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Jenseits des Karussells: origin - Preisgekrönt und aufregend anders (German Edition)

Jenseits des Karussells: origin - Preisgekrönt und aufregend anders (German Edition)

Titel: Jenseits des Karussells: origin - Preisgekrönt und aufregend anders (German Edition)
Autoren: Ju Honisch
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Macht an, mit der es seit Hunderten von Jahren in Freundschaft verbunden war, drehte sich auf seinen acht Beinen, um so sein zweites Gesicht in Position zu bringen.
    „Gewiss nicht. Doch ich habe auch nicht deine edlen Zähren gemeint, sondern die der Menschen, die für deine Pläne bezahlen werden.“
    „Ich wusste gar nicht, dass du so ungemein rücksichtsvoll bist, mein Liebstes. Schließlich gibt es so unendlich viele von ihnen. Deine eigene Art, mit den kleinen, kurzlebigen Zweibeinern umzugehen, scheint mir außerdem nicht eben darauf hinzudeuten, dass ihre Tränen für dich von besonderer Wichtigkeit sind. Fürchtest du die Folgen oder die Gegenmaßnahmen?“
    Durchscheinende Silberaugen fixierten den Spinnenfreund mit einem lähmenden Blick.
    „Menschliche Gegenmaßnahmen?“ Die Spinne klang beleidigt. Zwei Chitinmäuler zeigten je ein leichtes Lächeln, ohne sich allzu sehr dabei zu bewegen. „Davor muss man gewiss keine Angst haben. Doch dein Vorhaben ist immens und weitreichend. Es wird den Äther erschüttern. Jede Aktion erzeugt eine Reaktion. Du weißt das.“
    „Es wird mich kaum stören. Der Erfolg ist mir gewiss.“
    „Das ist wohl so.“ Spinnen konnten nicht die Achseln zucken, doch dieser hier gelang es immerhin, eine entsprechende Geste zu erzeugen.
    „Wirst du für mich sein oder wider mich?“
    „Für dich. Ein so ungeheures Unterfangen ist gewiss spannend anzusehen. Eine Aufgabe, deren Versuch an sich schon den Lohn möglicher Kurzweil in sich trägt. Zudem liebe ich dich. Dich und die vor uns liegende spannende Kurzweil.“
    „Was du liebst, ist das Bankett. Eine ganze Stadt voller angerichteter Menschenseelen, unter denen du wählen kannst.“
    „Das freilich auch. Aber ich möchte auch sehen, wie du zurechtkommst. Vielleicht brauchst du mich ja.“
    Die Macht sah ihren alten, treuen Freund an und schenkte ihm ein Lächeln, das lange Zähne zierten. Das Spinnenwesen war von unvergleichlicher Schönheit, groß wie ein Hirsch, bewehrt mit schwarzen Dornenfortsätzen, härter als Eisen; so war es für die Menschenwelt gerüstet, die ihm ein ständiges Festmahl bot. Acht elegante Spinnenbeine trugen das Gewicht des im Zentrum befindlichen Körpers, anmutig, schnell und mit einer gewissen eleganten Lässigkeit. Der Auftritt des Wesens zeugte von Stil und verhieß ungeahnte Stärke, die die Spinnenform Lügen strafte.
    Die Macht betrachtete versonnen ihre bläulichen Klauen, als wolle sie diese für eine Einladung auf höchster Ebene polieren.
    „Kann es sein, Liebstes, dass du mich nach all der Zeit immer noch unterschätzt?“
    „Ich unterschätze deine Fähigkeiten nicht, Asnahid, mein Mächtiges. Ich halte nur deine Vorgehensweise für ... unklug.“
    „Was schlägst du vor?“
    Die Spinne trippelte nervös.
    „Sag es ruhig“, forderte der Mächtige. „Spinn mir deine Pläne. Ich werde geduldig zuhören.“
    Das Spinnenwesen hob eines seiner acht Beine und malte mit einer nachtschwarzen Kralle bunte Bilder in den Äther.
    „Es gibt auch unter deinen Artgenossen genügend Freiwillige, die sich der Aufgabe gerne für dich stellen würden“, sagte es und zeichnete den Vorschlag bunt in die Luft.
    „Du zum Beispiel?“ Die Frage klang herablassend.
    „Ich liebe dich.“
    „Weil ich es dir ermögliche.“
    „Das war gemein.“
    „Du weißt, wie ich bin. Doch weiter. Du warst eben dabei, dich mir für diese Sache anzubieten – oder andere unserer Art.“
    „Ich meinte ganz speziell deine Art. Uns verbindet nur die gleiche Abstammung – und eine Liebe, die Jahrhunderte überdauerte und die, selbst wenn du sie kreiert haben magst, dennoch nicht weniger existent ist. Aber nein. Ich habe mich selbst gar nicht gemeint, obgleich ich dir in der Sache natürlich mit großer Freude behilflich wäre. Sich zu vermehren ist allenthalben ein Instinkt, der von jeder Kreatur der Welt geteilt wird, sogar von deiner Art.“
    „Die meisten von ihnen sind meine Nachfahren.“
    „Nun, und? Oder hängst du seit Neustem menschlichen Moralbegriffen nach?“
    „Ich habe mich tatsächlich intensiv mit menschlichen Moralbegriffen auseinandergesetzt – aus einem ganz bestimmten Grund. Spielregeln von hohem Unterhaltungswert. Ich kenne sie, doch ich habe mich ihnen nicht ergeben. Ich finde diesen Vorwurf ein wenig beleidigend, Esmalyn!“
    „Du wirst dich an diese Moralvorschriften halten müssen, wenn du deine Pläne umsetzen willst.“
    „Nein. Ich werde lediglich den Anschein erwecken
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