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Joachim Witt - DOM - Eine Biographie (German Edition)

Joachim Witt - DOM - Eine Biographie (German Edition)

Titel: Joachim Witt - DOM - Eine Biographie (German Edition)
Autoren: Thomas Bleskin
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Spuren bei Witt; seither passt
er auf sich und seinen Körper auf. Drogen, Alkohol oder sonstige Eskapaden wird
man in seiner Lebensgeschichte kaum finden. Treibt es sein Umfeld mit dem
Rock´n´Roll-Lifestyle zu weit - wie die durchaus angesagte Hamburger Beatband
The Classics, bei der Joachim als Gastsänger auftritt - geht er einfach.

Bei den Auftritten im Rahmen der Schulfeste ist Joachim Witt in seinem Element.
Neben Beatles und Stones spielen die Scalesmen jetzt auch Bands wie Kinks,
Yardbirds, Small Faces und Pretty Things nach. Britischer Beat wird zum
wichtigsten musikalischen Einfluss in Joachims Leben, auch wenn sein
Lieblingsstück aus jener Zeit von einer amerikanischen Band kommt - «Mr.
Tambourine Man» von Bob Dylan in der Version der Byrds. Nicht ganz unwichtig
für seine Motivation, mit der Band so oft wie möglich aufzutreten, ist auch die
Reaktion seiner Mitschülerinnen. Da Joachim aber seinen weiblichen Fans äußerst
schüchtern gegenübertritt, bleibt es bei verliebten Blicken. Nicht ganz so
wohlwollend schauen die Lehrer: Wegen seiner langen Haare – Joachim ist einer
der ersten, der sich traut - wird ihm einmal sogar die Teilnahme an einer
Klassenfahrt verweigert. Zum Friseur geht er deshalb aber noch lange nicht. Für
ihn ist seine  Mähne Zeichen einer diffusen Rebellion gegen alles
Etablierte, vor allem gegen das Schulsystem.

In seiner Familie ist Joachim nicht der einzige, der am Sturm und Drang der
Sixties Gefallen findet: Sein Bruder Manfred, zwei Jahre jünger, versteht sich
ebenso als Rebell wie der große Bruder. Wenn Joachim nicht gerade im Unterricht
sitzt oder Musik macht, hängen die beiden zusammen wie Pech und Schwefel. Ob
seines Alters muss sich Manfred weitaus häufiger als sein Bruder bei Anderen
Respekt verschaffen - und erarbeitet sich deshalb den Ruf als kleiner Rabauke,
den man besser nicht unterschätzt. Joachim und Manfred geben sich gegenseitig
Halt. Beide werden sich ihr Leben lang aufeinander verlassen können.

Die Musik wird für Joachim zum absolut notwendigen Ausgleich, um die Schulzeit
zu überstehen. Die meisten seiner Lehrer empfindet er als Altnazis, die ihre
Herrschsucht an ihm auslassen. Seine Leistungen lassen in den höheren Klassen
immer mehr nach, und nur dem Druck seiner Eltern ist es geschuldet, dass sich
Witt zusammenreißt, um die Noten im Mittelfeld zu halten. Mit einer einzigen
Ausnahme: In der neunten Klasse bekommt er einen Mathematiklehrer, der ihm auf
Anhieb sympathisch ist. Der einfühlsame Pädagoge findet schon in der ersten
gemeinsamen Stunde einen Draht zu seinem verschlossenen Schüler, und völlig
unerwartet bekommt Witt in diesem Schuljahr hervorragende Zensuren in Mathe.
Zum ersten Mal wird ihm bewusst, dass seine Leistungsfähigkeit nicht vom
Lehrstoff, sondern in erster Linie vom Lehrer abhängt.

Joachim stellt fest, dass er weitaus sensibler auf Menschen reagiert als die
meisten anderen. In späteren Jahren wird er merken, dass diese Empfindsamkeit
nicht nur Probleme mit sich bringt, sondern wie im Fall des Mathelehrers auch
äußerst hilfreich sein kann. Für ihn ist die Zusammenarbeit mit anderen
entweder furchtbar oder fruchtbar - dazwischen gibt es bei Witt kaum etwas. Als
Schüler kann er diese Gedanken allerdings noch nicht formulieren: Er sieht die
Schule als Zwang; die Binsenweisheit, für sich und nicht die Lehrer zu lernen,
setzt sich bei ihm nicht durch. An die Schulzeit wird sich Witt immer als eines
der finstersten Kapitel seines Lebens erinnern.

Dass ihm die folgende Zeit beim Bundesgrenzschutz nicht ganz so finster
vorkommt, verdankt Joachim vor allem seinen sportlichen Fähigkeiten. Als
18-Jähriger hatte er sich entschieden, wegen der höheren Besoldung beim BGS
anzuheuern, statt seinen Wehrdienst bei der Truppe zu absolvieren. Sich durch
die allseits beliebte Vortäuschung schwerer psychischer Probleme komplett zu
entziehen, kommt für ihn nicht in Frage - eine seelische Baustelle, und sei es
nur eine gespielte, kann Joachim nach der überstandenen Schulzeit wirklich
nicht gebrauchen. Lieber erträgt er den knurrigen Befehlston beim BGS und tötet
die gähnende Langeweile an den Abenden unter der Woche mit Bier und Zigaretten
ab. Nicht exzessiv, aber durchaus regelmäßig. Die kostbaren freien Wochenenden
setzt Witt nicht selten aufs Spiel, indem er seinen Spint in desolatem Zustand
präsentiert. Aber – und das ist Joachims großer Vorteil - die Vorgesetzten
haben einen gewissen Respekt vor ihrem
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