Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

JesusLuxus - Die Kunst wahrhaft verschwenderischen Lebens

Titel: JesusLuxus - Die Kunst wahrhaft verschwenderischen Lebens
Autoren: Werner Tiki Kuestenmacher Werner Tiki K stenmacher
Vom Netzwerk:
tut. Dann möchte man jubeln, rufen, singen. Der christliche Glaube hat dafür eine schöne Vokabel: lobsingen. Das ist mehr als nur singen. Das ist: gezielt wo hinsingen, dankbar sein, jauchzen. Solcher Lobgesang verstärkt das Glück. Er erhebt das Wohlgefühl in eine höhere Dimension.
    Das Wohlfühlglück, das so verliebt ist in den Augenblick und sich aufschwingen kann zum höchsten Lob an den Schöpfer, hat allerdings einen großen Nachteil: Es ist nicht von Dauer. Der Grund dafür liegt in der Chemie unserer Psyche. Tief verborgen in der Mitte unseres Gehirns produzieren Neuronen den Botenstoff Dopamin, der dem Opium ähnelt. Empfinden wir ein Erlebnis als angenehm, dann wird diese Substanz im Gehirn verbreitet und verstärkt das gute Gefühl - natürlich nur eine Zeitlang. Wenn das Dopamin verbraucht ist, geht auch das Glücksgefühl deutlich zurück.
    Glück ist nicht von Dauer, das gehört zu seinem Wesen. Zumindest zum Wesen von dieser Art Glück, dem chemisch messbaren, das die Naturwissenschaftler derzeit für das eigentliche, wirkliche Glück halten. Das Glück mit dem Lachen auf dem Gesicht, das fotografierbare, hörbare, plakative, durch Umfrageergebnisse erfassbare Glücklichsein. Aber das kann doch nicht alles sein. Es muss noch eine dritte Art von Glück geben.
Das Glück der Fülle
    Wer im Neuen Testament nach einer Antwort sucht, wird zunächst enttäuscht: Das Wort Glück kommt hier gar nicht vor, ebenso wenig wie das Wort Unglück. Dabei gab es das Wort und den Begriff im Umfeld Jesu sehr wohl: »Eudaimonia«, einen guten Dämon haben, einen »guten Geist« - das war die antike Idee vom Glück.
    Die Menschen damals wussten, dass das Leben aus beidem besteht: aus Momenten der Begeisterung und aus Momenten der Anstrengung, aus Angenehmem und aus Unangenehmem, aus Jubel und aus Enttäuschung.

    Das Glück der Menschen zur Zeit Jesu, dafür scheint manches zu sprechen, beruhte auf einer - im Vergleich zu heute - tieferen, umfassenderen Haltung zum Leben. Es war ein Leben der Extreme. Für uns ist das kaum noch vorstellbar, wie nah den Menschen in jenen Zeiten der Tod und das Elend gewesen sein muss. Es gab kaum Schmerzmittel, der normale Alltag war ungleich anstrengender als heute.
    Lust und Leid lagen enger beieinander, Prassen und Fasten wurden extremer erlebt als heute. Das Leben schwang weit ausladend hin und her zwischen den Polen von Plus und Minus. Die Lebenskunst bestand darin, nicht nur die Höhen als Lebensglück zu begreifen und aus den Tiefen schnell wieder herauszukommen, sondern beides aus der Hand Gottes zu nehmen: das Auf und das Ab, das Gute und das Schlimme. Und dann in der Summe alles als Glück zu begreifen, ohne einen Anspruch zu haben auf ein bestimmtes Maß von ausschließlich positiven Erfahrungen.
    Es ist wie im Tanz, wenn wir mit dem Körper das Auf und Nieder zelebrieren, das Zusammensein und die Trennung, die Nähe und die Distanz, die Lust und den Schmerz, das Fröhlichsein und die Trauer.
    Man könnte diese dritte Art von Glück als das Glück der Fülle bezeichnen. Im Neuen Testament wird eine solche Glückssituation beschrieben, ein eigentümliches Innehalten zwischen Fülle und Nichts. Es ist ein abendliches Gespräch bei Tisch. Jesus hat mit seinen Jüngern gerade das Passahfest gefeiert, das letzte Mahl vor seinem Tod. An diesem bedeutsamen Punkt am Ende seines Lebens, als draußen der grausame Foltertod am Kreuz auf ihn wartet, bedankt sich Jesus bei seinen Freunden. Er spricht von den Extremen des bisherigen Weges:
    »Ihr habt ausgeharrt bei mir in meinen Anfechtungen.
Ich will euch das Königreich geben,
so wie es mir mein Vater gegeben hat.
Dort werdet ihr essen und trinken an meinem Tisch
in meinem Reich und auf Thronen sitzen und
die zwölf Stämme Israels richten.«
    Lukas 22,28-30
    Ich kann mir vorstellen, wie es totenstill wurde im Abendmahlsraum. Wie mit einem Mal die Essensszene am Tisch eine ganz neue Dimension bekam. Die zwölf Jünger nicht nur als Sinnbild für die zwölf Stämme Israels, das Größte und Heiligste in der Vorstellung eines Juden, sondern: Diese zwölf einfachen Fischer und Handwerker sollen zu Gericht sitzen über die zwölf Stämme Israels! Das bedeutet das Ende des Reiches Israel! Nun beginnt etwas noch Größeres, noch Universaleres! Das Feiern und das Verzichten, das Essen und das Fasten, das Leben hier in der Zeit und das Leben dort in der zeitlosen Ewigkeit - all das verdichtet sich zu einem Moment, ja, nicht des Glücks
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher