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Jenseits des Protokolls

Jenseits des Protokolls

Titel: Jenseits des Protokolls
Autoren: Bettina Wulff , Nicole Maibaum
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bei der Continental AG kehren zu können. Ich merkte, dass ich durch die Arbeit eine bessere, ausgeglichene Mutter war, doch da ich nun weitaus stärker für Leander und mich, für unseren Zwei-Personen-Haushalt aufkommen musste, bedeutete dies auch Stunden aufzustocken, um mehr Geld zu verdienen. Hatte ich zuvor eine 50-Prozent-Stelle, waren es dann 80 Prozent. Es war fast ein Irrwitz: Ich hatte mich von Torsten getrennt, um den Druck zu verringern, den ich spürte. Doch als Allein­erziehende war dieser Druck nur noch größer geworden. Morgens zwischen 8.00 und 8.30 Uhr setzte ich Leander fix bei der Tagesmutter ab, ging zu Fuß weiter zur Arbeit, sah zu, dass ich einen guten Job machte, um gegen 15.00 Uhr, 15.30 Uhr Leander wieder von der Tagesmutter abzuholen und mit ihm noch ein wenig Zeit zu verbringen. Ich denke, jede alleinerziehende Mutter weiß, wie das ist: Es ist ein Leben, ständig die Zeit im Nacken, dazu das schlechte Gewissen, seinem Kind keine heile Familie bieten zu können und darum auch das allgegenwärtige Streben danach, seinem Kind ein schönes Dasein zu ermöglichen – manchmal dies zulasten der eigenen Bedürfnisse. Am Ende des Tages war ich oftmals einfach nur platt und es gab den einen oder anderen Abend, an dem ich alleine auf dem Sofa saß, im Fernsehen nur Wiederholungen oder langweiliges Serienprogramm, und ich mich fragte: »War es ein Fehler, sich zu trennen?«
    Heute haben Torsten und ich ein sehr gutes Verhältnis. Generell versuche ich mit den Männern, mit denen ich einmal eine Partnerschaft geführt habe, in Kontakt zu bleiben. Es ist mir wichtig zu wissen, wie es den Menschen geht, die für einen einmal sehr wichtig im Leben gewesen sind, die man geliebt hat. Wenn nicht Dinge passiert sind, die zu einem unüberbrückbaren Bruch führten, finde ich es schön, diese Menschen weiterhin ein Stück weit in meiner Lebenswelt dabeizuhaben. Und erlebt man Torsten und mich heute zusammen, wie wir miteinander reden, wie wir miteinander umgehen, merkt auch jeder Außenstehende, dass es eine tolle Freundschaft ist. Leander war nie ein Streitthema. Er musste sich auch nie zwischen einem von uns entscheiden. Wir waren auch schon gemeinsam im Urlaub, Torsten feiert mit uns Weihnachten und die Zeit, die er mit Leander verbringt beziehungsweise die er Leander auch zu sich nimmt, ist weit mehr als nur jedes zweite Wochenende. Ich bin sehr froh, dass Torsten und ich trotz der Trennung es geschafft haben, für Leander eine feste Basis als Eltern darzustellen.
    Nach der Trennung von Torsten war ich erneut fast zwei Jahre Single. Als alleinerziehende Mami eines kleinen Kindes lernt man nicht so einfach einen Partner kennen. Und ich wollte mich auch nicht sofort wieder in eine neue Beziehung stürzen. Zu tief saß der Schmerz, dass es mit Torsten nicht geklappt hatte. Ich denke, erst etwa ein gutes Jahr nach dem Bruch merkte ich, dass ich wieder offen für eine Partnerschaft bin.
    Ein bestimmter Typ »Mann«, der mich besonders anzieht, gab und gibt es aber nicht. So stand ein Christian Wulff auch nicht auf einer Liste von wegen »Haben wollen« beziehungsweise habe ich ihn nicht von vornherein ausgeschlossen. Ich denke, ich bin jemand, der die Gegebenheiten im Moment betrachtet. Sie auf sich zukommen lässt und dazu bereit ist, Meinungen und Vorurteile – und diese hatte ich eben anfangs gegenüber Christian – zu revidieren und der Person eine Chance zu geben. So wurde Christian Wulff ein Teil meines Lebens …

2 Mein Mann
    Ein wirtschaftlich schwächelndes Unternehmen, das sich unter anderem auf Automobilelektronik spezialisiert und seinen Sitz in den USA hatte, ist quasi der Grund dafür, warum Christian und ich uns Anfang April 2006 überhaupt kennenlernten. Ist so etwas Schicksal? Vielleicht. Aber es klingt durchaus auch etwas bitter: Hätte diese Firma nicht so herbe Verluste hinnehmen müssen, hätte sie sich irgendwie wieder berappelt und schwarze Zahlen geschrieben, wären Christian und ich uns wohl nie persönlich begegnet. Doch diesem Unternehmen ging es schlecht und Hoffnung auf Besserung gab es nicht.
    Ich arbeitete zu dieser Zeit als Pressereferentin für die Continental AG mit Sitz in Hannover. Im Jahr 2000 hatte ich dort angefangen, der Job machte mir Spaß, wir waren ein eingespieltes Team von etwa zehn Kollegen. Die Continental, vor allem als Reifenhersteller und Systemanbieter bekannt, ist ein international operierender Konzern der Automobilzulieferbranche. In mittlerweile
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