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Joe von der Milchstraße

Joe von der Milchstraße

Titel: Joe von der Milchstraße
Autoren: Philip K. Dick
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sichtbar.
    Er wählte eine zwölfstellige Nummer aus dem Gedächtnis.
    Zuerst wählte er die drei Vorwahlnummern von Moskau.
    »Beamtenstab des Vizekommissars Saxton Gordon am Apparat«, rief Joe in die Muschel. Das Gesicht des russischen Beamten, der an der Schalttafel saß, flimmerte vor ihm auf dem Miniaturschirm. »Sie haben wohl wieder ein paar Spiele?«
    »Ein humanoider Zweifüßler kann metabolische Prozesse nicht ausschließlich vermittels Verzehr von Planktonmehl aufrechterhalten«, antwortete Joe. Der Telefonist warf ihm einen kurzen, mißbilligenden Blick zu und verband ihn dann mit Gauk.
    Das gelangweilte Gesicht eines untergeordneten sowjetischen Beamten erschien auf dem Bildschirm. Als er Joe sah, zeigte sein Gesicht erwartungsvolles Interesse. »A preslavni vityaz. Dostoini konovod tolpi byezmozgloi, prestoopnaya –«
    »Halten Sie keine lange Rede«, unterbrach Joe ihn ungeduldig. Morgens war er immer übelgelaunt.
    »Entschuldigung«, antwortete Gauk.
    »Haben Sie etwas Gutes für mich?« fragte Joe und legte seinen Schreibstift bereit.
    »Der Übersetzungscomputer in Tokio war den ganzen Morgen über besetzt«, meldete sich Gauk wieder. »Ich habe es dann an den kleineren Computer in Kobe durchgegeben. In mancher Hinsicht ist der in Kobe – wie soll ich es ausdrücken – seltsamer oder origineller als der in Tokio.« Er wandte sich einen Augenblick ab und schaute auf ein Blatt Papier. Sein Büro war wie das von Joe kubisch gebaut. Das Mobiliar bestand lediglich aus einem Schreibtisch, einem Telefon, einem Plastikstuhl mit feststehender Lehne und einem Schreibblock.
    »Sind Sie soweit?«
    »Okay, es kann losgehen«, antwortete Joe und malte ziellos ein paar Striche auf sein Blatt.
    Gauk räusperte sich noch einmal und las dann von seinem Blatt vor. Er grinste selbstzufrieden, so als ob er überzeugt sei, daß Joe dieses Rätsel nicht würde lösen können.
    »Dieses ist bei einem Buchtitel aus Ihrem Sprachbereich herausgekommen«, erklärte Gauk. »Mehr sage ich Ihnen dazu nicht.«
    Er hielt sich damit an eine der Regeln, die sie alle miteinander ausgemacht hatten. Sie, das war eine Gruppe von Leuten, die auf der ganzen Erde verstreut waren, in engen Büros saßen, unwichtige Positionen innehatten, nichts zu tun hatten. Sie hatten Aufgaben zu erledigen, die eigentlich überflüssig waren, sie hatten keine Verantwortung zu tragen und über keine schwerwiegenden Probleme zu entscheiden. Sie hatten nichts außer der fürchterlichen Leere, die sie in ihrer umformen Gesellschaft empfanden, gegen die sich jeder von ihnen auf seine Weise sträubte, und die sie alle, zusammen mit Hilfe ihres Spiels aus dem Bewußtsein drängen wollten.
    »Ist der Buchtitel denn einigermaßen bekannt?« fragte Joe.
    Gauk ging auf die Frage nicht ein, sondern las von seinem Zettel vor. »Segelflugzeuge stellen Glocken hin.«
    »Stellen Glucken hin?« fragte Joe.
    »Nein. Glocken.«
    »Segelflugzeuge«, sagte Joe nachdenklich, »Düsenflugzeuge? Nein, nicht durch Maschinen angetrieben. Gleiter. Glocken. Signale, akustische Zeichen?« Er kritzelte etwas und strich es wieder durch. »Und das haben Sie vom Übersetzungscomputer in Kobe? – Glockenläuten, läuten«, entschied er. »Stellen hin, also hinstellen. Niederlegen, absetzen, placieren, zustellen? Nein, herstellen.« Er schrieb es schnell auf. »Herstellen, produzieren, machen. Machen, läuten, Gleiter. Gleiter, machen, läuten.« Jetzt hatte er es. » Kleider machen Leute«, sagte er, »von Gottfried Keller.« Triumphierend warf er seinen Bleistift hin.
    »Zehn Punkte für Sie«, sagte Gauk und machte eine Notiz. »Damit ziehen Sie mit Hirschmeyer in Berlin gleich und liegen etwas vor Smith aus New York. Wollen Sie es noch einmal versuchen?«
    »Ich habe auch eins«, sagte Joe. Er zog ein zusammengefaltetes Blatt Papier aus der Tasche, breitete es auf dem Tisch aus und las vor: »Entfernung der Zerlegung von Alfred Hitchcock.«
    Er beäugte Gauk mit dem sicheren Gefühl, damit einen Trumpf in der Hand zu halten – mit diesem von dem größeren Sprachübersetzungscomputer, der in der Innenstadt von Tokio stand. »Ein eingedeutschtes Fremdwort«, sagte Gauk mühelos, »Zerlegung – Analyse. Hitchcocks bekanntester Film war ›Psycho‹. Abriß der Psychoanalyse. Zehn Punkte für mich.« Er machte eine Notiz darüber.
    Ärgerlich sagte Joe: »Das unbesiegfried Pakistani Kühltor.«
    »Ein anderes Werk von Gewinnschnabel Froh«, sagte Gauk mit einem breiten Grinsen. »
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