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Jenseits des Karussells: origin - Preisgekrönt und aufregend anders (German Edition)

Jenseits des Karussells: origin - Preisgekrönt und aufregend anders (German Edition)

Titel: Jenseits des Karussells: origin - Preisgekrönt und aufregend anders (German Edition)
Autoren: Ju Honisch
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einer einzigen Nacht zu verlieren schien zu schwer zu sein. Ihr Vater war tot. Ihr Prinz grau. Ein Feyon.
    „Bitte erlauben Sie mir, dass ich Sie zu meiner Mutter bringe. Sie wären dort sicher“, fuhr er fort. „Sie ist ein richtiger Mensch, das versichere ich Ihnen.“
    „Sie bleibt hier, im Haus ihres Vaters!“, verfügte die Alte. „Mit der Gouvernante.“
    „Niemals!“, schrie Catty und versuchte, sich aus Lord Edmonds Griff zu befreien. Aus Miss Colpins Griff.
    „Deiner einstigen Gouvernante. Fräulein Draiss. Das wird das Beste sein, unter den Umständen.“
    „Mein Vater ist tot!“, rief Catty. „Lucilla hat ihn getötet. Sie hat ihn umgebracht!“
    „Ja. Dein Vater ist tot“, sagte die Alte. „Das ist sehr traurig, und die Dienstboten werden ihn am Morgen finden. Seine Frau hat ihn verlassen, und er ist vor Gram gestorben. Du bist hier mit deiner Gouvernante, geradeso wie man es erwarten würde. Niemand wird sich darüber wundern. Dann ein Trauerjahr, in dem du fleißig lernen und studieren wirst – dein Ausnahmetalent muss man in die richtigen Bahnen lenken zu deinem eigenen Besten – und wenn die Welt dann nicht mehr so verwirrend ist, kannst du über deine Zukunft entscheiden.“
    „Will jemand Tee?“, fragte Fräulein Draiss, die den Teewagen mit Tassen und zwei verschiedenen Teekannen hereinrollte. Catty starrte sie an und verstand gar nichts.
    „Haben Sie nicht etwas vergessen?“, fragte Lord Edmond und stieß Catty auf die Couch. Ihr Aufschlag war so heftig, dass sie fast wieder von der Couch geschleudert wurde. „Sie werden alle sterben. Freilich werde ich als guter Brite gerne warten, bis Sie mit dem Tee fertig sind.“ Er verneigte sich formvollendet.
    „Sinn für Humor?“, spottete der Vampir. „Du machst ja wirklich gewaltige Fortschritte, Vetter. Wenn du jetzt noch aufhören könntest, die anwesenden Herrschaften zu bedrohen, würdest du vielleicht sogar feststellen, dass du gelernt hast zu lieben. Stell dir nur vor, was für ein Pech, wenn dir deine plötzliche Entwicklung tatsächlich ein Gewissen verschafft hätte. Das wäre reichlich unbequem für dich.“
    „Ich halte das für ausgeschlossen“, murmelte die Alte eisig.
    „Ich konnte immer schon lieben“, versicherte Lord Edmond mit der Überzeugungskraft, mit der manch einer einen Eid vor Gericht schwören würde.
    „Die Macht? Wie ehrgeizig!“, lachte der Vampir. „Doch nun hat man dich von ihr abgeschnitten. Haben die Damen dir die Tür zu deinem Wolkenparadies vor der Nase zugeschlagen?“
    Catty begann zu begreifen. Dass er Lucilla liebte, hatte sie immerhin erahnt. Dass der Ritus, der die Tür zum Wolkenreich geschlossen hatte, Lucilla auf die eine und ihren Liebhaber auf die andere Seite verbannt hatte, hatte sie allerdings nicht gewusst.
    „Ist das alles, was Sie wollen? Wieder bei Ihrem Drachen sein?“, fragte die alte Jungfer ein wenig abfällig. Der Weißhaarige starrte sie an, und nach einigen Augenblicken wandte sie mühsam den Blick von ihm ab. Er trat zu ihr, drehte ihr Gesicht mit langkralligen Händen wieder in seine Richtung und zwang sie, ihn anzusehen.
    „Was weißt du schon davon, du vertrocknete Jungfrau? Du summst und singst, schaust zu und mischst dich ein und spielst deine manipulativen Spielchen hinter den Kulissen des Lebens, aber du weißt gar nichts.“
    Er sog ihren Duft ein, zog sie zu sich und krallte eine Hand in ihr Haar. Ihre Augen waren weit, und sie blinzelte nicht. Catty sah, wie ihr eine Träne über die Wange rann.
    Wieder scharten sich die Frauen um Edmond, und wieder wurden sie mit Macht zurückgestoßen.
    „Tun Sie etwas!“, rief von Orven, der sich erhoben hatte und zu Arpad getreten war. Das Blut auf seinem zerfetzen Hemd sah schlimm aus, doch ihm schien es gut zu sehen. Er war nur etwas blass.
    Arpad schüttelte den Kopf.
    „Es gibt nichts, was ich tun kann.“
    Von Orven sah ihn kritisch an und trat dann selbst vor, um einzugreifen. Catty wusste, dass das Spinnenwesen keinerlei Einmischung tolerieren würde. Der Vampir konnte Menschen heilen, doch nicht einmal die Macht selbst konnte Tote wiedererwecken.
    So stand Catty auf. Diese Menschen hatten so viel für sie gewagt. Vermutlich war es an der Zeit, sich zu revanchieren. Sie war zu alt, um sich wie ein Kätzchen herumschubsen zu lassen.
    Sie trat zu Lord Edmond und schob sich zwischen ihn und die Dame. Sie hatte die Stimme erkannt. Dies war Ians und Thorolfs Nachbarin. Die Welt war so ein kleiner Ort, und
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