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Joe von der Milchstraße

Joe von der Milchstraße

Titel: Joe von der Milchstraße
Autoren: Philip K. Dick
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Das Unbehagen in der Kultur.«
    »Gewinnschnabel Froh?« fragte Joe verdattert.
    »Sigmund Freud.«
    »Ich gebe auf«, sagte Joe. Er fühlte sich erschöpft; Gauk war ihm – wie üblich – in ihrem gemeinsamen Spiel des Zurückübersetzens von Computerübersetzungen in ihre Ausgangssprache weit überlegen.
    »Möchten Sie noch eins versuchen?« fragte Gauk einschmeichelnd und mit einem gewinnenden Lächeln.
    »Noch eins«, entschied Joe.
    »Der Ort, der ohne zu arbeiten, Fußballschuhe verarbeitet.«
    »Oh Gott«, sagte Joe kleinlaut und bestürzt. Es fiel kein Groschen, nicht einmal ein Fünfer. »Fußballschuhe. – Kickstiefel vielleicht. Kicken, Flanke, Schuß, Tor. Abseits. – Aber ›der Ort, der verarbeitet‹.« Er dachte schnell und gründlich nach. »Ort, Örtchen, Scheißhaus.« In seinem Geist zeichnete sich keine Lösung ab. Arbeiten, schuften, malochen. Eine Zeitlang meditierte er einem Yogi gleich in vollkommener Stille. »Nein«, sagte er schließlich, »ich komme nicht dahinter. Ich gebe auf.«
    »So rasch?« fragte Gauk und zog eine Augenbraue hoch.
    »Nun, es ist vollkommen sinnlos, den ganzen Tag an diesem Ding herumzurätseln.«
    »Der Stellvertreter«, sagte Gauk.
    Joe ächzte. »Sie ächzen?« fragte Gauk. »Bei einem Rätsel, das Sie nicht gelöst haben, obwohl Sie es gekonnt hätten? Sind Sie müde, Fernwright? Reibt es Sie auf, dort stundenlang in Ihrem gemütlichen Nest zu sitzen und nichts zu tun, wie wir anderen auch? Sie würden lieber allein in völliger Stille sitzen und nicht mit uns reden? Es nicht mehr versuchen?« Gauks Stimme klang ernstlich böse. Sein Gesicht war dunkel geworden.
    »Es liegt einfach daran, daß es leicht war«, sagte Joe lahm, aber er konnte sehen, daß sein Kollege in Moskau davon nicht überzeugt war. »In Ordnung«, fuhr Joe fort, »ich bin depressiv, ich bin niedergeschlagen. Ich kann das nicht länger aushalten. Wissen Sie, was ich meine? Sie wissen es.« Er wartete. Einen peinlichen Augenblick lang herrschte vollkommene Stille. »Ich steige aus«, sagte Joe und wollte auflegen.
    »Warten Sie«, sagte Gauk schnell. »Nur noch eins.«
    Joe sagte: »Nein.« Er legte auf, starrte ausdruckslos vor sich hin. Auf seinem zusammengefalteten Stück Papier standen noch einige mehr, aber – es ist vorbei, sagte er sich bitter. Daß diese Energie, diese geistigen Fähigkeiten, die ein Leben lang ohne in sinnvolle Arbeit umgesetzt zu werden, verschwendet wurden, und die für Triviales, sogar für freiwillig Triviales, wie wir es hier in Dem Spiel festgehalten haben, verwendet werden. Kontakt mit anderen, dachte er, durch ›Das Spiel‹ wird unsere Isolation von einem Schwert niedergestreckt und zerschlagen. Wir spähen hinaus, aber was sehen wir denn schon? Spiegelbilder unserer selbst, unserer blutleeren, kraftlosen geistigen Verfassungen, die sich nichts besonderem verschrieben haben, jedenfalls nichts, das ich ergründen kann. Der Tod ist sehr nahe, dachte er, wenn man solche Gedanken hat. Ich kann es fühlen, stellte er fest. Wie nahe ich ihm bin. Nichts tötet mich; ich habe keinen Feind, keinen Widersacher. Ich laufe einfach aus, wie ein Zeitschriftenabonnement: Monat für Monat. Weil ich, dachte er, zu ausgehöhlt bin, um mich noch an irgend etwas teilzunehmen. Auch wenn sie – die anderen, die ›Das Spiel‹ spielen – mich brauchen, meine ach so brillanten Beiträge brauchen. Und doch fühlte er, als er leer auf sein Stück Papier starrte, wie ein schwacher Betätigungsdrang in ihm erwachte, eine Art Photosynthese. Eine Vereinigung der verbliebenen Kräfte auf einer instinktiven Grundlage. Diese, auf unsichtbare Weise funktionierenden biologischen Anstrengungen seines Körpers, drückten sich nur physisch aus; er begann, einen weiteren Titel hinzukritzeln.
    Nachdem er gewählt hatte, bekam er eine Verbindung nach Japan via Satellit. Er wählte Tokio und gab die Nummer für den Übersetzungscomputer in Tokio ein. Mit durch lange Übung erworbener Geschicklichkeit bekam er direkt eine Verbindung mit dem großen, klirrenden, summenden Gebilde. Er umging die Vielzahl seiner Besucher.
    »Mündliche Übertragung«, informierte er ihn.
    Der unförmige GX9 klickte auf »mündlich« anstelle von visuellem Empfang.
    »Der blaue Planet«, sagte Joe. Er schaltete die Empfangseinheit seines Gerätes ein. Der Computer antwortete sofort und gab das japanische Äquivalent durch.
    »Danke und Ende«, sagte Joe und legte auf. Dann wählte er den Übersetzungscomputer von
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