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Jenseits des Protokolls

Jenseits des Protokolls

Titel: Jenseits des Protokolls
Autoren: Bettina Wulff , Nicole Maibaum
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Tom und ich auf dem Boden der Tatsachen. Die gemeinsame Wohnung, der Alltag mit Studium und damit auch mit Stress hatten so rein gar nichts mehr mit der Sylter Leichtigkeit zu tun. Auch nicht mit den Wochenenden, wo wir uns vorher aufeinander gefreut und die Tage bis zum Wiedersehen gezählt hatten. Diese Erkenntnis war sehr ernüchternd. Nach drei Jahren Beziehung haben wir uns getrennt. Mehrere Monate hatten wir noch eine On-off-Beziehung. Wir konnten nicht wirklich ohneeinander, aber miteinander ging es auch nicht. Trotzdem bleibe ich dabei: Es war eine aufregende, besonders schöne, intensive und sehr prägende Zeit.
    Tom heißt nicht wirklich Tom. Er ist aber der einzige Mann, mit dem ich länger zusammen war und heute keinen Kontakt mehr habe und dem ich deshalb lieber einen anderen Namen gebe. Ich erwähne ihn überhaupt auch nur, weil er von anderen nicht erwähnt wurde. So war beispielsweise Anfang Juli 2010, also kurz nach Christians Wahl zum Bundespräsidenten, in einem Bericht des Magazins Focus , nichts von einem Freund auf Sylt zu lesen. Vielmehr hieß es dort, dass ich als Jugendliche »aus der Hannoveraner Welt ausbrach«. Dass ich meinen Lehrer häufiger bat, freitags früher freizubekommen, um noch rechtzeitig den Zug nach Sylt zu erwischen. Weiter stand in dem Artikel: »Dort verbrachte die gerade einmal 17-Jährige viele Wochenenden, genoss das aufregende Nachtleben. Vorzugsweise vergnügte sie sich im schicken Pony-Club in Kampen. Am Montag erzählte sie dann ihren verblüfften Klassenkameraden, welche irren Partys sie erlebt und welche Typen sie kennengelernt hatte.«
    Bestimmt: Ein fester Freund als Grund für die Fahrten nach Sylt hätte die Sache wohl zu normal und zu unspektakulär klingen lassen. Aber eine Bundespräsidentengattin, die man als Partygirl abstempeln und in die Ecke der bereits zu Schulzeiten wild herumtanzenden Szenequeen drängen konnte, war da willkommener. Als ich den Bericht las, habe ich mich geärgert. Jedoch ahnte ich damals noch nicht, dass dies nur ein kleiner Vorgeschmack auf Folgendes sein würde und welch extreme Eigendynamik Gerüchte annehmen können. Aber dazu später mehr …
    Auf Tom folgten knapp zwei Jahre, in denen ich Single war, bevor ich mit 23 Achim kennenlernte. Er war der Besitzer des Fitnessstudios in Hannover, in dem ich zu der Zeit fast jeden Tag trainierte. Woher auch immer wusste Achim, als er mich ansprach, dass ich Medienwissenschaften studierte. Er fragte, ob ich mich nicht an zwei Nachmittagen in der Woche um das Marketing für sein Studio kümmern wolle. Klar habe ich da zugesagt. Für eine Studentin mit besagter Studienrichtung ein hervorragender Nebenjob. Auf diesem Weg kamen Achim und ich uns näher. Der Altersunterschied von 15 Jahren, Achim war damals 39, ist mehr unserer Umgebung als uns selber aufgefallen. Ich weiß noch, dass eine Freundin zu mir meinte, dieser Mann sei doch definitiv zu alt für mich. Mir waren derartige Bemerkungen egal. Für mich spielte das Alter keine Rolle und auch heute ist es für mich unwichtig, wenn ich Menschen kennenlerne. Entweder man hat eine gemeinsame Ebene, ein klares Gefühl füreinander, oder eben nicht.
    Achims ruhige, souveräne Art und Ausstrahlung haben mich angezogen. Gut drei Jahre waren wir zusammen, dann habe ich mich getrennt. Auch jetzt noch haben Achim und ich aber einen guten Draht zueinander. Achim lebt mit seiner Frau und dem gemeinsamen Kind in Hannover und ab und an, beispielsweise bei Spielen des Fußballvereins Hannover 96, begegnen wir uns und dann freue ich mich. Es ist für mich ein gutes Gefühl, einen Menschen, der mir einmal so nah war, glücklich zu sehen.
    Ein Expartner, der 16 Jahre älter ist, und auch Christian, der 14 Jahre älter ist – gewiss könnte man mir vorschnell einen Vaterkomplex unterjubeln, doch sei gesagt: Es gibt da auch Torsten, nur vier Jahre älter als ich und auch heute noch einer der wichtigsten Männer in meinem Leben. Er ist der Vater von meinem Sohn Leander.
    Mehrere Jahre liefen Torsten und ich uns in Hannover immer wieder zufällig über den Weg: Samstagmorgens beim Frühstück in der Markthalle, abends in den verschiedenen Diskotheken und Bars wie dem Zaza-Club oder dem Palo Palo. Und wenn ich Torsten sah, dachte ich: »Der sieht ja gut aus.« Groß, dunkle Haare, dunkle schöne Augen. Aber er war zu schüchtern, um mich anzusprechen, und ich war es auch. Irgendwann Mitte 2001 kamen wir bei einer After-Work-Party doch ins Gespräch. Torsten
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