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Jerry Cotton - 0512 - 40 Cent fuer Garrys Leiche

Jerry Cotton - 0512 - 40 Cent fuer Garrys Leiche

Titel: Jerry Cotton - 0512 - 40 Cent fuer Garrys Leiche
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Börsenmaklers Cranston. Die Firma existierte bereits in der dritten Generation, war aber nie über ein gewisses Mittelmaß hinausgekommen. Bei den Cranstons gab es nie aufsehenerregende Spekulationen und niemals Geschäfte, deren Risiko zu groß war. Die erzielten Gewinne blieben in einem bescheidenen Rahmen, brauchten aber auch nie dafür verwendet zu werden, Verluste auszugleichen. So kam es, daß der dritte Cranston als zuverlässiger Makler für kleine bis mittlere Börsengeschäfte angesehen wurde, bei denen man nicht viel verdienen konnte, aber auch so gut wie nichts riskierte.
    Diese ganze Grundhaltung der Firma drückte sich auch in der Einrichtung ihrer Büros aus. Sie lagen in der Nähe der Wallstreet und umfaßten vier annähernd gleich große Räume. Der vorderste diente zugleich als Empfangsund als Wartezimmer, wenn sich tatsächlich einmal ein paar Kunden zur selben Zeit dort einfanden. Die Empfangsdame war eine verheiratete Frau von ungefähr fünfzig Jahren, die gleichzeitig die Telefonvermittlung besorgte. Im nächsten Zimmer saßen zwei Stenotypistinnen und ein älterer Mann, den Cranston schon von seinem Vater her übernommen hatte. Der anschließende Raum war Jean Leffield Vorbehalten, die sich folglich mit Recht als »Chefsekretärin« hätte bezeichnen können, wenn ihr bei dieser kleinen Firma je ein so hochtrabender Titel in den Sinn gekommen wäre. Cranston selbst saß natürlich im hintersten Raum. Alle Zimmer besaßen die altväterliche Einrichtung, die schon der Gründer der Firma erworben hatte und die zwar nicht mehr ganz zeitgemäß wirkte, aber doch eine gewisse Solidität ausstrahlte.
    Kurz nach zwölf verließ Cranston sein Büro, weil er eine geschäftliche Verabredung hatte. Jean Leffield strich sich eine schwarze Locke aus der Stirn, tippte den Rest eines vertraulichen Briefes an eine Eisenwarengroßhandlung drüben in Jersey City, verschloß Brief und Durchschlag in der mittleren Schreibtischlade und schlüpfte in ihren hellen Staubmantel, um zur Lunchpause zu gehen.
    Im Wartezimmer blieb sie überrascht stehen. Auf der gepolsterten, reich verschnörkelten Holzbank hockte Tim O'Sullivan, sprang bei ihrem Anblick auf und grinste in seiner entwaffnenden Art.
    »Hallo, Jean«, sagte er. »Ich dachte, wir könnten mal zusammen essen. Einverstanden?«
    Tim war Student an der Columbia-Universität und Jean bei einer Party vorgestellt worden. Jean Leffield hob den Kopf und blickte zu dem fast zwei Meter großen jungen Mann hinauf, dessen breitflächiges Gesicht von Sommersprossen übersät war.
    »Wie kommst du denn hierher?« fragte sie überrascht.
    »Die Stadt läßt eine Verkehrszählung hier im Süden machen. Pro Stunde zwei Dollar. Ich habe heute schon zwölf Dollar verdient.«
    Dann muß er ja um sechs schon angefangen haben, dachte Jean und lächelte. Wenn Tim Sein Studium beendet hatte, würde er bestimmt einmal ein großartiger Anwalt werden. Die nötige Beredsamkeit besaß er durchaus, sobald er erst einmal seine Schüchternheit überwunden hatte. Im Augenblick freilich war er von seinem Berufsziel noch ein paar Jahre entfernt, und es würden für ihn sicher harte Jahre werden, denn er war ein Waisenkind, und das von einer Stiftung gewährte Stipendium reichte kaum aus, ihn am Leben zu erhalten.
    »Ich habe eine Stunde Zeit«, sagte Jean und schob den Hünen vor sich her zur Tür. »Und wir können gern zusammen eine Kleinigkeit essen. Aber nur unter einer Bedingung.«
    »Und die wäre?« fragte O'Sullivan, während er den Fahrstuhlknopf drückte.
    »Getrennte Kasse!« sagte Jean fest. »Kindchen, ich habe zwölf Dollar verdient, und ich kriege morgen noch einmal zwölf. Ich wollte dich einladen!«
    »Das ist mir zu gefährlich, Mister O’-Sullivan«,- erwiderte Jean mit einem spitzbübischen Lächeln. »Ein alleinstehendes Mädchen wie ich muß sehr aufpassen, daß es nicht von diesen mädchenfressenden Ungeheuern, die sich heutzutage Männer nennen, eingewickelt wird. Nichts zu machen. Getrennte Kasse.«
    »Na schön«, maulte der Student. »Immer noch besser als gar nicht. Wohin gehen wir?«
    »Ich kenne ein nettes Restaurant gleich um die Ecke. Ehrlich gesagt, ich gehe dort täglich hin. Es ist nichts Besonderes, aber man wird satt und bezahlt vernünftige Preise.«
    »Großartig. Ich kann es schon nicht mehr abwarten. Seit sechs stehe ich an dieser dämlichen Straßenkreuzung mit meinen Listen und male Striche in die verschiedenen Rubriken. Kurz nach acht ging der
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