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Joel 4 - Die Reise ans Ende der Welt

Joel 4 - Die Reise ans Ende der Welt

Titel: Joel 4 - Die Reise ans Ende der Welt
Autoren: Henning Mankell
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müssen Sie wieder herkommen und nachfragen, ob wir den Dieb gefunden haben«, sagte der Polizist.
    Sie gingen hinaus. Joel sah sich in der Wartehalle um. »Du findest ihn doch nicht«, sagte Samuel. »Der ist weg.« »Die Zahnbürste«, sagte Joel. »Was will er mit meiner Zahnbürste?«
    Darauf antwortete Samuel nicht. »Wir brauchen jetzt ein Hotel«, sagte er. »Und dann müssen wir ein paar Sachen für dich kaufen.«
    »Ich brauch nichts«, sagte Joel.
    Samuel sah ihn bekümmert an.
    »Wir dürfen nicht vergessen, warum wir hier sind«, sagte er. »Und zum Glück haben wir ja noch
Celestine.«
    Sie verließen den Bahnhof.
    Joel zuckte zurück vor all dem Verkehr auf der Straße. Samuel sah sich um. Dann gingen sie los.

4
    Samuel entdeckte ein Haus, an dem ein Hotelschild hing. Im selben Moment begann es zu regnen.
    Das Haus war alt und dunkel. Es lag eingeklemmt in einem Viertel nahe beim Bahnhof. Samuel war mehrere Male stehen geblieben, hatte gezögert und war dann auf gut Glück weitergegangen, Joel immer einige Schritt hinter ihm. Joel ärgerte sich immer noch darüber, dass er so dumm gewesen war und sich so leicht von der Schwarzen Welle hatte reinlegen lassen. Ihm ging vieles durch den Kopf. Er hätte zu Hause bleiben sollen.
    Er war zu dumm, um in die Welt hinauszureisen.
    Er sollte sich die Idee, Seemann zu werden, aus dem Kopf schlagen.
    Er sollte wie Samuel werden. Holzfäller. Nichts anderes. Er würde einen krummen Rücken kriegen, sich nachlässig rasieren und Branntwein trinken, wenn ihm alles zu viel wurde.
    Joel war so wütend und verbittert, dass er manchmal laut mit sich selber redete. Samuel drehte sich um.
    »Was sagst du?«, fragte er.
    »Nichts.«
    »Aber ich hab dich doch reden hören?«
    »Da hast du dich verhört.«
    Samuel sah ihn nachdenklich an. Dann ging er weiter. Sie blieben vor dem Hotel stehen. Das Haus war runtergekommen. Putz hatte sich von der Fassade gelöst. In einem der oberen Stockwerke war ein Fenster offen und schlug im Wind.
    »Das sieht gut aus«, sagte Samuel, als ob er sich selbst Mut machen müsste.
    »Es sieht beschissen aus«, murmelte Joel. Aber er passte auf, dass er nicht zu laut sprach, damit Samuel es nicht hörte. Sie betraten die Rezeption. Es roch stark nach einem Putzmittel. Ein glatzköpfiger Mann mit kurzsichtigen Augen hinter der Brille saß hinter einem Tresen und las in einer Zeitung.
    Sie bekamen ein Doppelzimmer. Samuel bezahlte für zwei Nächte im Voraus.
    »Kriegt man ein Frühstück?«, fragte Samuel mit dem Zimmerschlüssel in der Hand.
    »Das kriegt man sicher«, antwortete der Glatzkopf, »aber nicht hier.«
    Plötzlich bemerkte Joel, dass Samuel rot wurde. Das hatte er noch nie erlebt.
    »Auf eine anständige Frage kann man ja wohl auch eine anständige Antwort erwarten«, sagte Samuel. Seine Stimme zitterte. Er war wütend.
    Der glatzköpfige Mann ließ die Zeitung sinken. »Wenn es Ihnen nicht passt, können Sie sich gern ein anderes Hotel suchen.«
    »Wo kann man frühstücken?«, fragte Samuel. »Und wo Mittag esse n?« Er war immer noch wütend. »In der Nähe gibt es mehrere Restaurants und Cafés.« Joel merkte, dass sich Samuels Wut auf ihn übertrug. Er machte einen Schritt vor und stellte sich neben Samuel. »Außerdem brauchen wir ein Kleidergeschäft«, sagte er, »da mein Rucksack gestohlen wurde.«
    »Die erste Querstraße links«, antwortete der Glatzkopf. Sie gingen zum Aufzug. Ihr Zimmer lag im dritten Stock. Samuel drehte sich um.
    »Noch etwas«, sagte er. »Falls ein Anruf kommt, wir sind nicht da.«
    Der Glatzkopf verbeugte sich und nickte. Sie gingen die Treppe hinauf.
    »Wie hast du das denn gemeint?«, fragte Joel. »Was für einen Anruf? Warum sind wir nicht da?«
    Samuel gluckste. »Der soll sich nicht einbilden, dass wir uns so schlecht behandeln lassen. Wenn man einen Anruf erwartet, glauben die Leute, dass man in einer wichtigen Angelegenheit unterwegs ist. Die Menschen sind dumm.« »Ich bin dumm«, sagte Joel, »weil ich mir den Rucksack hab klauen lassen.«
    »Du lernst es noch«, sagte Samuel. »Mir ist auch schon das eine oder andere gestohlen worden. Früher. Als ich Seemann war und irgendwo an Land ging. Manchmal ist man dumm. Und manchmal klug. So ist das nun mal. Du lernst es schon noch.«
    Der Korridor war dunkel. Sie suchten nach der richtigen Zimmertür. Zimmer 303.
    Sie schlossen auf und gingen hinein. Alles im Zimmer war braun. Auf der Tapete, die auch braun war, leuchtete ein feuchter Fleck.
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