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John Wells Bd. 3 - Stille des Todes

John Wells Bd. 3 - Stille des Todes

Titel: John Wells Bd. 3 - Stille des Todes
Autoren: Alex Berenson
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lieber gewesen, wenn der Unfall nicht gerade auf diesem Straßenabschnitt passiert wäre, der zu eng war, um seine Fahrzeuge wenden zu lassen.
    Stundenlang wartete er mit seinen Männern. Sie vertrieben sich die Zeit damit, die versoffenen russischen Fahrer, die unfähigen russischen Ingenieure und die hässlichen einheimischen Frauen zu verfluchen. Akilew mahnte seine Männer zur Wachsamkeit, für den unwahrscheinlichen Fall, dass der Unfall die Straße blockieren sollte, um einen Terroranschlag auf seinen Konvoi zu ermöglichen. Große Sorgen machte er sich jedoch nicht.
Seine Männer waren gut ausgebildet, und die BTRs besaßen 14,5-Millimeter-Maschinengewehre, die alles bis auf einen Panzer aufhalten konnten. Sollte er wirklich Hilfe brauchen, konnte er immer noch Verstärkung anfordern, die innerhalb von höchstens zwei Stunden per Helikopter eintreffen würde. Zwei Stunden konnten sie die Stellung auch allein halten.
    Außerdem - selbst wenn es Terroristen gelingen sollte, eine Bombe zu stehlen, wo wollten sie damit hin? Die gesamte russische Armee wäre hinter ihnen her gewesen. Im vergangenen Jahr hatte Akilew Dutzende von Konvois über diese Straße geführt, so oft, dass diese Fracht schon fast Routine für ihn war. Russland verlegte seine Nuklearwaffen viel öfter als die Vereinigten Staaten. Den Russen blieb keine Wahl. Der von ihnen eingesetzte chemische Raketentreibstoff war giftig und konnte zu Korrosion an den Gefechtskopfhüllen führen. Daher musste Russland sein Arsenal ständig aufbereiten und Waffen von den Militärbasen in die riesige Anlage von Majak bringen, die das Herz der russischen Kerntechnik darstellte.
    Ja, die Fahrt war fast Routine. Aber nur fast. Akilew war immer froh, wenn er Majak erreicht hatte und die Verantwortung für seine Fracht abgeben konnte.
    Schließlich war der Tanklastwagen ausgebrannt, und die örtlichen Straßenbautrupps rafften sich auf, die Straße für den Konvoi freizuräumen. Die Sonne stand bereits tief, als sich der Konvoi in Bewegung setzte. Akilew hatte gehofft, den Komplex von Majak bei Sonnenuntergang zu erreichen. Stattdessen würden er und seine Männer noch lange nach Einbruch der Dunkelheit unterwegs sein. Nachts kamen sie nur langsam voran. Die Straße war
nicht beleuchtet, und einen Unfall durften sie nicht riskieren.
    Akilew hätte lieber irgendwo übernachtet, aber ihm blieb keine Wahl. Zwischen ihrem Standort und Majak gab es keine Militärbasis. Außerdem wurde der Konvoi bis Mitternacht erwartet. Dabei spielte es keine Rolle, dass die Anlage um diese Zeit praktisch geschlossen sein würde. Der Konvoi war so geplant, und solange er bis 23.59 Uhr eintraf, hatte Akilew seinen Auftrag erfüllt. Falls er jedoch erst um 0.01 Uhr durch das Tor rollte … Akilew schüttelte den Kopf. Niemand konnte behaupten, russische Vorschriften seien sinnvoll.
     
    Grigorij Farsadow saß in seiner schäbigen Küche, trank aus einem angeschlagenen Glas Pfirsichschnaps und sah zu, wie die LCD-Zeitschaltuhr an seiner Mikrowelle auf Null herunterzählte. Er trug weder Hose noch Hemd, nur graue Unterwäsche, die um seinen gewaltigen Hintern schlabberte. Obwohl die Temperatur draußen fast auf den Gefrierpunkt gefallen war, bedeckte ein Schweißfilm seinen Bauch und seine Beine.
    Grigorij war ein ungeschlachter Riese, eine Mischung aus Frankenstein und Charlie Naseweis, mit großen, weichen Händen und vernarbter Haut. Er war nie verheiratet gewesen und hatte noch nie eine Freundin gehabt. Selbst für Sex hatte er immer zahlen müssen. Er war mit einem scharfen Verstand und einem abstoßenden Körper geschlagen. Jeden Tag wünschte er sich, es wäre umgekehrt, aber die Wahl lag nicht bei ihm. Das Schicksal hielt den Menschen zum Narren. Er war allein geboren und würde mit Sicherheit allein sterben.
    Es piepste.

    Sein Abendessen war fertig. Grigorij watschelte zur Mikrowelle und holte eine Salamipizza heraus, die er in kleine Stücke schnitt. Er genoss jeden Bissen. Seine Bewegungen waren merkwürdig grazil, was in krassem Gegensatz zu seiner Größe stand - und zu seiner Umgebung. Die lecken Leitungen hatten die Küchenwände verfärbt und ließen den Putz von der Decke blättern. Der Rest der Wohnung sah nicht viel besser aus. Der Strom fiel sporadisch aus, und zwar grundsätzlich dann, wenn Grigorij es sich gerade vor dem Fernseher gemütlich gemacht hatte. Immerhin funktionierte die Heizung, allerdings nur allzu gut. Von November bis April schwitzte er selbst bei
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