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Jenseits des Protokolls

Jenseits des Protokolls

Titel: Jenseits des Protokolls
Autoren: Bettina Wulff , Nicole Maibaum
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über 40 Ländern unterhält das Unternehmen Produktionsstandorte, darunter beispielsweise in Brasilien, den USA, Chile, Schweden, Indien, Russland, Australien und auch Südafrika. Anfangs kümmerte ich mich bei der Continental verstärkt um die Betreuung der Internetseiten, aber mit den Jahren hatte sich mein Aufgabenfeld mehr und mehr hin zur klassischen Pressearbeit für die verschiedenen, auch die internationalen Standorte verlagert. So landete im Februar 2006 der Auftrag, eine Besichtigung in unserem Produktionsstandort in Port Elizabeth in Südafrika zu organisieren, denn auch auf meinem Schreibtisch. Hintergrund war die Anfrage der Niedersächsischen Staatskanzlei, inwiefern sich die Continental als deutsches, niedersächsisches Unternehmen mit starker internationaler Ausrichtung im Rahmen einer Delegationsreise präsentieren wollte. Rund 40 Delegierte aus der Wirtschaft, aus der Forschung und Bildung sowie auch Journalisten sollten an der Reise teilnehmen. Daneben natürlich auch der Ministerpräsident Christian Wulff selbst. Ziel einer solchen Reise war es, Kontakte zwischen Politik, Wirtschaft und Forschung zu stärken, gemeinsam nach Kooperationsmöglichkeiten zu suchen, aufzuklären und zu informieren.
    Von meinem Schreibtisch in Hannover aus organisierte ich die Besichtigung des Werkes in Port Elizabeth und bereitete für meinen Chef, der mit nach Südafrika fliegen sollte, die Notizzettel mit den wichtigsten Daten und Fakten vor. Das klassische Alltagsgeschäft einer PR-Frau. Gar nicht klassisch war dann aber der Anruf meines Chefs zwei Tage vor dem eigentlichen Reisetermin. Er verkündete, dass er dringend eine Übernahme eines Unternehmens in den USA in die Wege leiten müsse. Seine glorreiche Idee: Ich solle statt seiner die Gruppe für zwei Tage begleiten. Schließlich hatte ich alles organisiert, kannte die Abläufe und stand zudem bereits mit den Zuständigen vor Ort in Kontakt. Mit 20 Jahren hätte ich mich über eine solche Nachricht gefreut – Südafrika, ein paar Tage Sonne, raus aus dem Büro, raus aus dem Alltagstrott. Aber als alleinerziehende Mutter Anfang 30 hielt sich meine Begeisterung in Grenzen. Wie stellte sich mein Chef das eigentlich vor?, schwirrte es mir durch den Kopf, als ich den Telefonhörer auflegte. Wo sollte ich so kurzfristig meinen knapp dreijährigen Sohn Leander unterbringen? Ich rief sofort meine Eltern an und fragte, ob sie Leander zu sich nehmen könnten. Zum Glück wohnten sie in der Nähe und hatten Zeit. So machte ich mich tatsächlich am 6. April 2006 auf den Weg nach Südafrika, ohne zu wissen, dass dies mein Leben nachhaltig verändern würde.
    Von Hannover ging es zunächst mit dem Flieger nach Frankfurt. Von Frankfurt sollte es weitergehen nach Johannesburg. Doch schon am Frankfurter Flughafen sah ich die Teilnehmer der Delegationsreise, wie sie sich alle fesch gestylt, im Business-Look mit Anzug und Krawatte, vor dem Terminal versammelten. Damit hatte ich nicht gerechnet. Ich glaubte, das erste Zusammentreffen würde erst am nächsten Tag, im Werk Port Elizabeth sein. Selbst noch in Jeans und Sweatshirt gekleidet, versuchte ich daher möglichst unauffällig die Maschine zu betreten. Aufgrund der Kurzfristigkeit und um doch noch die Teilnahme meines Chefs offenzuhalten, hatte ich mir einen eigenen Sitzplatz in der Economyclass gebucht. Ich verstaute gerade mein Handgepäck unter dem Vordersitz, als eine Stewardess zu mir kam, fragte, ob ich Frau Körner von der Continental sei, und mir nach meinem Bejahen einen Sitzplatz vorne in der ersten Reihe anbot. Der eigentliche Platz meines Chefs. Ablehnen konnte ich natürlich nicht, also kramte ich mein Handgepäck wieder hervor und folgte der Stewardess in den vorderen Teil des Fliegers. Etwas irritiert nickte ich dort einmal in die Runde, sagte freundlich »Guten Tag«, wäre aber lieber im Erdboden versunken und machte es mir in meinem wirklich sehr legeren Outfit schnell auf dem Sitz bequem. Gut zehn Stunden Flug lagen vor mir und ich fühlte mich in meiner Haut richtig unwohl. Ich saß am Fenster, neben mir ein Unternehmer, in der Mitte zwei weitere und auf der anderen Gangseite der Sprecher des niedersächsischen Ministerpräsidenten und daneben wiederum Christian Wulff selbst. Dieser sprang dann kurz vor dem Start plötzlich auf, stieß sich noch den Kopf an der Gepäckablage, kam zu mir, beugte sich leicht vor, streckte mir die Hand entgegen und meinte: »Guten Tag, darf ich mich vorstellen? Ich heiße
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