Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Jonathan Strange & Mr. Norrell

Jonathan Strange & Mr. Norrell

Titel: Jonathan Strange & Mr. Norrell
Autoren: Susanna Clarke
Vom Netzwerk:
York zauberte. Mein Name ist John Childermass. Ich war bis vor einem Monat der Diener von Mr. Norrell. Und das« – er deutete auf den Mann, der auf dem Boden saß – »ist Vinculus, früher Straßenzauberer in London.«
    Weiter kam Childermass nicht. Alle begannen gleichzeitig zu sprechen. Die früheren Mitglieder der Gilde von York empörten sich, dass sie ihre behaglichen Kamine verlassen hatten, um sich hier von einem Diener einen Vortrag halten zu lassen. Aber während diese Herren ihrer Entrüstung Ausdruck verliehen, reagierten die neuen Zauberer ganz anders. Sie alle waren Anhänger entweder von Strange oder von Norrell; aber keiner von ihnen hatte seinen Helden jemals mit eigenen Augen gesehen, und jetzt in der Nähe einer Person zu sitzen, die ihn tatsächlich gekannt und mit ihm gesprochen hatte, trieb ihre Aufregung in ungeahnte Höhen.
    Childermass ließ sich von dem Tumult nicht im Mindesten aus der Ruhe bringen. Er wartete, bis es still genug war, um weitersprechen zu können, und sagte dann: »Ich bin gekommen, um Ihnen mitzuteilen, dass Ihr Vertrag mit Gilbert Norrell nichtig ist. Null und nichtig, meine Herren. Wenn Sie wollen, können Sie wieder Zauberer sein.«
    Einer der neuen Zauberer fragte lauthals, ob Strange kommen würde. Ein anderer wollte wissen, ob Norrell kommen würde.
    »Nein, meine Herren«, sagte Childermass. »Sie werden nicht kommen. Sie müssen sich mit mir begnügen. Ich glaube nicht, dass man Strange und Norrell in England noch einmal sehen wird. Zumindest nicht in dieser Generation.«
    »Warum nicht?«, fragte Mr. Segundus. »Wo sind sie?«
    Childermass lächelte. »Wohin immer Zauberer sich zurückziehen. Jenseits des Himmels. Auf der anderen Seite des Regens.«
    Ein Norrellist bemerkte, dass Jonathan Strange gut daran getan hatte, England zu verlassen. Andernfalls wäre er gewiss gehängt worden.
    Der erregte junge Mann mit dem hellen Haar entgegnete trotzig, dass sich das ganze Pack der Norrellisten alsbald im Hintertreffen befinden würde. Gewiss sei doch das Prinzip Norrel’scher Zauberei, dass alles Wissen auf Büchern beruhe? Und wie wollten sie Wissen erwerben, da die Bücher mit Hurtfew Abbey verschwunden seien. 185
    »Sie brauchen die Bibliothek von Hurtfew nicht, meine Herren«, sagte Childermass. »Ebenso wenig die Bibliothek vom Hanover Square. Ich habe Ihnen etwas viel Besseres mitgebracht. Ein Buch, das Norrell lange Zeit haben wollte, aber nie zu Augen bekam. Ein Buch, von dessen Existenz Strange nicht einmal wusste. Ich habe Ihnen John Uskglass' Buch mitgebracht.«
    Weiteres Geschrei. Weiterer Tumult. Inmitten dessen schien Miss Redruth eine Rede zu halten, die John Uskglass verteidigte, den sie beharrlich Seine Durchlaucht, der König nannte, als würde er jeden Augenblick Newcastle betreten und die Regierung des Nördlichen England wieder übernehmen.
    »Warten Sie!«, schrie Dr. Foxcastle. Mit seiner lauten gewichtigen Stimme übertönte er zuerst die in seiner Nähe Sitzenden und dann die restliche Versammlung. »Ich sehe kein Buch in den Händen dieses Schurken! Wo ist es? Das ist ein Trick, meine Herren. Er will unser Geld, darauf möchte ich wetten. Nun, Sir?« (An Childermass gewandt.) »Was haben Sie dazu zu sagen? Zeigen Sie uns Ihr Buch – so es denn existiert.«
    »Im Gegenteil, Sir«, sagte Childermass mit seinem breiten, dunklen, einseitigen Grinsen, »ich will nichts von Ihnen. Vinculus! Steh auf!«
    In dem Haus in Padua galt die erste Sorge der Greysteels und ihrer Dienstboten dem Wohlbefinden von Mrs. Strange; und jeder hatte seine oder ihre Art, sich darum zu kümmern. Dr. Greysteels Zuspräche kleidete sich in ein philosophisches Gewand. Er durchsuchte sein Gedächtnis nach Beispielen von historischen Gestalten – insbesondere Damen –, die über widrige Umstände triumphiert hatten, oft mit Hilfe von Freunden. Minichello und Frank, die beiden Diener, liefen, um ihr die Türen aufzuhalten – ob sie nun durchgehen wollte oder nicht. Bonifazia, dem Dienstmädchen, gefiel es, Arabellas einjährigen Aufenthalt im Elfenland als schwere Erkältung zu behandeln, und sie brachte ihr den ganzen Tag über Stärkungsmittel. Tante Greysteel ließ die besten Weine und seltensten Köstlichkeiten aus der ganzen Stadt holen; und sie kaufte die weichsten daunengefüllten Kissen, als hoffte sie, dass Arabella alles Geschehene vergessen würde, wenn sie ihren Kopf darauf bettete. Aber von all den Annehmlichkeiten, die ihr zuteil wurden, schien Arabella
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher