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Joli Rouge (German Edition)

Joli Rouge (German Edition)

Titel: Joli Rouge (German Edition)
Autoren: Alexandra Fischer
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sahen zwei Männer in zerlumpter Kleidung auf einer Lichtung
stehen, die ein erlegtes Tier ausweideten und sich dabei
unterhielten. Jacquotte und Pierre trennten sich, um die
Jäger einzukreisen. Erst, als sie sichergestellt hatten,
dass die Männer alleine waren, verständigten sie sich mit
Blicken und schlugen zu.
    »Ein Schrei und es wird euer letzter sein!«, rief
Jacquotte und sprang behände aus dem Gebüsch. Beim Anblick
ihrer beiden Pistolen wichen die Männer augenblicklich
zurück. Doch in ihrem Rücken näherte sich bereits Pierre und
hielt die offensichtlich Verängstigten in Schach. Mit großen
Augen starrten sie die Frau an, die ihnen entgegentrat.
    »Crochu! Du hast es geschafft.« Sie nickte dem Mann zu,
den sie beauftragt hatte, L’Olonnais‘ Schiff anzubohren.
    »Du Puits? Ich will verflucht sein!« Er musterte sie
ungläubig. »Die ganze Zeit lang bin ich mit der roten
Peitsche gesegelt.« Lachend schlug er sich auf den
Oberschenkel, während sein Gegenüber aussah, als hätte er
einen Geist gesehen.
    »Die rote Peitsche, sagst du?« Sein Mund formte sich zu
einem erstaunten O.
    Jacquotte machte eine ungeduldige Bewegung mit ihrem Kinn.
    »Sprich, Crochu! Wo ist der Olonnaise?«
    »Er überwacht den Bau eines Langbootes. Wir lagern nicht
weit von hier.« Er blinzelte. »Wie kommt es, dass du lebst?
Alle glaubten, du seist mit Tête-de-Mort zur Hölle
gefahren.«
    »Dort wollte man mich nicht haben!«
    »Zurück von den Toten«, murmelte Crochu’s Kumpan
bewundernd. »Die untote Rote!«
    Crochu spuckte aus. »Verdammt noch eins, der magere Furz
hat recht. Nur der Teufel selbst vermag der Hölle zu
entkommen!«
    »Lass gut sein, Crochu. Sag mir lieber, was mich in eurem
Lager erwartet.« Die Anspannung, den Olonnaisen endlich
ausfindig gemacht zu haben, ließ sie ungehalten werden.
    »L’Olonnais ist von Sinnen. Er schießt den ganzen Tag
Indianer und schlachtet ihre Weiber und Kinder ab. So geht
das, seit wir an Land gegangen sind. Die Mannschaft hält
sich von ihm fern. Ich habe keine Ahnung, ob er überhaupt
etwas zu sich nimmt, aber wir jagen alle auf eigene Faust.
Das feuchte Klima kriecht uns in die Knochen. Einige sind
bereits gestorben. Was für eine Verschwendung!« Crochu
rümpfte die Nase.
    Jacquotte sah sich aufmerksam um. »Bringt mich zu ihm. Es
ist an der Zeit, dass ich ihm gegenübertrete.«
    Crochu zeigte eine Reihe schwarzer Zähne. »Aye-aye,
Kapitän! Ihr erweist vielen Männern einen Gefallen, wenn Ihr
L’Olonnais zurück an den Ort schickt, von dem Ihr gekommen
seid.« Er machte eine kurze Pause. »Hütet euch vor den
Eingeborenen! Sie haben lange Speere, an deren Enden
Haifischzähne befestigt sind, und die sie lautlos aus ihren
Verstecken schleudern.«
    Er schritt voran, während sein Kumpan Jacquotte nicht aus
den Augen ließ.
    »Der Olonnaise hat uns verboten, die Lieder über Euch zu
singen, aber wir taten es trotzdem!« Er lachte. »Euer
Erscheinen ist ein gutes Omen. Ich glaubte, an dieser
verwünschten Küste zu sterben, doch jetzt weiß ich, dass ich
die Heimat wiedersehen werde.«
    Jacquotte und Pierre wechselten einen Blick. Die
Zusammenkunft war nahe und ihr Herz schlug schneller. All
die Wochen auf See hatte sie darauf gewartet, L‘Olonnais
gegenüberzutreten. Der Moment stand kurz bevor und sie
wusste, dass der Wahnsinn ihn zu einem unberechenbaren
Gegner machte.
    »Wir sind da!« Crochu blieb stehen und deutete auf eine
schmale, gerodete Fläche, auf der Feuer brannten und
provisorische Lager errichtet worden waren.
    »Warnt die anderen Männer«, befahl ihm Jacquotte. »Sag
ihnen, dass mein Schiff vor der Küste ankert. Wer in die
Heimat will, soll sich dort einfinden.«
    Crochu und sein Kumpel verharrten mit ehrfürchtigem Blick.
    »Es war mir eine Ehre, mit Euch zu segeln.« Crochu deutete
eine Verbeugung an.
    »Ich würde Euch jederzeit zu meinem Kapitän wählen«, fügte
der dünne Kamerad hinzu.
    Jacquotte nickte und scheuchte Beide davon. Ihre Ungeduld
wuchs. Es gab kein Zurück mehr. Sie wollte gerade
losmarschieren, als Pierre sie zurückhielt.
    »Was ist?«, fuhr sie ihn an, doch ehe sie sich versah,
küsste er sie.
    Jacquotte stemmte ihre Hände gegen seine Brust, aber er
war unnachgiebig.
    »Ich lasse dich nicht gehen, bevor ich nicht ein einziges
Mal bekommen habe, was ich mir schon als Junge stehlen
wollte«, flüsterte er und fügte knurrend hinzu: »Dieses Mal
dulde ich keine
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