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Joli Rouge (German Edition)

Joli Rouge (German Edition)

Titel: Joli Rouge (German Edition)
Autoren: Alexandra Fischer
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Ruhe. Er
versuchte, sie zu reizen. Das durfte sie nicht zulassen.
    »Mir scheint, die Toten interessieren dich nicht!« Seine
Mundwinkel zuckten.
    Sie beobachtete ihn argwöhnisch. Wie eine Schlange wand er
sich vor ihren Augen, sprang mal hierhin, mal dorthin. Seine
wiegenden Bewegungen waren beinahe einschläfernd, aber mit
einem Mal blieb L’Olonnais abrupt stehen, verlagerte sein
Gewicht und trat mit dem Fuß nach ihr. Sand flog auf und
Jacquotte hob intuitiv den Arm, um ihr Gesicht zu schützen.
Ehe sie sich versah, hatte L’Olonnais eine Pistole gezogen.
Sie warf sich augenblicklich zur Seite. Doch zu ihrem großen
Erstaunen, wandte er sich von ihr ab, zielte und schoss.
Jacquotte schrie auf und sah Blut spritzen, bevor Pierre in
sich zusammensackte.
    »Nein!« Sie rollte sich geschickt ab, schnellte sofort
wieder in die Höhe und sprang L’Olonnais mit einem
gewaltigen Satz an, der beide zu Fall brachte und sie ihre
Waffen verlieren ließ.
    Unkontrolliert hieb sie auf ihn ein, blind vor Wut und
Sorge, bis sie sein hinterhältiger Dolch traf und sie in die
Gegenwart zurückbrachte. Der Schmerz übermannte sie und sie
drehte sich zur Seite. L‘Olonnais hatte sie beinahe an
derselben Stelle getroffen, an der er ihr bereits vor vielen
Jahren eine nahezu tödliche Wunde zugefügt hatte. Jacquotte
biss die Zähne aufeinander, als die altbekannten Flammen
ihren Leib durchzuckten. Sie musste bei Bewusstsein bleiben,
sonst hatte sie verloren!
    Benommen schüttelte sie den Kopf. Ihre Kräfte schwanden,
doch es gelang ihr, einen zweiten Stich abzuwehren. Der
Dolch streifte lediglich ihre Haut. Mit einem erneuten
Schrei bäumte sie sich auf und rammte L’Olonnais ihren
Ellbogen ins Gesicht. Knirschend brach seine Nase unter der
Wucht des Schlags. Jacquotte registrierte es mit Genugtuung
und hustete. Sie spürte, dass sie schwindelte, und krabbelte
eilig zu ihrer Machete. Das Blut lief ihr bereits die Beine
hinab. Sie verlor das Zeitgefühl und vermochte nicht zu
sagen, ob L’Olonnais schon hinter ihr her war. Ihr Blick
suchte nach Pierre, doch sie konnte ihn nicht finden. Alles
verschwamm vor ihren Augen. Verzweifelt riss sie ihre Waffe
an sich und warf sich herum. L’Olonnais setzte ihr nach.
Sein Gesicht war blutverschmiert. Jacquotte rappelte sich
auf, schwankte und taumelte rückwärts. Mit beiden Händen
hielt sie die Machete und wartete, bis L’Olonnais nahe genug
heran war. Erst dann holte sie aus. Der Schlag besaß keine
Kraft, aber er war sicher genug, um dem Olonnaisen den Arm
aufzureißen. Er schrie auf und griff nach seinem Säbel.
Jacquotte war zu schwach, um ihn mit einem gezielten Treffer
daran zu hindern. Siegessicher lachte er ihr ins Gesicht,
bevor er sie mit wuchtigen Schlägen vor sich her trieb. Sie
versuchte, etwas dagegen zu setzen, doch ihre Arme
vermochten die Gewalt des Angriffs kaum abzufedern. Tapfer
parierte sie seinen Säbel, wich seinen Stößen aus und rang
nach Luft, wenn er seine Offensive kurz unterbrach, um sie
dann umso vehementer in Bedrängnis zu bringen. In ihre
diffusen Gedanken mischten sich Erinnerungen an Émile,
Jérôme und Tête-de-Mort, und sie fragte sich, ob sie zu ihr
kamen, um sie in Empfang zu nehmen. Das Klirren der Waffen
klang unnatürlich laut in ihren Ohren, und ein grauer
Schleier legte sich über das Geschehen. L’Olonnais erschien
ihr wie ein Geist. Seine Zähne traten aus seinem Gesicht,
seine Augen waren schwarze Höhlen und sein Säbel wirkte
übernatürlich groß, als er zum vernichtenden Schlag
ausholte.
    »Mögest du in der Hölle schmoren!«, stieß er hervor.
    »Es wird kaum schlimmer sein, als die Zeit an deiner
Seite!« Sie spannte ihre Muskeln, doch es half nichts. Er
schlug ihr die Machete aus der Hand. Schwer atmend ließ sie
ihre Arme sinken.
    »Antoine, der Verräter. Nun bist du mir ausgeliefert. Seit
Wochen habe ich davon geträumt.«
    L’Olonnais warf den Säbel weg und zog seinen Dolch. Sein
Kichern ging ihr unter die Haut. Er hatte gewonnen. Sie
überließ sich dem Schmerz in der Hoffnung, er werde sie
davontragen. Was nun folgen würde, hatte sie bereits zu oft
gesehen. Ihre Lider wurden schwer, jeder Atemzug kostete sie
Kraft. Beinahe erleichtert nahm sie das ruckartige
Vorschnellen seines Armes wahr und erwartete stoisch das
Auflodern eines weiteren Feuers, das sie ihrem Ende
entgegentrug. Doch L’Olonnais erstarrte mitten in der
Bewegung.
    Seine Augen
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