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Jessica

Jessica

Titel: Jessica
Autoren: Linda Lael Miller
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besser als gar nichts.
    Das Feuer war fast ausgegangen, also musste er sich anziehen und neues Holz suchen. Gage stöhnte vor Kälte, und schnell zog er Hemd, Hose und Stiefel an. Draußen heulte der Wind immer noch ohrenbetäubend, aber Jessica regte sich nicht einmal.
    Von plötzlicher Furcht ergriffen, beugte Gage sich hinunter und fühlte mit den Fingern nach ihrem Puls. Dann seufzte er erleichtert auf, denn ihr Herzschlag war stark und regelmäßig. Im Moment zählte nur das.
    Noch einmal sah er sich in der Hütte um. Hier drin war es fast so kalt wie draußen, und es roch nach Mäusen und anderem Ungeziefer, aber es gab Wände und ein Dach, und in einer Ecke stand ein rostiger kleiner Ofen, der voller Spinnweben war. Darin hatte er ein Feuer gemacht - wie lange war das jetzt her? ehe er sich zu Jessica gelegt hatte.
    So schnell er konnte, sammelte Gage in der Dunkelheit jedes Stück Holz ein, das er finden konnte. Dann zerbrach er noch einen Schemel und stopfte die Scheite mit den anderen Dingen zusammen in den Ofen. Sofort erschien ein Flämmchen aus der Glut der letzten Nacht.
    Nachdem Gage nach dem Abzug gesehen hatte - er konnte nur hoffen, dass auf dem verschlungenen Weg nach oben keine Vögel ihre Nester gebaut hatten -, fing er an, die restlichen Möbel zu zerschlagen, die aus einem wackeligen Stuhl und einem alten Bettgestell bestanden. Als es wärmer wurde, legte er sich wieder zu Jessica und bedeckte sie beide mit seinem Mantel.
    Eigentlich war es kaum zu glauben, aber er genoss es.
    Verdammt. Sie war nackt. Er fühlte sich wie ein Kind, das durch das Schlüsselloch ins Badezimmer spähte. Ihre Weichheit war durch seine Hosenbeine zu spüren, obwohl er lange Unterhosen trug.
    Er zog Jessica so n ah e an sich, wie er es wagte, ermahnte sich, dass er ein Gentleman war, und schloss die Augen. Aber sosehr er sich auch bemühte, er konnte nicht einschlafen. Also lag er einfach nur still da, döste vor sich hin und lauschte dem Wind und Jessicas regelmäßigem Atem. Dabei atmete er den Duft ihrer Haare ein. Selbst in dieser dreckigen Hütte roch sie gut.
    Er schätzte, dass ein paar Stunden vergangen waren, als er es schließlich nicht mehr aushalten konnte. Sie fühlte sich zu kalt an und lag zu still. »Jessie?« Er klopfte ihr auf die Wangen. »Hey, Jessie, wach auf, j a?«
    »Ich bin... wach«, flüsterte sie schließlich. »Wo...?«
    »Wir sind in einer Hütte«, erinnerte er sie »Weißt du noch? Ich habe es dir schon erzählt. Gerade, als wir beide nicht mehr konnten, erschien sie vor uns, als ob der Himmel sie uns geschickt hätte.« Besorgt warf er einen Blick zur Decke, die bei jedem schneebeladenen Windstoß ächzte. Er wusste nicht, wie lange sie noch standhalten würde, aber das erwähnte er lieber nicht. »Jacob und Junebug haben bestimmt wieder gebetet.«
    Jessica lächelte, und ihre Tapferkeit rührte ihn zutiefst.
    »Falls jemand für uns betet, hoffe ich, dass sie es sind«, sagte sie, seufzte und schloss dann wieder erschöpft di e Augen.
    »Bleib wach, Jessie«, befahl Gage, zog sie auf seine Knie und hielt sie da wie ein Kind. In ein paar Minuten würde er mit ihr durch die Hütte gehen, damit ihr Kreislauf wieder in Gang kam, aber er wollte sie nicht zu sehr drängen. »Hat der Kutscher gesagt, wo er hin will?«
    Jessica runzelte die Stirn, als wäre es eine Anstrengung, sich daran zu erinnern. Sie wirkte benommen, und Gage bekam Angst, dass sie wieder das Bewusstsein verlieren könnte. Noch waren sie nicht in Sicherheit.
    Er stand auf und zog sie hoch, damit sie lief. »Jes sie«, sagte er, »hör mir zu. Ich weiß, dass du lieber schlafen möchtest, aber das ist das Schlimmste, was du jetzt machen kannst. Ich werde nicht zulassen, dass du die Augen schließt. Ich werde dich in Bewegung halten.«
    »Aber ich bin so gefühllos ...«
    »Eben«, unterbrach er sie grimmig. »Wenn der Schmerz kommt, kannst du dich wieder hinlegen. Also, was hat der Kutscher gesagt?«
    Jessica dachte nach. »Wer?«, fragte sie dann.
    Zumindest war sie so weit gekommen. »Hat er versucht, bis Springwater zu kommen? Jessie, ich rede über den Kutscher. Wollte er in die Stadt?«
    Sie nickte, aber erst, nachdem sie sechsmal in der Hütte herumgelaufen waren. »Er sagte, ich wäre in der Kutsche sicherer ...«
    Gage hoffte nur, dass der arme Kerl es bis zur Station geschaffte hatte, weil er sonst jetzt sicherlich erfroren war. Die Kutsche war nur noch zwei Meilen von der Station entfernt gewesen, und bei gutem
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