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Jesus von Nazaret

Jesus von Nazaret

Titel: Jesus von Nazaret
Autoren: Alois Prinz
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Jahrhundert Kirchen standen. Eine Grotte im Untergeschoss der Kirche gilt nach der Überlieferung als der Ort, wo sichdie Geschichte ereignet hat, die in den Evangelien von Matthäus und Lukas erzählt wird. Maria, die mit Josef verlobt, aber noch Jungfrau war, erschien ein Engel, der ihr verkündete, dass sie ein Kind bekommen werde, das sie Jesus nennen soll. Josef, der sich hintergangen fühlte, wollte sich zuerst in aller Stille von Maria trennen. Doch dann erschien auch ihm ein Engel und weihte ihn in die göttlichen Pläne ein. Daraufhin legte Josef sein Misstrauen ab und behielt Maria bei sich. (Mt 1,18-25, Lk 1,26-38)
    Im Verkehrslärm des heutigen Nazaret, umgeben von unentwegt hupenden Autos, fällt es schwer, an einen Engel zu denken, der vom Himmel herabsteigt, um einer einfachen Frau zu sagen, dass sie auserwählt sei, die Mutter des Gottessohnes zu werden. Am 4. Mai 2009 war es ein Helikopter, der am Himmel über Nazaret kreiste und dann am Stadtrand landete. Ihm entstieg der Nachfolger von Papst Johannes Paul II., Papst Benedikt XVI. Im Papamobil fuhr er durch die jubelnde Menge zu einer gigantischen überdachten Bühne, wo er eine Messe hielt. Die Bühne mit dem Altar war aufgebaut am Fuß eines Berges, von dem man glaubt, dass er auch im Neuen Testament erwähnt wird. Lukas berichtet dort nämlich, dass der erwachsene Jesus in seinem Heimatort ganz und gar nicht umjubelt und verehrt war. Zu einer Zeit, als er bereits als Wanderprediger umherzog und an verschiedenen Orten Wunder gewirkt hatte, kam er wieder nachNazaret. Die Leute, die ihn seit frühester Kindheit kannten, hielten ihn nun für einen verrückten Spinner und trieben ihn zu einem Abhang, wo sie ihn hinunterwerfen wollten. Nur mit knapper Not konnte er entkommen. (Lk 4,16-30)
    Zweitausend Jahre später stand der Papst, der Stellvertreter Christi auf Erden, an diesem Abhang, wo sich jene Geschichte zugetragen haben soll. Viel hatte sich verändert seit den Tagen, als Jesus aus seinem eigenen Dorf verjagt worden war. Nun war Jesus kein Ärgernis mehr. Er galt nicht mehr als größenwahnsinniger Träumer, sondern als Sohn Gottes, als Heiland, und zur Erinnerung an das geheimnisvolle Geschehen vor seiner Geburt waren Kirchen gebaut worden.
    Es gibt allerdings in Nazaret einen Konkurrenzkampf darüber, wo Maria der Engel erschienen ist. Geht man von der katholischen Verkündigungskirche durch den Basar der Altstadt, so kommt man zu der orthodoxen St. Gabrielskirche. Die griechischen Mönche dort erzählen den Pilgern, dass die erste Begegnung Marias mit dem Engel bei einer Quelle nahe ihrer Kirche stattgefunden habe, und sie verweisen auf eine Schrift aus dem zweiten Jahrhundert, auf das sogenannte Protoevangelium des Jakobus. Der Verfasser schildert darin, wie Maria mit einem Krug zur Quelle ging, um Wasser zu schöpfen, und plötzlich eine Stimme hörte. Verwirrt schaute sie nach links und rechts, konnte aber nicht sehen, woherdie Stimme kam. Erst als sie wieder zu Hause war, stand der Engel vor ihr und sagte, dass sie ein Kind bekommen werde und sie solle es Jesus nennen. 18
    Wie gesagt, diese Schrift ist erst mindestens hundertfünfzig Jahre nach Jesus’ Geburt entstanden, und sie wurde damals verfasst, um die Angriffe von Ungläubigen abzuwehren, die teilweise mit Hohn und Spott reagierten auf die Geschichte von der Jungfrau, die ein Kind vom Heiligen Geist bekommt. Von jüdischer Seite wurde sogar das Gerücht in die Welt gesetzt, dass Jesus in Wirklichkeit das uneheliche Kind eines römischen Soldaten namens Panthera gewesen sei. Maria, eine einfache Frau, die ihren Verlobten Josef mit einem römischen Soldaten betrog? Und Jesus, ein Hochstapler, der die Geschichte von seiner göttlichen Herkunft erfunden hat, um die peinlichen Umstände seiner Geburt zu vertuschen?
    Solche gotteslästerlichen Geschichten wollten die Christen natürlich nicht hinnehmen, und so machte jener Jakobus im Gegenzug Maria zur Tochter aus reichem Hause, die von ihren Eltern in den Tempel gegeben wird, dort aufwächst und lebenslange Enthaltsamkeit gelobt. Später wird in dieser Geschichte Maria dem Handwerker Josef anvertraut, der Witwer ist und schon Kinder hat. Ohne sein Zutun und gegen das ausdrückliche Verbot der Tempelpriester wird Maria schwanger. Der angeklagte Josef beteuert seine Unschuld. Schließlich unterzieht der oberste Priester die beiden
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