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Jeder kann mal Robin sein

Jeder kann mal Robin sein

Titel: Jeder kann mal Robin sein
Autoren: Lotte Betke
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Gisela auch eines und fing an zu knabbern. »Wunderbar, Mutter. Du bäckst sie doch am besten!«
    Max kam mit einem Cowboyhut auf dem Kopf ins Zimmer gestürmt. »Guck mal, Oma, ist der nicht toll?«
    Lilly sah ihn mit großen Augen an.
    »Judy hat gesagt, ich bin jetzt Robin Hoods Cowboy-Späher«, berichtete er. »Sie ist nach Hause gegangen. Weil hier schon genug Trubel ist.«
    Tine stellte die Teekanne auf den Tisch und zog den Vater mit zu Lilly. »Das ist mein Papa, Lilly. Der kann wunderbar Geschichten erzählen.«
    Und damit fing er gleich an, indem er von der Reise berichtete.
    Währenddessen beobachtete Gisela heimlich die kleine Lilly. So ein verschüchtertes Ding, dachte sie. Wenn sie doch nur mal etwas sagen würde. Es würde viel Geduld brauchen, um an sie heranzukommen.
    »Wie?« Sie fuhr aus ihren Gedanken auf.
    Ihr Mann hatte sie angetippt. »Hör mal, Gisela, ich rede und rede, du könntest auch mal den Mund aufmachen und ein bißchen berichten.«
    Gisela lächelte. »Ach, Peter, du redest doch so gern. Und außerdem muß ich nachdenken ... Wo soll die Kleine eigentlich schlafen? Und Oma?«
    »Das haben wir alles schon geklärt«, versicherte Tine. »Lilly schläft bei mir im unteren Bett und Oma bei Mama, und Papa hier auf der Couch.«
    »Moment mal«, Oma hob protestierend den Arm. »Ich möchte auch einmal in meinem Leben auf ’ner Couch schlafen. Wir haben auf der Hallig bloß das uralte Sofa.«
    »Also, die Schlafordnung ist geregelt.« Peter fing an, die Teller zusammenzustellen. »Ich glaube, Kinder, es ist Zeit. Unser kleiner Gast sieht müde aus.«
    »Kein Wunder!« Oma lachte. »Wenn wir alle zusammen sind, reden wir so laut. Wir sind eine anstrengende Familie.«
    Max riß die Augen auf. »Findest du, Oma?«
    »Ja, das finde ich.«
    »Und ich werde jetzt das Gegenteil beweisen«, sagte Peter. »Wenn Lilly im Bett liegt, werde ich ihr eine Geschichte erzählen. Ganz leise.«

    Als die Kinder im Bett waren, sprachen Oma, Tochter und Schwiegersohn über alles, was sich seit der Abreise nach Amerika in der Rosenstraße 37 zugetragen hatte. Und so lebhaft es beim Abendessen zugegangen war, so ruhig war es jetzt. Peter ging nachdenklich im Zimmer auf und ab, seine Frau hatte die Arme auf den Tisch gestützt und blickte vor sich hin. Oma saß zurückgelehnt in ihrem Sessel.
    Als erste brach Gisela das Schweigen. »Am meisten bedrückt mich, daß Lilly kein einziges Wort herausbringt.«
    »Doch, sie kann sprechen.« Oma richtete sich auf. »Einen einzigen Satz: >Ich hab Strafe!< Aber wenn sie den sagt, ist es schlimmer, als wenn sie schweigt.«
    Gisela preßte die Lippen aufeinander. »Was müssen das für Eltern sein!«
    »Genauso arm, denke ich, wie das Kind.«
    Gisela runzelte die Brauen. »Wie meinst du das?«
    »Wer als Kind schlecht behandelt worden ist, macht später häufig dieselben Fehler, sagt Frau Beck.«
    Gisela schüttelte den Kopf. »Man sollte doch denken, wer’s in der Jugend schlimm hatte, macht’s später besser.«
    »Schön wär’s.« Peter war stehengeblieben. »Aber oft brauchen die Eltern genauso Hilfe wie die Kinder. Übrigens hat mich die Kleine vorhin beim Erzählen angeschaut, bis ihr die Augen zugefallen sind.«
    »Das ist doch schon etwas.« Gisela lächelte. »Hab ich’s nicht immer gesagt, Mutter? Er ist der geborene Rattenfänger. Nur - wie soll es jetzt weitergehen?«
    »Frau Beck möchte, daß ich morgen mit dir zum Jugendamt komme, Gisela. Mal sehen, was dabei herauskommt.«
    »Was heißt hier: mit Gisela?« rief Peter. »Ich komme natürlich mit. Meint ihr, ich lasse euch allein gehen? Ich hab ja noch Urlaub.«
    Oma atmete auf. »Ich muß schon sagen, daß mir das alles allmählich über den Kopf wächst. Und ich kann ja auch gar nichts tun. Ich wollte die Kleine mitnehmen auf die Hallig, wenigstens für ein paar Wochen. Aber das geht nicht. Opa und ich sind zu alt, sagt Frau Beck. Und Kinderpsychologen gibt es bei uns auch nicht. Ich bin froh, daß ihr morgen mitkommt. Zu dritt...«
    »Zu viert, Oma, zu viert!« Tine stand in Pyjamajacke und Jeans in der Tür. »Schau mal, aus Amerika. Sitzt die nicht toll? Genauso eine habe ich mir gewünscht.«
    »Sieht gut aus«, bestätigte Gisela. »Aber Tineschatz, solltest du nicht...«
    »Ach, Mama«, kam Tine ihr zuvor, »ich kann einfach nicht schlafen. Es ist alles so aufregend.«
    »Verstehe.« Peter nickte. »Aber ich hole dir mal lieber deinen Bademantel, sonst erkältest du dich noch.«
    »Und bring auch die
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