauern und mehrere Ladenbesitzer darunter. Da war ein blasser junger Mann mit hellen Haaren und einer aufgeregten Art, der seinen Nachbarn erzählte, er sei ziemlich sicher, dass Jonathan Strange die Anzeige in die Zeitung gesetzt habe und zweifellos jeden Augenblick eintreffen werde, um ihnen allen das Zaubern beizubringen. Auch ein Geistlicher war vertreten – was zu mehr Hoffnung Anlass gab. Er war ein glatt rasierter, nüchtern wirkender Mann von fünfzig oder sechzig Jahren in schwarzen Kleidern. Er war in Begleitung eines Hundes, der ebenso grauhaarig und ehrwürdig war wie er selbst, und einer jungen, auffällig hübschen Person weiblichen Geschlechts in einem roten Samtkleid. Das wirkte weniger ehrwürdig. Sie hatte dunkles Haar und eine entschlossene Miene.
    »Mr. Taylor«, sagte Dr. Foxcastle zu einem seiner Gehilfen, »vielleicht könnten Sie so gut sein und den Herrn darauf hinweisen, dass wir nicht in Begleitung von Familienmitgliedern zu diesen Versammlungen kommen.«
    Mr. Taylor hastete davon.
    Von ihrem Platz aus konnten die früheren Mitglieder der Gilde von York beobachten, dass der glatt rasierte Geistliche grimmiger war, als seine ruhige Miene nahe legte, und er Mr. Taylor mit einer scharfen Antwort beschied.
    Mr. Taylor kehrte mit folgender Botschaft zurück. »Mr. Redruth bittet die Gilde vielmals um Entschuldigung, aber er ist überhaupt kein Zauberer. Er ist zwar sehr interessiert an Zauberei, verfügt jedoch über keinerlei Talent. Seine Tochter ist die Zauberin. Er hat einen Sohn und drei Töchter und sagt, dass sie alle Zauberer sind. Die anderen wollten an der Versammlung nicht teilnehmen. Er sagt, sie würden nicht mit anderen Zauberern verkehren wollen und zögen es vor, ihre Studien zu Hause zu betreiben, wo sie nicht abgelenkt werden.«
    Es herrschte Schweigen, während die früheren Mitglieder vergeblich versuchten, schlau daraus zu werden.
    »Vielleicht ist sein Hund auch ein Zauberer«, sagte Dr. Foxcastle, und die früheren Mitglieder der Gilde lachten.
    Rasch stellte sich heraus, dass die neuen Zauberer zwei Fraktionen angehörten. Miss Redruth, die junge Dame in dem roten Samtkleid, ergriff als eine der Ersten das Wort. Sie sprach mit leiser, ziemlich gehetzter Stimme. Sie war es nicht gewohnt, in der Öffentlichkeit zu reden, und nicht alle Zauberer verstanden, was sie sagte, aber ihre Ansprache war überaus leidenschaftlich. Der Kern dessen, was sie vorzutragen hatte, schien zu sein, dass Jonathan Strange alles war! Gilbert Norrell nichts! Strange würde bald entlastet und Norrell allseits verdammt werden. Die Zauberei würde von den Ketten befreit werden, in die Gilbert Norrell sie gelegt hatte. Dies und mehrere Hinweise auf Stranges verschwundenes Meisterwerk, Geschichte und Ausübung der englischen Zauberei , hatten zornige Reaktionen mehrerer anderer Zauberer zur Folge. Sie meinten, dass Stranges Buch voll bösartiger Zauberei und Strange selbst ein Mörder sei. Er habe gewiss seine Frau umgebracht 184 und wahrscheinlich auch Norrell.
    Die Diskussion wurde immer noch hitziger, als sie durch die Ankunft zweier Männer unterbrochen wurde. Keiner von beiden sah im Mindesten ehrenwert aus. Beide hatten langes zotteliges Haar und trugen alte Röcke. Während jedoch der eine mehr oder weniger ein Landstreicher zu sein schien, wirkte der andere wesentlich ordentlicher in seiner Erscheinung und hatte etwas Geschäftsmäßiges, ja fast, könnte man sagen, verfügte er über Autorität.
    Der Landstreicher machte sich nicht einmal die Mühe, die Gilde von York eines Blickes zu würdigen; er setzte sich einfach auf den Boden und verlangte Gin und heißes Wasser. Der andere stellte sich mitten in den Saal und schaute sich mit einem schiefen Lächeln um. Er verneigte sich vor Miss Redruth und wandte sich dann mit folgenden Worten an die Zauberer:
    »Gentlemen! Madam! Manche von Ihnen mögen sich an mich erinnern. Ich war dabei, als Mr. Norrell vor zehn Jahren in der Kathedrale von
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher