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Johnson, Denis

Johnson, Denis

Titel: Johnson, Denis
Autoren: Jesu’s Sohn
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geben.»
    «Wart’s ab.»
    «Was hast du eigentlich gesagt, als deine Frau auf dich geschossen hat?»
    «Ich hab gesagt: Du hast auf mich geschossen!»
    «Beide Male? Zu beiden Frauen?»
    «Beim ersten Mal hab ich gar nichts gesagt Da hat sie mir nämlich in den Mund geschossen.»
    «Also konntest du nicht mehr sprechen.»
    «Ich war sofort bewußtlos, deshalb konnte ich nicht mehr sprechen. Und ich erinnere mich noch an den Traum, den ich hatte, als ich bewußtlos war.»
    «Was für ein Traum war das?»
    «Was soll ich dir sagen? Ein Traum eben. Total zusammenhanglos. Aber ich erinnere mich dran.»
    «Du kannst ihn nicht beschreiben, nicht das kleinste bißchen?»
    «Ich weiß wirklich nicht, was ich da groß beschreiben soll. Tut mir leid.»
    «Egal, was. Irgendwas eben.»
    «Na schön, eine Sache: Dieser Traum kommt immer wieder. Ich meine: wenn ich wach bin. Jedesmal wenn ich an meine erste Frau denke, denk ich auch daran, daß sie auf mich abgedrückt hat, und zack, schon ist der Traum da ... Und dann, der Traum war – also, es war nichts Trauriges an ihm. Aber jedesmal wenn ich daran denke, denk ich auch: Scheiße, Mann, die hat doch, also: die hat doch tatsächlich auf mich geschossen. Und zack, ist der Traum da.»
    «Kennst du den Film mit Elvis Presley, ‹Follow that Dream›?»
    «‹Follow that Dream›. Ja, kenn ich. Mußte ich auch grad dran denken.»
    «Okay. Fertig. Guck mal in den Spiegel.»
    «Na schön.»
    «Was siehst du?»
    «Wieso bin ich nur so fett, wo ich nie was esse?»
    «Ist das alles?»
    «Keine Ahnung. Ich bin ja grad erst hergekommen.»
    «Und was ist mit deinem Leben?»
    «Haha! Der war gut.»
    «Was ist mit deiner Vergangenheit?»
    «Was soll damit sein?»
    «Wenn du zurückblickst, was siehst du dann?»
    «Zerdepperte Autos.»
    «Mit Leuten drin?»
    «Ja.»
    «Was für Leuten?»
    «Leuten, die bloß noch Frischfleisch sind, Mann.»
    «Wirklich?»
    «Woher soll ich wissen, ob’s wirklich so ist? Ich bin grad erst hergekommen. Und mir stinkt’s.»
    «Im Ernst? Aber wir kriegen hier literweise Haldol. Ist doch das reinste Säuglingsheim hier.»
    «Na, ich will’s hoffen. Weil, ich bin schon an Orten gewesen, wo sie dich einfach in ein nasses Bettlaken wickeln und auf ein Gummitierchen beißen lassen, so eins für Hundebabys, und das war’s dann.»
    «Ich könnte hier glatt mein halbes Leben verbringen.»
    «Also, ich bin älter als du. Du kannst noch ein paar Runden in dieser Geisterbahn drehen, und wenn du rauskommst, sind Arme und Beine noch dran. Bei mir nicht.»
     «He – es geht dir gut» «Sag das mal hier rein.» «Hier, in dein Einschußloch?»
    «Ja, sag’s mir in mein Einschußloch. Sag mir, es geht mir gut»

BEVERLY HOME
     
     
    Manchmal ging ich während der Mittagspause in eine große Gärtnerei auf der anderen Straßenseite, einen Glasbau voller Pflanzen und feuchter Erde und Ahnungen von kaltem, totem Sex. Um diese Stunde wässerte dort immer eine Frau die dunklen Beete mit einem Gartenschlauch. Einmal sprach ich mit ihr, hauptsächlich über mich und, dummerweise, meine Probleme. Ich fragte sie nach ihrer Telefonnummer. Sie sagte, sie habe kein Telefon, und ich hatte das Gefühl, sie bemühte sich, ihre linke Hand vor mir zu verbergen, vielleicht weil sie einen Ehering trug. Sie wollte, daß ich irgendwann wiederkäme und sie besuchte. Aber als ich mich verabschiedete, wußte ich schon, daß ich nicht wieder hingehen würde. Ich meine: Sie war viel zu erwachsen für mich.
     
    Und manchmal erhob sich in der Wüste ein Sandsturm und türmte sich derart in die Höhe, daß man dachte, da wäre eine ganze Stadt: ein furchterregendes neues Zeitalter, das näher rücken und unsere Träume zu Zerrbildern machen würde.
    Im Innern war ich ein winselndes Hündchen, mehr nicht. Ich sah mich nach Arbeit um, weil manche Leute anscheinend der Meinung waren, ich sollte mich nach Arbeit umsehen, und als ich einen Job gefunden hatte, glaubte ich, ich sei glücklich, eben weil jene Leute – Therapeuten oder Mitarbeiter der Anonymen Rauschgiftabhängigen und so weiter – anscheinend glaubten, ein Job mache einen glücklich.
     
    Vielleicht denkt ihr, wenn ihr den Namen «Beverly» hört, ja an Beverly Hills: Menschen, denen das Geld die Köpfe weggesprengt hat, schlendern durch die Straßen ...
     
    Was mich angeht, so hab ich, glaube ich, nie jemanden gekannt, der Beverly hieß. Doch es ist ein schöner, klangvoller Name. Ich arbeitete damals in einer Klinik, die so hieß,
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