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Jerry Cotton - 0560 - Den Tod auf Flaschen gezogen

Jerry Cotton - 0560 - Den Tod auf Flaschen gezogen

Titel: Jerry Cotton - 0560 - Den Tod auf Flaschen gezogen
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die richtige Umgebung für ein Mädchen ohne besondere Ambitionen.
    Oder täuschte ich mich? Mädchen ohne Ambitionen werden nicht ermordet.
    Übrigens deutete nichts in dem Apartment auf einen Kampf oder einen Raubüberfall hin. Alles lag oder stand offenbar an seinem Platz. Die Wohnung gab keine Antwort auf das Tatmotiv.
    Ich trat an das Fenster und öffnete es, um frische Luft hereinzulassen. Die kochende Hitze des Julitages traf mich wie ein Faustschlag. Und dann traf mich noch etwas anderes. Ein Schrei… der Schrei einer Frau oder eines Mädchens.
    »Hilfe! Hi…«
    Das Wort erstarb in einem Röcheln. Dann war Stille.
    Ich steckte meinen Kopf aus dem Fenster und blickte nach oben. Daher war der Schrei gekommen. Ich sah endlose Fensterreihen und winzige Balkons, ich sah flatternde Wäsche und eine Frau mit Lockenwicklern, die zwei Etagen über mir aus einem Fenster schaute. »Haben Sie das gehört?« rief sie mir zu. »Da hat jemand um Hilfe geschrien, direkt unter mir!«
    Ich zog den Kopf zurück und sprintete aus der Wohnung. Die Tür ließ ich offen. Eine knappe Minute später stand ich vor dem Apartment, aus dem der Hilferuf gekommen sein mußte.
    Verdutzt stellte ich fest, daß auch hier die Tür nur angelehnt war — genau wie bei Myrna Collins.
    Diesmal hielt ich mich nicht mit Klingeln auf. Ich stieß die Tür zurück und hastete in die dunkle Diele. Ich nahm mir gerade noch Zeit, meine Kanone aus der Schulterhalfter zu ziehen. Noch ehe ich die Wohnzimmertür erreicht hatte, registrierte ich hinter meinem Rücken ein kaum wahrnehmbares Geräusch, das sich mit einem scharfen Luftzug verband.
    Ich wirbelte herum und riß instinktiv einen Ellbogen vor das Gesicht, aber die Reaktion kam zu spät.
    Ein harter, stumpfer Gegenstand traf mich mit brutaler Wucht am Kopf. Benommen sackte ich in die Knie. Ich sah vor dem hellen Rechteck der offenen Tür einen dunklen Schatten. Er war mir greifbar nahe. Ich hob den Revolver. Der Schatten dehnte sich und schmolz dann blitzschnell zusammen, als der Schlag erfolgte.
    Er erwischte mich voll an der Schläfe. Der Revolver entfiel meinen kraftlos werdenden Fingern. Sein Poltern wurde aufgesogen von dem Rauschen und Brausen einer aufsteigenden Ohnmacht. Ich kippte mit dem Oberkörper nach vorn und schlug mit der Stirn auf den Boden. Das Rauschen verebbte. Ich verlor das Bewußtsein.
    ***
    Musik! Kaum, daß ich sie wahrnahm. Doch allmählich wurde sie lauter und klarer. Ich erkannte die Melodie. Ein Radio, dachte ich träge. Meine Erinnerung setzte wieder ein. Ich spürte, daß ich auf einem weichen Untergrund lag. Im Mund hatte ich einen scheußlichen Geschmack. Blinzelnd hob ich die Lider.
    Träumte ich? Wer aus einer Bewußtlosigkeit erwacht, starrt meistens in die strengen, bebrillten Züge einer Krankenschwester, in das Gesicht eines Arztes, vielleicht auch — was in meinem Beruf nicht selten ist — in die grinsende Visage eines Gangsters. Aber eine Puppe dieses Zuschnitts sieht man nur selten.
    »Wie fühlen Sie sich?« fragte mich das Mädchen.
    Sie hatte eine angenehme Stimme, viel angenehmer als die Radiomusik, so zärtlich wie eine Liebkosung.
    Ich, blickte dem Girl in die Augen. Sie waren von vollkommenem Schnitt und fügten sich mit violettem Leuchten in die makellosen Züge ein. Wirklich, diese Augen waren sehenswert — genau wie das übrige.
    »Danke, es geht…«
    Ich unterbrach mich. Meine Stimme hörte sich an, als käme sie von der ersten Edison-Walze. Das Girl legte mir eine kühle schlanke Hand auf die Stirn. »Pst!« machte sie. »Bleiben Sie ruhig liegen!«
    Der Hand entströmte ein herbsüßer Duft. Die Berührung war sanft und angenehm. Ich ergab mich dem zarten Druck und fing an, das Geschehen zu rekapitulieren. Meine Denkmaschine begann schnell, aber auch etwas schmerzhaft zu arbeiten.
    Wer war das Mädchen? Ich fragte mich, ob sie um Hilfe gerufen hatte. Gleichzeitig fiel mir der Name ein, den ich an der Apartmenttür gelesen hatte. C. Swift.
    »Miß Swift?« krächzte ich.
    »Cynthia Swift«, bestätigte sie. Ihre großen violetten Augen drückten tiefe Sorge aus. Langsam zog sie die Hand zurück.
    Miß Swift war ungefähr vierundzwanzig Jahre alt. Sie hatte volles kastanienbraunes Haar. Der Kontrast zum Violett der Augen war atemberaubend.
    Reiß dich zusammen, Jerry, stauchte ich mich innerlich zurecht. Du brauchst deine Puste noch — und gewiß nicht, um eine attraktive Puppe zu bewundern! In dem Apartment unter dir liegt eine Tote. Du
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