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Jedes Kind ist hoch begabt: Die angeborenen Talente unserer Kinder und was wir aus ihnen machen (German Edition)

Jedes Kind ist hoch begabt: Die angeborenen Talente unserer Kinder und was wir aus ihnen machen (German Edition)

Titel: Jedes Kind ist hoch begabt: Die angeborenen Talente unserer Kinder und was wir aus ihnen machen (German Edition)
Autoren: Gerald Hüther , Uli Hauser
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McDonald’s Frühstück zu servieren. Sie weckt ihren Sohn über das Handy. Den Vater kennt der Junge nicht: Pascal schluckt allein. Sie haben sich wegen mir gestritten, sagt er.
    Bei Florian, elf, hatte der Arzt gleich beim ersten Termin festgestellt: » Florian hampelte während der gesamten Untersuchung ständig herum und verweigerte vieles. Schon während der Situation in der Praxis zeigte sich, dass der Junge ein ADHS hat.« Obwohl die Eltern ihren Jungen als » begeisterungsfähig und kreativ« beschrieben, kam er in der Schule nicht zurecht. Seine Lehrerin nerven » unterrichtsfremde Aktivitäten« wie das Herumlaufen in der Klasse und ein » desinteressiertes Verhalten dem Unterricht gegenüber«. Die » Einstellung auf Ritalin« allerdings führte » rasch zu einer Verbesserung der gesamten Symptomatik«.
    Nikola, zehn, war nach zahlreichen psychodiagnostischen Testbefunden, neurologischen Untersuchungen und einem Abgleich mit der weltweit gültigen » Child Behavior Checklist«, die von der Norm abweichendes Verhalten von Kindern bewertet, positiv auf ADHS getestet worden. Fragt man Nikola nach seinem größten Wunsch, sagt er, dass seine Eltern wieder zusammenkommen mögen. Und seine Mutter öfter zu Hause sein solle.
    Die Erfahrung, Außenseiter und Störenfried zu sein, einte die Kinder. Sie taten alles, um ihren Schmerz darüber, sich nicht angenommen zu fühlen, zu unterdrücken. Sie mussten Strategien entwickeln, um mit dem Leid zurechtzukommen, nicht dazugehören zu dürfen. Das menschliche Gehirn aber ist ein soziales Organ. Es entwickelt sich über Beziehungserfahrungen. Wir Menschen können nicht allein leben. Und doch wird heute mehr denn je die Illusion geweckt, als käme einer ohne den anderen aus. Wer nicht dazugehört, spürt einen ähnlichen Schmerz wie jemand, der geprügelt wird. Und die Erfahrung auf der Alm– das zeigte sich nach einiger Zeit– war: Fühlten sich die Kinder dazugehörig, brauchten sie diese Symptomatik nicht mehr.
    Oben auf der Alm war von der Störung, die ihnen unten bescheinigt worden war, wenig zu spüren. Die Jungen schliefen in ihren Schlafsäcken auf dem Dachboden der kleinen Hütte. Sie melkten die Kuh, die ihnen der Almbauer überlassen hatte. Sie wuschen sich im eiskalten Bach und zimmerten am Ufer des Bergsees ein kleines Floß. Und kreischten begeistert, wenn einer ins Wasser fiel, bevor sie ihn dann wieder herausholten. Mit Hacke und Schaufel zogen sie in kleinen Gruppen los, um nach jedem Regen die Wanderwege in der Umgebung der Hütte vom eingespülten Schutt zu reinigen und für Wanderer begehbar zu machen. Sie schnitzten und bauten und bastelten den ganzen Tag. Am Lagerfeuer, um das sie sich am Abend versammelten, machten sie ihren » Teamkreis«. Da bekam jeder Gelegenheit, allen anderen zu sagen, was ihm an diesem Tag besonders gut gefallen, wer ihm geholfen und was er für andere gemacht hatte.
    Hör auf, lass das, ich will nicht; der haut mich, der ärgert mich, der tritt mich. Was am Anfang nur Zank und Gezeter war, wurde im Verlauf des Sommers zu einer konstruktiven Auseinandersetzung. Die Jungen entwickelten ständig eigene Ideen, fanden sich immer besser in der Gruppe und mit dem Zusammenleben in der engen Hütte zurecht und waren am Ende kaum mehr wiederzuerkennen. Wer dick war, nahm ab. Wer dünn war, legte zu. An Kraft und Gewicht.
    Alle hatten die Erfahrung gemacht, dass sie nun etwas konnten, das sie sich anfangs nicht zugetraut hatten. Ihr Selbstvertrauen war gewachsen; sie waren in der Lage, ihre Konflikte selbstständig zu lösen; hatten gelernt, wie gut es ist, wenn man zusammenhält; und jeder hatte das Gefühl, in diesem Sommer so viel kompetenter, mutiger, erwachsener und reifer geworden zu sein wie schon seit Jahren nicht mehr. Die Jungen waren richtig gut drauf, und wir konnten die Lust und die Begeisterung spüren, mit der sie sich nach diesem Sommer auf der Alm wieder auf den Weg zurück in ihre Familien, zu ihren Freunden und sogar in ihre Schulen machten.
    So haben wir uns damals kennengelernt. Umgeben von mächtigen Dreitausendern, in einer wilden Gegend mit wilden Kerlen. Und wussten beide, dass mit diesem Experiment nichts gewonnen war. Es war der Versuch zu zeigen, dass es auch anders geht. Dass man zum Großwerden so viele positive Erfahrungen wie möglich braucht und dass jeder in der Lage ist, sein Verhalten zu ändern, wenn er nur die Gelegenheit geboten bekommt. Zugang findet zu den eigenen Gefühlen, sich seiner
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