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Jetzt ist gut, Knut (German Edition)

Jetzt ist gut, Knut (German Edition)

Titel: Jetzt ist gut, Knut (German Edition)
Autoren: Bettina Haskamp
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unterscheiden, aber meine Kolleginnen in der Redaktion sehr wohl. Ob ich auch noch bei Escada reingehen sollte? War ja gleich nebenan. Nein. Jetzt nicht über die Stränge schlagen. Außerdem hatte ich mir heute auch schon ein schickes kleines Notebook samt Internetstick zugelegt. Mit der phantastischen Gewissheit, in jedem der Geschäfte hier shoppen zu können, bummelte ich an all den prachtvollen Fassaden und Auslagen vorbei zum Jungfernstieg und stieg in den Bus Richtung Eppendorf. Es war ein wunderbar klarer Septembertag und mein Hosenanzug fast ein bisschen zu warm.
    Vor meinem Lieblingsbuchladen am Straßenbahnring standen wie im Sommer die Korbstühle und Tische draußen. Fast alle Plätze waren besetzt mit lesenden Leuten. Gibt es etwas Genialeres als ein Buchgeschäft mit Café? Ich ging hinein, strich an den bestimmt drei Meter hohen Bücherregalen im Geschäft entlang, blätterte in liebevoll präsentierten Bildbänden und holte mir dann am Kaffeetresen einen Latte macchiato. Der kostete hier nur einen Euro. Jetzt musste ich doch kichern. Eine Eintausendfünfhundert-Euro-Tasche kaufen und dann beim Kaffee auf den Preis gucken!
    »Entschuldigung, ist hier noch Platz?« Das Mädchen, zu dem ich mich an den Tisch setzen wollte, schreckte von seinem Buch hoch, brummelte »Hm«, nahm seine Tasche von dem freien Stuhl, ohne das Buch aus der Hand zu legen, und vertiefte sich sofort wieder in die Lektüre. Vom Umschlag des Buches starrte mich ein großes gelbes Auge an. Bestimmt ein Krimi oder ein Thriller. Nichts für mich.
    Ich wollte Jackie nicht auf den Boden stellen und platzierte sie vorsichtig neben mich auf meinem Stuhl. Das Gesicht der Nachmittagssonne zugewandt, schloss ich die Augen. Ich musste in Ruhe nachdenken. Es waren immerhin noch zweihundertachtundsechzigtausendundzehn Euro von meinem Gewinn übrig. Die konnte ich nicht einfach auf meinem Girokonto herumliegen lassen. Das meinte jedenfalls Herr Peters. Bis vor ein paar Stunden kannte ich ihn noch gar nicht. Normalerweise sprachen Leute wie Herr Peters nicht mit mir. Die saßen in der Bank hinter Glasscheiben in kleinen Büros, an denen »Vermögensberater« stand, und sahen unsereins gar nicht an. Nun aber konnte ich bezeugen, dass Herr Peters das falsche Anti-Schuppen-Shampoo benutzte. Er war eigens aus seinem Glaskasten heraus- und auf mich zugekommen, um mich über die richtige Geldanlage zu beraten. Obwohl ich darauf genauso gern verzichtet hätte wie auf den Anblick der Schuppen auf seinem dunkelblauen Zweireiher. Jetzt schwirrten mir Begriffe wie festverzinsliche Anlagen, Portfolio und Bundesschatzbriefe durch den Kopf und verdrängten all meine schönen Gedanken an eine Weltreise, Wellness der Extraklasse, Spenden an die Welthungerhilfe und ein Wochenende in einer Suite des Hotels Louis C. Jacob an der Elbe. »Am besten besprechen Sie das in Ruhe mit Ihrem Mann«, hatte Herr Peters zum Schluss gesagt, und ich hatte brav genickt. Ging ihn schließlich nichts an, dass mein Mann von dem Geld gar nichts wusste.
    Das Klingeln meines Handys unterbrach meine Gedanken. Als ich es endlich aus der Tasche gefummelt und aufgeklappt hatte – ich brauchte wirklich ein moderneres, das ging ja gar nicht, so ein altes Teil zu dieser Tasche –, war der Anruf weg. Ich guckte nach. Knut. Um diese Zeit? Ich rief zurück. »Ist was passiert? Ist was mit Gerti?« Meine Schwiegermutter hatte doch keinen Schlaganfall gehabt, sondern eine transitorische ischämische Attacke. Das war eine Durchblutungsstörung des Hirns, wie ich inzwischen wusste, bei der die gleichen Symptome auftraten wie beim Schlaganfall. Nur dass Lähmung, Sprachstörung und so weiter nach spätestens vierundzwanzig Stunden wie von Zauberhand wieder verschwunden waren. Bisher wussten die Ärzte noch nicht, was die Störung bei Gerti ausgelöst hatte, und wir machten uns nach wie vor Sorgen.
    »Nee, mit Gerti ist nichts.« Knut klang trotzdem angespannt. »Aber Samara hat frühzeitige Wehen, wahrscheinlich eine Infektion.« Mehr musste er nicht sagen. Keine zehn Elefanten würden ihn jetzt von Samaras Seite wegbringen. Ich konnte praktisch sehen, wie er dem Affen die Hand hielt und mit dem Tierarzt konferierte. Auch von mir selbst hatte ich ein Bild vor Augen. Es zeigte mich in Schweiß gebadet am Ende einer Hundeleine. »Okay, ich kümmere mich um Herkules.« Ja, das Monster war noch immer bei uns. Ohne ein weiteres Wort legte Knut auf. Ich schaute auf die Uhr. Kurz nach vier. Kein Wölkchen
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