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Jenny ist meistens schön friedlich

Jenny ist meistens schön friedlich

Titel: Jenny ist meistens schön friedlich
Autoren: Kirsten Boie
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aufgeregt aus. »Ich guck mal nach.« Und er verschwindet im Wohnzimmer.
    »Haben wir ihn
wieder
verpasst!«, sagt Mama. »Es ist aber auch jedes Jahr das Gleiche!«
    »Warum gehen wir denn dann immer spazieren?«, fragt Jenny. Im nächsten Jahr geht
sie
jedenfalls nicht mit.
    Wenn doch der Weihnachtsmann die Geschenke immer gerade dann bringt, wenn sie draußen sind.
    Da öffnet sich die Wohnzimmertür. Der Tannenbaum strahlt vom Boden bis zur Decke, fast so schön wie im Kaufhaus.
    »Oh«, sagt Jenny.
    Und dann passiert etwas Wunderbares. Ganz, ganz langsam neigt sich der Baum nach vorne.
    »Nein!«, schreit Papa.
    Aber der Baum hört nicht auf ihn. Ganz, ganz langsam kippt er auf den Boden.

    Die Glaskugeln klirren leise, und die elektrischen Kerzen gehen aus.
    »Ei!«, schreit Lisa und klatscht.
    Als sie den Baum wieder hingestellt und am Schrank und am Fensterriegel festgebunden und die Scherben weggeräumt und die Kerzen angeschlossen haben, fällt Jenny etwas ein.
    »Wir hätten ihn doch lieber selber schmücken sollen«, sagt sie und fängt an, das erste Geschenk auszupacken. »Der Weihnachtsmann ist einfach schon zu alt für die viele Arbeit.«
    Papa nickt traurig. »Nächstes Jahr«, sagt er.

[zurück]
Mama ist krank

    Als Mama aufwacht, hat sie überhaupt keine Stimme mehr.
    »38,7!«, flüstert sie und wickelt Papas Frühstücksbrot in Pergamentpapier. »Und das schon am frühen Morgen!«
    »Ihr müsst heute ganz lieb zu Mama sein, Jenny, versprichst du mir das?«, sagt Papa, als er sich seine Jacke anzieht. »Mama ist krank.«
    »Ehrenwort, Papa«, sagt Jenny. Schließlich weiß sie ja, was man machen muss, wenn einer krank ist. Pflegen. Jenny war schon öfter krank und Lisa auch.
    In der Küche steht das Frühstücksgeschirr noch auf dem Tisch. Mama liegt im Wohnzimmer auf dem Sofa und hat nur ihren Bademantel über dem Nachthemd an und eine dicke Wolldecke über den Beinen.
    »Du musst dich doch anziehen, Mama«, sagt Jenny. »Sonst erkältest du dich noch!« Aber Mama schüttelt nur den Kopf und zeigt mit dem Finger auf ihren Mund.
    »Wie bist du denn krank geworden, Mama?«, fragt Jenny interessiert. »Hast du nie deine Mütze aufgesetzt? Oder bist du immer ohne Hausschuhe auf den kalten Fliesen rumgehüpft?«

    Mama schüttelt den Kopf und macht mit den Händen komische Zeichen.
    »Oder bist du stundenlang nackedei vor dem Fernseher rumgesprungen und wolltest dir dein Nachthemd partout nicht anziehen?«, fragt Jenny. »Sag mal!«

    »Jenny!«, sagt Mama ärgerlich. Es klingt krächzig und ganz fremd, aber wenigstens ist es kein Flüstern mehr. Vielleicht muss sich Jenny nur noch ein bisschen mehr mit Mama unterhalten, damit ihre Stimme ganz wiederkommt.
    »Jetzt wollen wir uns mal ganz gemütlich ein Bilderbuch angucken, damit du mir auch schön liegen bleibst«, sagt Jenny. Das sagt Mama auch immer, wenn Jenny krank ist. »Komm, Lisa, du darfst auch mitgucken.«

    Aus dem Regal holt Jenny ihr Lieblingsbilderbuch, und dann muss Mama ihre Beine vom Sofa nehmen und sich hinsetzen, damit Jenny und Lisa noch danebenpassen.
    »Guck mal, der Wolf«, sagt Jenny und schlägt die erste Seite auf. »Willst du die ganze Geschichte hören?«
    Mama nickt und lehnt sich zurück. Die Augen macht sie auch zu.
    »Dann musst
du
aber vorlesen«, sagt Jenny und hält Mama das Buch vors Gesicht. »Die Wörter kann ich noch nicht, nur die Bilder.«
    Mama macht die Augen auf und schüttelt den Kopf. Dann zeigt sie wieder auf ihren Mund.
    Dass es aber auch so schwierig ist, Mama zu pflegen!
    »Da, Lisa«, sagt Jenny und gibt Lisa das Bilderbuch. »Dann lies du schön und stör Mama nicht. Mama ist krank.«
    Mama nickt und lächelt und streichelt Jenny über den Kopf. Dann lehnt sie sich wieder zurück und macht die Augen zu.
    Ich bin heute aber auch lieb!, denkt Jenny. Zum Glück weiß sie genau, was man machen muss, damit einer gesund wird.
    Jenny rennt in den Flur. An der Garderobe hängt Mamas Schal, den holt sie herunter.
    Mama versucht, etwas zu sagen, aber es kommt nur ein Krächzen heraus, und da nickt sie ganz artig und bindet sich den Schal selber um.
    Jenny ist schon wieder weggerannt. Jetzt kommt nämlich das Beste, da wird sich Mama bestimmt freuen.
    Aus dem Küchenschrank nimmt Jenny zwei Abtrockentücher und hält sie unter den kalten Wasserhahn. Sie müssen schön nass sein, sonst geht das Fieber nicht weg, sagt Mama immer, und eine Plastiktüte kommt außen auch noch drum. Das heißt dann
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