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Jerry Cotton - 0559 - Die Hexendroge

Jerry Cotton - 0559 - Die Hexendroge

Titel: Jerry Cotton - 0559 - Die Hexendroge
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irgendwo liegenließ. Also klopfte er mit den bloßen Fingern gegen die eiskalte Glastür am Pförtnerhäuschen.
    »Ja, Sir?« rief der Pförtner aus der Wärme seiner geheizten Kabine heraus, ohne die Tür zu öffnen.
    »Lindemann hat mich angerufen und um meinen Besuch gebeten«, rief Hywood, weil er eine geschlossene Glastür vor sich hatte. Der Stimmaufwand wäre nicht nötig gewesen. Bei Hywood war alles zu riesig ausgefallen, und auch sein Organ dröhnte wie sechzehn Stereolautsprecher, ohne daß er sich anzustrengen brauchte. Wenn er aber absichtlich laut wurde, klirrten Fensterscheiben. Der Pförtner fuhr erschrocken zusammen, als er die dröhnende Stimme vernahm.
    »Haupteingang, Sir!« rief er schnell. »Vierter Stock! Zimmer 411!«
    Hywood nickte, machte kehrt und stiefelte über die Werksstraße auf das große Verwaltungsgebäude zu. In der Halle hoben sechs Empfangsdamen hinter ihrer niedrigen Tischbarriere ruckartig den Kopf und sahen sprachlos auf den uniformierten Riesen, der ihnen gutmütig zugrinste. Hywood fuhr mit einem Lift nach oben und klopfte an die Zimmertür, die ihm der Portier genannt hatte. Er geriet in ein kleines Vorzimmer, das nicht besetzt war. Eine Verbindungstür zum Nebenzimmer stand offen. Hinter dem Schreibtisch dort saß ein hagerer Mann von ungefähr fünfundvierzig Jahren. Er hatte eine alltägliche Gestalt und ein ebenso alltägliches Gesicht — wenn man von dem strichdünnen grauen Bärtchen auf der Oberlippe absah.
    »Oh, Captain!« rief er und kam schnell um den Schreibtisch herum. »Das ist aber nett, daß Sie so schnell gekommen sind! Ich weiß gar nicht, ob Sie sich an mich erinnern? Ich bin Robert P. Lindemann, Chefchemiker hier in diesem Laden. Wir haben eine Zeitlang mittags im selben Lokal gegessen und sind dort auch mal in ein Gespräch gekommen. Können Sie sich erinnern?«
    »Klar«, verkündete Hywood, als müßten selbst die Leute am Times Square ihn noch verstehen können. »Freue mich, Sie mal wiederzusehen, Mr. Lindemann. Wie geht’s, wie steht’s?«
    »Danke, danke, Captain«, erwiderte der Wissenschaftler. »Aber warum schreien Sie eigentlich so?«
    »Tue ich das?« fragte Hywood verdutzt. Er schüttelte den Kopf. »Komisch. Dauernd sagen mir die Leute, ich spräche zu laut. Ich selber habe nie das Gefühl. Weiß der Henker, woran es bei mir liegt.«
    »Nehmen Sie doch Platz, Captain«, bat Lindemann, wies auf einen Sessel in einer Sitzecke und bot aus einem dort stehenden Kästchen Hywood eine Zigarre an.
    »Ich nehme eine Zigarette«, sagte Hywood und gab sich erkennbar Mühe, seine Stimme abzuschwächen. »Ob das Stühlchen mich aushält?«
    Er ließ sich behutsam und mit mißtrauischer Vorsicht in das Polster sinken. Nachdem Vier Drehstühle im Hauptquartier unter ihm zusammengebrochen waren, hatte er gelernt, modernen Sitzmöbeln zu mißtrauen.
    »Ich hatte Sie angerufen«, begann Lindemann, als sie beide Platz genommen hatten, »weil ich hoffe, daß Sie mir einen Rat geben können, Captain.«
    »Mal sehen. Um was handelt es sich?«
    »Ich fürchte, ich muß ein bißchen weit ausholen. Unsere Firma stellt Arzneimittel her — wenigstens ist das einer unserer Hauptarbeitszweige und die anderen interessieren für unseren Zusammenhang jetzt nicht. Unter den von uns hergestellten Mitteln gibt es viele, die bei falscher Dosierung die Wirkung eines Giftes haben. Schon die alten Griechen bezeichneten ja mit ihrem ›Pharmakon‹ zugleich Heilmittel und Gift, weil es eben keine Trennung zwischen beidem gibt. Die Dosierung entscheidet über die heilende oder vergiftende Wirkung…«
    Hywood beugte sich vor und grinste schwach: »Machen Sie es nicht zu ausführlich«, bat er, »sonst muß ich vorher im Hauptquartier um einen längeren Urlaub einkommen.«
    Lindemann lächelte verlegen. »Natürlich, Captain. Entschuldigen Sie. Also, was ich sagen wollte: Eins unserer neusten Präparate haben wir Lindovan getauft…«
    »Vermutlich, weil Sie es entwickelt haben?« warf Hywood fragend ein.
    »Ja, allerdings. Es ist ein Mittel, das auf dem Umweg über die Hormonsteuerung Wirkung auf die psychische Verfassung des Patienten nimmt, indem es die Schwelle…«
    »Verflucht«, knurrte Hywood, »kann man das nicht ein bißchen einfacher ausdrücken? So daß es auch ein Laie wie ich begreifen kann?«
    Lindemann seufzte leise, dachte nach und meinte: »Am besten mache ich es wohl an einem Beispiel klar. Sie wissen, daß es schüchterne, stark gehemmte Personen gibt. Wenn
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