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Jesuslatschen - Größe 42

Jesuslatschen - Größe 42

Titel: Jesuslatschen - Größe 42
Autoren: Rüdiger Paul
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des
Alltags, am westlichen Rand der Elster-Saale-Aue, in Meuschau ,
entsteht unser gemeinsames Haus.
    So nüchtern kann man es nicht beschreiben, es
ist einfach ein allumfassendes Gefühl, welches gemeinsame Erlebnisse,
Ereignisse und vor allem Liebe beinhaltet.
    Momente familiären Zusammenseins aus
unterschiedlichen Zeiten stellen sich als wache Bilder dar und zeigen mir
Zusammenhänge und Gemeinsamkeiten auf. Ich bin bewegt und erfreut zugleich.
    Im vorderen Teil des Domes beten zwei Leute
vor einem Altar, diese kann ich jetzt nicht ansprechen. Jedoch möchte ich
wissen, wie ich zum Pfarrer gelange. Seltsamerweise bin ich noch keine fünf
Meter gegangen, als der Dompfarrer hinter einer Säule hervortritt und mich
begrüßt. Die Bitte um den Pilgerstempel bringt uns auf ein paar Worte um den
Jakobsweg, er wünscht mir einen guten Weg. Wegen des Stempels verweist er mich
an das Dompfarramt schräg gegenüber. Dort wird dieser, mit besten Wünschen auf
den Weg, in den Pilgerpass eingetragen. Merkwürdig ist, dass ich das Gebäude in
der Absicht betreten habe, den Dompfarrer anzusprechen und dass gerade er mich
begrüßt. Wer eigentlich sonst, zu dieser frühen Stunde im Dom? Man kann sich
auch etwas einbilden.
    Der Tag ist noch jung, die Sonne scheint, aber
sie wärmt noch nicht. Es ist kühl in den Großstadtstraßen. Vor sechs Jahren war
ich eine zeitlang in der Kölner Innenstadt
beschäftigt, daher weiß ich, wo und wie man in Köln gut frühstückt. Vorbei an Reinis Büro in der „Obermarspforten , in Richtung Altmarkt.
Zu meiner Erleichterung stelle ich fest, dass die mir bekannte „ Kölsche Kaffeebud “ noch existiert
und gehe direkt auf das kleine Ladencafé zu. Das ist der ideale Platz zum
Frühstücken.
     
     
    „ Kaffeebud “
    Bläck Fööss
     
     
    Ich bestell „ em Kaffe und „ em halve Hahn". Darunter versteht man hier in Köln ein halbes Roggenbrötchen,
bestrichen mit Butter und scharfem Senf, dann mit Gouda-Käse, saurer Gurke,
Zwiebelringen belegt und das Ganze mit einer Prise Paprikapulver bestreut. Ein
wahrer Schmaus nach jahrelanger Kaffeebud ’-Abstinenz.
    Im belebten Stehcafé mischen sich gewissermaßen Wiedersehen mit Abschied, denn dieser
außergewöhnliche kulinarische Genuss wird mich in spanischen Gefilden ganz
sicher nicht ereilen.
    Unweit des Doms prangt an der Wand des „Museum
Ludwig“, quasi als spanischer Vorbote, ein überdimensionales Bild von Salvador
Dalí. Das Bild heißt „Der Bahnhof von Perpignan“ und dient als Werbebanner für
die derzeitige Ausstellung mit Kunstwerken von Salvador Dalí. Sooft ich das
Triptychon „Rote Wand oder Triumph der Ideologie“ von Klaus Friedrich
Messerschmidt in der Merseburger Neumarktkirche betrachte, werde ich gerade an
dieses eine Dalí Gemälde erinnert. Sehr gerne hätte ich die Kölner Ausstellung
besucht. Denn Dalí ist der Künstler, welcher mir in seinen surrealistischen
Bildern unendlich viel Spielraum lässt, diese regelrecht zu erkunden. Ein
Feuerwerk der Fantasie auslösend. Die von nun an „zerrinnende Zeit“ gibt es
leider nicht her, in den Genuss der dort ausgestellten Kunstwerke Salvador
Dalís zu kommen.
    Stattdessen vergewaltigt mich die real
verrinnende Zeit erneut mit Fahr- und Flugplänen. Über Treppen, Bahnsteige,
S-Bahnhöfe und Rolltreppen gelange ich wieder zum Ausgangspunkt, der um diese
Zeit schon etwas belebten Terrazzo- Flughafenhalle.
    Auf der Dachterrasse des Flughafens Köln/Wahn
sitze ich, mit hochgeschlagenem Kragen, müde in der Morgensonne. Meist auf
Angehörige wartende Opas und deren Enkelkinder begeistert es sichtlich, die
Starts und Landungen der Flugzeuge zu beobachten. Vor allem aber das
dazugehörige Dröhnen der Maschinen zu hören. Mit geschlossenen Augen, spüre ich
die noch schwache Sonne eher durch ihr Licht als durch Wärme und lausche in
diesen Tag hinein.
    Was mir zu Ohren kommt, ist ein ganz anderes
Flugobjekt. Zwischen zwei Starts vernehme ich den Gesang einer Lerche. Dieses
kleine hohe Stimmchen inmitten dieser unaufhaltsamen Maschinerie. Man kann die
startenden Flugzeuge ausblenden, wenn man die Augen schließt und bewusst auf
die schwachen Stimmen achtet.
    Lerchen erinnern mich an meine Kinderzeit. Im
Sommer mit Vater auf freiem Feld dieses zwitschernde Pünktchen am Himmel zu
suchen, war uns beiden wichtig. Das Singen der Lerche erzeugt in mir Bilder von
leuchtend gelben Rapsfeldern, weiten Wiesen, Telegrafenmasten und den Blick vom Rotthügel auf die Stadt. Das
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