Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Jenseits des Spiegels

Jenseits des Spiegels

Titel: Jenseits des Spiegels
Autoren: Stefanie Markstoller
Vom Netzwerk:
krass, du nervst!“
    Jemand grummelte, und ich hörte ein Kind kichern. Ein Kind? Ich konnte mich nicht erinnern … nun schlug ich die Augen doch auf, ganz langsam, um mich an das schummrige Licht, das durch die kleinen Fenster fiel, zu gewöhnen, und meinem Kopf keinen weiteren Grund zu geben, mich mit einer neuerlichen Schmerzattacke zu malträtieren.
    Das erste was ich wahrnahm, war der Holzboden. Genauer gesagt ein staubiger Holzboden, den ich scheinbar zu meinem Nachtlager auserkoren hatte. Die Frage war nun warum? Und noch wichtiger, wo befand sich dieser Holzboden?
    Das zweite was mein benommenes Hirn versuchte zu erfassen, war die Gestalt die vor mir hockte. Ich musste ein paar Mal blinzeln, um meine Sicht klar zu stellen, und registrierte, dass vor mir ein breitschultriger Typ mit grimmigen Gesicht, und buschigen Augenbrauen befand. Er hatte seine Stirn so tief in Falten gezogen, dass es den Anschein erweckte, ihm säße eine Raupe über den Augen. Mitte dreißig schätzte ich ihn, schwarzes Haar, braune Augen, und mir völlig unbekannt.
    Das erschreckte mich nicht, etwas anderes aber schon.
    Es war nicht so, dass ich oft auf einem fremden Fußboden, mit einem fremden Mann in einer mir fremden Umgebung aufwachte – jedenfalls fiel mir kein ähnliches Szenario ein. Was mich erschreckte war seien Aufmachung. Er trug nichts als einen Lendenschurz. Einen
Lendenschurz
! Fremder Fußboden, okay, kam ich mit klar. Fremde Umgebung, konnte ich auch noch mit leben. Aber ein fremder, fast nackter,
alter
Kerl
war dann doch zu viel. Ich fuhr so schnell hoch, dass der Typ einen Satz rückwärts machte. Mein Kopf ruckte nach hinten, und schien von innen her zu explodieren. Ich hatte etwas getroffen, sehr hart sogar. Schützend riss ich die Arme über den Kopf. Glassplitter rieselten auf mich herunter, klirrten auf dem Boden, und ritzen mir leicht die Haut an den Armen auf. Der Krach verklang, und es folgte eine gänsehautbringende Stille.
    Langsam, und sehr vorsichtig öffnete ich erst das eine Auge, dann das andere.
    Der Typ mit den buschigen Augenbrauen stand aufrecht, blickte finster auf mich herunter, und mahlte mit den Zähnen, als versuchte er eine lederne Schuhsohle kleinzukriegen. Erst jetzt merkte ich, dass sich noch weitere Leute hier aufhielten. Ein Junge und ein Mädchen, die nicht älter als zehn sein konnten, und eine junge Frau, die mich mit unverhüllter Neugierde musterte. All diese Leute waren mir unbekannt. Und wie der Mann trugen auch sie nichts weiter als diesen Fetzen um die Hüfte.
    Die Frau lachte unvermittelt auf, so dass ich zusammenzuckte. „Na jetzt kann Boa sich nicht mehr beschweren, wenn ich diesen hässlichen, alten Spiegel entsorge.“
    Und mir wurde klar, dass ich mit meinem Dickschädel einen mannshohen Spiegel zerdeppert hatte. Ein Licht blitzte vor meinem inneren Auge auf, wie eine Erinnerung. Der Schmerz in meinem Kopf explodierte, dann wurde alles schwarz.
     
    °°°
     
    Als ich das nächste Mal zu  mir kam, lag ich ausgestreckt auf einer Couch in einem Arbeitszimmer, das mir entfernt bekannt vorkam. Sehr entfernt, denn die Möbelstücke waren mir völlig fremd. Weder mir dem großen Schreibtisch, noch mit den Regalen an den Wänden, oder der Couch mit dem Glastisch, auf der ich lag, konnte ich etwas anfangen. Auch der Teppich, die Wände, und die Vorhänge waren mir nicht geläufig. Im Grunde kannte ich nur die Form des Zimmers, und das Gefühl von Vertrautheit, welches dieser Anblick bei mit auslöste.
    Ich drehte meinen Kopf ein Stück, und … BAM! Der Schmerz kehrte mit einem Schlag in meinen Kopf zurück. Ich stöhnte, wodurch die drei Anwesenden im Raum auf mich aufmerksam wurden. Der Mann mit der Raupe über den Augen, und die Frau der der Begriff
Schamgefühl
völlig fremd war. Außer ihr war noch eine weitere Frau anwesend, die sich der Kleiderordnung der Blonden angepasst hatte.
    „Aber wenn es draußen frisch wird, zieht ihr euch eine Jacke über, oder?“ Gehörte diese raue, lallende Stimme wirklich zu mir? Was hatte ich nur getrunken? Gott mein Schädel!
    Die neue Frau hatte tiefschwarzes Haar, mit ein paar weißen Strähnen, das ihr glatt bis auf den Po fiel. Sie war schlank und durchtrainiert – was ich bei ihrer Kleiderwahl mehr als deutlich feststellen konnte. Erste Falten zeigten sich um ihre Augen und den Mund. Ich schätzte sie auf Mitte vierzig. Sie hatte einen harten Zug im Gesicht, aber nichts davon beunruhigte mich so sehr wie ihre gelben, stechenden
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher